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Stewart Island heisst in Maori „Rakiura“ und
das bedeutet: Land des strahlenden Himmels. Die Sonnenauf- und Untergänge
sind hier spektakulär. Sonnenuntergänge haben wir schon verschiedentlich
miterlebt. Leider finden die noch schöneren Sonnenaufgänge zur falschen
Zeit statt. Aber am Samstag hat es Beat gepackt. Um 6.30 hat er mich mit
dem Gebrüll „Hey, die Sonne geht auf!!“ aus den Federn geworfen. „Big
deal, macht sie auch ohne mich“ und wollte mich nochmals unter die Decke
zurück schleichen. Aber, hart wie er ist, hat Beat schon die Vorhänge
zurückgezogen und so fügte ich mich halt. Der Plan war noch etwas
unausgereift, wir mussten zuerst Osten suchen. Nein, der war nämlich nicht
da, wo es schon am hellsten war. Mit Kompass und Karte erstiegen wir den
höchsten Punkt des Golfplatzes, von wo wir eine gute Rundsicht hatten. Die
Sonne konnte kommen, wo sie wollte, wir waren gerüstet. Sie liess sich
nicht lumpen. Zuerst Morgenrot, dann Morgengold, und dann kam sie noch
persönlich. Wunderbar. Und jetzt? Knapp sieben Uhr, noch nicht einmal die
Zähne geputzt oder gefrühstückt. Aber da war doch noch die Aurora
Australis, zu Deutsch etwa „Morgenröte“ ein passender Name, die heute
zum Port Pegasus ganz ans südliche Ende von Stewart Island fährt? Wir
packten das Notwendigste zusammen, kauften im Ship to Shore garantiert
ganz frische Sandwichs die vor 10 Minuten geliefert wurden und fanden uns
rechtzeitig an Bord ein.
Die Aurora Australis ist ein zwei Jahre altes Fischerboot, das im Juni bis
September auf Langusten- und Fischfang fährt. Sie ist mit den modernsten
Navigationsinstrumenten ausgerüstet und sehr komfortabel eingerichtet mit
Salon, Gally, Toiletten etc. und könnte bis 10 Schlafplätze anbieten.
Mit einer heissen Tasse Tee in der Hand sind wir ins Meer gestochen. Auf
der Pazifik Seite des Neck zeigte uns der Skipper die traurigen Überreste
der gestrandeten Pilot-Wale. Man weiss nicht, warum immer wieder Wale
stranden, nimmt aber an, dass ihr ausgeprägtes soziales Verhalten dazu
führt, dass wenn ein Pilot-Wal strandet, die ganze Herde nachfolgt.
Einige Buchten weiter begegneten wir den hunderten von Sooty Shearwater oder
Muttonbirds, die von Maoris hoch geschätzt werden und nur von ihnen
geerntet und gehandelt werden dürfen. Von Mitte April bis Ende Mai sind
gehen die Maori auf ihre Muttonbird oder Titi Inseln und nehmen ca.
200'000 bis 300'000 Jungvögel aus den Nestern. Das ist harte Arbeit.
Danach werden die Vögel gerupft und eingesalzen, sie halten sich dann bei
entsprechender Lagerung bis 3 Jahre. Die Titibirds gelten als grosse
Delikatesse. Diese Tradition ist schon Jahrhunderte alt und hat dem
Bestand der Muttonbirds in keiner Weise geschadet.
Je weiter südlich wir kommen, desto felsiger wird Stewart Island. Im
Norden hat es fast nur Sand, Torf und wenig Erde. Bei Port Adventure, an
der Steinküste sonnten sich einige Seehunde und liessen sich von uns nicht
stören. Hier sind die Berge aus Granit und anderen harten Gesteinen. Der
Hauptgebirgszug heisst Tin Range, Zinnberge. Hier wurde ca. 1880 denn auch
nach Zinn gesucht. Gefunden wurde etwas Silber, etwas Gold und andere
Stoffe wie Wolframit etc. und ca. eine Tonne Zinnhaltiges Gestein. Es
herrschte hier kurzzeitig ein richtiger Zinnrausch. 144 Claims wurden in
dem unwirtlichen Gebiet abgesteckt. Wegen der starken Winde wachsen hier
Bäume nur noch in Bonsaigrösse. Der Rausch dauerte denn auch nicht lange.
Aus dieser Zeit stammen jedoch noch viele Zeugen der Besiedelung in und um
Port Pegasus. Es hatte hier sogar eine Poststation und ein Hotel. Als
besondere Merkmale ragen Gog und Magog, zwei markante Bergspitzen, in den
Himmel.
Port Pegasus ist eine grosse verzweigte und geschützte Bucht mit vielen
Inseln und einigen Geheimnissen. Eines davon ist die Schmugglerbucht. Den
Eingang sieht man vom Wasser aus kaum, wenn man nicht weiss wo er ist.
Geschmuggelt wurde vor allem Hochprozentiges welches von den Norwegischen
Walfangschiffen weit weg vom Auge des Gesetzes auf lokale Boote umgeladen
wurde. Amerikanische Schiffe brachten jedoch auch Schwarzpulver für die
Maori Kriege im Norden.
Nicht weit von der Schmugglerbucht rauscht der Belltopper Wasserfall mit
braunem, Moorwasser die verschiedenen Stufen hinunter. Seinen Namen bekam
er von einem etwas überheblichen Fremdenführer im 19. Jahrhundert, der
hier seinen ganzen Stolz, nämlich seinen Zylinder bzw. Belltopper Hat, im
Wasser verlor.
Kurz vor dem Mittagessen landeten wir mit dem Gummiboot an einem
bewaldeten Strändchen. Nichts Böses ahnend gingen wir etwa 50 m in den
Wald hinein. Plötzlich hörten wir rund um uns herum ein Knurren und
Raunzen, das uns das Blut in den Adern gefrieren liess. Wir sahen uns Auge
in Auge mit den grössten Seelöwen der Welt. Es lagen überall bärengrosse,
dunkelbraune Bullen im Moos unter den Bäumen herum, die uns argwöhnisch
beäugten. Zum Glück war schon Februar. Während der Brunftzeit im Dezember
und Anfangs Januar sind die Bullen sehr aggressiv und man kann sich nicht
in ihre Nähe wagen. Auch so haben wir immer wieder über die Schulter nach
hinten geschaut als wir wieder zum Dinghy gingen.
Langsam zog der Wind etwas an und der Skipper steuerte wieder auf 360 Grad
Nord dem Heimathafen entgegen. Unterwegs begleiteten uns riesige Royal
Albatrosse und kleinere Mollymawks mit ihren Flugkünsten, die sich an den
Überresten des letzten Fischfangs der Aurora gütlich taten. Wir sahen bei
unserer Rückkehr gerade noch die Sonne wieder ins Meer entschwinden.
Riding to Pegasus
The Maori name for Stewart Island is „Rakiura“
land of the glowing skies. The sunrises and sunset are really spectacular
here. We have already participated in quite a number of sunsets, mostly as
spectators, but the sunrises have so far eluded us. Unfortunately, they
happen at the wrong time. Well, on Saturday, Beat could not hold back any
longer. At 6.30 AM he shouted in my sleepy ear: “Hey the sun rises!” and
tugged at my coverlet. “Big deal, she does that without my explicit
consent” and wanted to go back to sleep. But, tough as he is, Beat had
already drawn the curtains back and I went the way of least resistance, I
got up. The plan was still somewhat hazy, because we had to seek East
first. No, it is not where it is the lightest at this time of day. We took
the map and the compass and professionally navigated us to the highest
point on the Golf Course, where we had a lovely view to all sides. We were
ready; the sun could come whenever it pleased her. Well, she put on a
worthwhile spectacle. First a reddish glow, than a golden beam and then
she came herself. Wonderful. And now? Not quite 7 AM, and we were out and
about, albeit without having brushed our teeth yet, leave alone had
breakfast. But wasn’t there the Aurora Australis? A fitting name since it
translates roughly to morning glow. She was scheduled to go to Port Pegasus all the way
in the south of Rakiura. We got the necessary stuff together, bought some
really fresh sandwiches; they were just delivered, and went aboard.
The Aurora Australis is a two-year-old fishing vessel with all mod cons on
board. She has got all possible navigational instruments, a large lounge,
a galley, two toilets/shower and sleeping quarters for 10 people.
With a hot cup of Tea in our hands, we left the harbour. The skipper
showed us the sad remnants of the stranded pilot whales when we passed the
pacific side of the Neck. It is not yet known why these whales strand
every now and then. A theory has it, that the pilot whales have very tight
social net and if one of them beaches for whatever reasons, the rest
follows in order to help.
A couple of miles farther we encountered hundreds of Sooty Shearwater or
Mutton-birds. These birds are also called Titbirds and play a big role in
the life of Maori. Every year around Mid April till End of May, the Maori
go to their traditional Titbird Islands and catch about 200’000 to 300’000
young birds in their boroughs. This is no easy work. The birds then get
plucked and salted away. Properly stored, they last about 3 years.
Titibirds are big delicacy. The traditional way of titibirding has not
influenced the numbers of Mutton-birds at all over the last centuries.
The farther south we get, the more rocks there are on the island. In the
north there is hardly any rock, it is mostly clay and peat with a very
shallow layer of soil. Near Port Adventure we saw a family of fur seals
sunning on the rocks. Here the mountains are granite or other hard rock.
The major mountain chain is called the Tin Ranges. There was tin to be had
in the 1880, but very little. Silver and a little gold and Wolframite were
also found. All in all 1 ton of tin ore was taken out. For a short while
there was a real tin rush. 144 claims were staked; there was even a Post
Office here. There are a number of remnants from those days. The harsh
wind and weather conditions and the little ore terminated the rush rather
quickly. Trees grow only to the size of a bonsai here. Gog and Magog, two
remarkable Mountain Peaks are seen from all angles.
Port Pegasus is a large Inlet with many islands and bays, which bear a
number of secrets. One of them is the smuggler’s cave. If you do not
exactly know where the entrance is, you will not be able to find it.
Mostly high percentage alcohol from the Norwegian whalers was smuggled
here, but also black powder brought by American ships which was used in
the Maori wars in the north.
Not far from the smugglers cave lie he beautiful Belltopper falls. The
falls got their name through a rather high nosed travel guide in the 19th
century who always wore his Belltopper Hat. One day, this hat fell into
the falls, hence its name.
Shortly before lunch, we landed on a little, hidden, densely wooded beach
with our rubber dinghy. Without any premonition, we went ashore and about
50 m into the forest, when a huge roar and other menacing noises petrified
us. We were eye to eye with the largest Sea lions of this earth. Some
brown furry, bear like bulls were lying on the forest floor and saw their
siesta disturbed. Luckily it was already past January, when the bulls in
heat would have been very aggressive and anything else but friendly.
Nevertheless we covered our backs when we retreated to the Dinghy
Gradually the wind increased and the skipper turned the Aurora Austral is
to 360 degrees north, direction home. On the way we enjoyed the company of
large Royal Albatrosses and a lot of Mollymawks, who just loved the
remnants of the last fishing trip of the Aurora. We arrived home with the
last rays of the setting sun. |