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Wie fühlt man sich, wenn man in einem
Nationalpark wohnt? Seit 2002 sind 80 % von Stewart Island im jüngsten
Nationalpark von Neuseeland zusammengefasst. Ausgenommen sind lediglich
Oban, er einzige Ort auf der Insel und Umgebung, wo die meisten der 390
Einwohner zu Hause sind und einige Ländereien im Süden die den Maori
gehören. Trotzdem gibt es Zielkonflikte.
Konzert der Natur
Für die Tiere und die Natur ist ein Nationalpark natürlich einmalig. Wir
leben hier täglich mit den immer wieder wechselnden Gesängen von Vögeln,
die es anderswo gar nicht mehr gibt oder auch nie gab. Das Department of
Conservation (DoC)unternimmt riesige Anstrengungen um die natürlichen
Pflanzen zu schützen und eingeschlepptes Unkraut zu bekämpfen. Nun
versteht nicht jeder dasselbe unter Unkraut. Was bei uns in einem schönen
Garten hochgeschätzt wird, wird im Nationalpark ausgemerzt. Darunter
gehören orange blühende Montbretien, das Marram Gras, welches in anderen
Ländern als Dünenbefestigung bevorzugt wird, aber auch Darwins Berberitzen,
Ginster
und weitere Schönheiten.
Unter den einheimischen Vögeln hat es viele Bodenbrüter. Einige Vögel, wie
der Kiwi, Weka und Kakapo können gar nicht fliegen um sich in den
Baumkronen ein sicheres Nest zu bauen. Die grössten Feinde sind da die
verschiedenen eingeschleppten Rattenarten. Ganz besonders, das als
Pelztier eingeführte Possum welches in Australien geschützt ist, wird hier
in Neuseeland gejagt und gehasst wie die Pest. Verwilderte Katzen sind
schon nach 1 bis 2 Generationen nicht mehr zu zähmen. Sie verwandeln sich
zurück in die ursprüngliche Wildform und nehmen auch wieder die Tarnfarbe
an. Sie, wie auch die domestizierten Katzen, bedrohen die Vogelwelt von
Stewart Island. Sogar die ausgesetzten Rehe und Virginia Whitetail Hirsche
stellen eine Gefahr dar. Ihr Beitrag zur Umweltzerstörung liegt darin,
dass sie viele einheimische Pflanzen die nur hier oder nur in Neuseeland
vorkommen, bis auf den Grund abfressen und so auch einigen einheimischen
Vogelarten die Lebensgrundlage nehmen. Das Bejagen auf Stewart Island ist
äusserst schwierig, da das Terrain hauptsächlich von Wald mit Pflanzen wie
dem Supple Jack, einer sehr dicken, holzigen und zähen Lianenart bedeckt
ist die ein fast undurchdringliches Hindernis darstellen.
Das Hauptanliegen von Brent Beaven, Verantwortlicher für Biodiversität auf
Stewart Island und den umliegenden Inseln, ist die Erhaltung von
einheimischen, und die geschützte Aufzucht von bedrohten Tier- und
Pflanzenarten. Die vorgelagerte kleine Insel Ulva wurde vor einigen Jahren
durch massiven Fallen- und Gifteinsatz von allen Ratten und anderen
Raubtieren befreit. Sofort wuchsen wieder Pflanzen nach, die vorher fast
zu Tode genagt wurden und Vögel siedelten sich an, die sich hier wieder
sicher fühlen. DoC hat in den letzten Jahren einige bedrohte Vogelarten
wieder erfolgreich auf Ulva angesiedelt, so den fast ausgestorbene
Saddleback, den Stewart Island Robin, den Yellowhead und nun auch den
Rifleman. Wir konnten dabei sein, als die ersten Riflemen auf Ulva
freigelassen wurden. Brent und seine Crew haben die ersten 10 Vögel auf
Codfish Island, einer für Touristen gesperrten Schutzinsel, eingefangen
und mit dem Heli nach Stewart Island geflogen. Mit dem DoC Boot Jester
kamen sie auf Ulva an. Die Neuankömmlinge wurden feierlich empfangen.
Michael Skerritt, der Vertreter der Rakiura Maori, hat alle Tapus
verscheucht und die Vögel auf Ulva willkommen geheissen. Peter Goomes, der
Vorsitzenden des Ulva Island Trusts und damit teilweise Geldgeber für die
Aktion hat ihn dabei unterstützt. Danach wurden die Vögel von Phred
Dobbins vom DoC in die Freiheit entlassen. Inzwischen wurden etwa 30 Vögel
freigelassen die sich sehr wohl zu fühlen scheinen.
Vor 2 Jahren wurden etwa 30 gefährdete Saddlebacks angesiedelt, heute sind
es schon 100. Die meisten freigesetzten Vogelarten können nicht sehr weit
fliegen und bleiben mit grossem Erfolg auf Ulva. Einige der schlauen und
zutraulichen Robins haben es jedoch geschafft wieder in ihre alte Heimat
am Freshwater River zurückzufliegen. In Luftlinie sind das ca. 20 km,
grösstenteils über Wasser. Bis dahin nahm man an, dass diese kleinen Vögel
nur etwa 200 m weit an einem Stück fliegen können. Die Tierwelt hier ist
immer wieder für Überraschungen gut.
Natur pur an den Wanderschuhen
Dale Chittenden ist Programme Manager für alle Besucher Annehmlichkeiten
im Nationalpark. Dazu gehören die Erhaltung der ganzen Tracks, der vielen
Brücken, Hütten und den Jäger-Camps. Mit etwa 55'000 Besuchern pro Jahr
welche das Besucherzentrum frequentieren, ist da ganz schön was los,
besonders da sich diese vor allem geballt im Sommerhalbjahr einfinden. Die
meisten Besucher spazieren über die kurzen, nahen Tracks zu den örtlichen
Sehenswürdigkeiten. Aber etwa 800 bis 1000 wollen einen der Great Walks
unternehmen, das heisst, dass sie zwischen 3 und 12 Tage mit ihrem
gesamten Hausrat auf dem Rücken unterwegs sind. Die DoC Hütten sind je
nach Track mit mehr oder weniger Komfort und Schlafplätzen ausgerüstet.
Sie haben alle einen Regenwassertank und ein Toilette in der Umgebung.
Alles andere muss mitgetragen werden. Durch die vermehrte Nutzung sind
einige Stellen dieser Tracks so sehr verschlammt, dass die Hiker bis über
die Knie einsinken. Das DoC verbessert die Tracks nur, wenn es damit die
Umwelt verbessern hilft, das heisst, wenn damit die Natur neben den Tracks
geschützt werden kann. Die Kniegelenke der Hiker sind nicht ihre Sorge.
DoC beschäftigt für etwa 4000 Arbeitstunden pro Jahr Freiwillige um sicher
zu gehen, dass die Tracks sicher und die Hütten in guter Ordnung sind.
Dieses Jahr wurden einige Hütten vergrössert. Allerdings wurde eine alte
Hütte abgebrochen und die neue erst zwei Wochen später aufgebaut. In der
Zwischenzeit standen auf diesem Track eine Höhle mit drei Schlafplätzen,
oder ein Plätzchen zum Zelten zur Verfügung. Man muss schon ein sehr
grosser Fan der wilden Natur sein um alle diese Strapazen auf sich zu
nehmen, nur um in einsamer Wildnis einige wunderschöne Sonnenauf- oder
Untergänge und andere Einblicke in die ursprüngliche Schöpfung geniessen
zu können. Das umschreibt denn auch das Ziel von Dale genau. Es soll kein
Disneyland im Hinterland von Stuart Island entstehen, sondern da soll noch
die ursprüngliche Natur erkämpft und genossen werden. Auf dem grössten
Teil der Insel gibt es auch keinen Handy-Empfang. Dafür wird empfohlen
einen Rettungssender mitzunehmen, der im Notfall Hilfe herbeiholt. Für die
weniger Geübten, wurden jedoch einige kürzere Tracks verbessert, so dass
mit normaler Fitness auch ein Städter seine Freude an Stuart Island haben
kann.
Mensch und Natur – ein Gegensatz?
Die Arbeit von DoC ist ganz klar auf die Natur und deren Erhaltung
ausgerichtet. Nun kann jedoch eine Insel wie Stuart Island, die vom
Tourismus lebt, nicht einfach die Menschen ausschliessen. Kompromisse sind
gefragt. Jessyca Bernard, die Leiterin des DoC auf Stewart Island ist
gleichzeitig Verantwortliche für Beziehung zu den Einwohnern. Manchmal
können die Wünsche von Bewohnern einer Gemeinde und die Bedürfnisse der
Natur ganz schön auseinander klaffen. Fragen wie: Wachstum der Gemeinde,
Ankurbelung des Tourismus, Vermehrung der Angebote auf dem Wasser und zu
Lande, verbesserte Transportmöglichkeiten, kommen in Konflikt mit dem
Schutz der Tiere, der Wälder, der nachhaltigen Sicherung des Fisch- und
Schalentier-Bestandes, Limitierung der Anzahl Hiker auf den grossen Walks
um zu starke Abnutzung zu verhindern und das Erlebnis der Abgeschiedenheit
zu bewahren.
Jessyca setzt bei Ihrer Beziehungsarbeit hauptsächlich auf Information der
hiesigen Bevölkerung. Glücklicherweise sind ihr da die verschiedenen
Erfolge ihrer Kollegen, sei es bei der Aussetzung der bedrohten
Vogelarten, beim Wiederanbau von einheimischen Pflanzen, oder dem
positiven Feedback der zufriedenen Hiker eine willkommene Unterstützung.
DoC ist durch sie bei den Sitzungen des Einwohnerrates von Stewart Island
vertreten und sucht dort Kompromisse. Jessyca gibt ein regelmässiges
Informationsblatt, die D.W. News, über die Tätigkeiten und Erfolge des DoC
heraus. Während der Sommermonate treten verschiedenen Exponenten von DoC
als Referenten mit Vorträgen über Wildlife und andere DoC Themen im
wöchentlichen Abendprogramm auf. Darüberhinaus werden regelmässig
Führungen auf Ulva angeboten.
Nach einigen Anfangsdiskussionen zwischen Bevölkerung und DoC haben sich
die Wogen zu einem grossen Teil gelegt. Schon wegen der verschiedenen
Zielsetzungen werden sicher nicht immer alle einer Meinung sein, aber die
Zusammenarbeit zwischen DoC und Bevölkerung scheint auf gutem Wege.
Keeper of the
wilds
How does it feel to live in a National Park? Since 2002 80 % of Stewart
Island belong to the youngest National Park of New Zealand. Exempt are
only the township of Oban and its surrounds, where most of the 390
inhabitants live, and a portion of Maori owned land further down the
island. Nevertheless there are differing opinions in some of the
objectives.
Nature’s concert
For the animals and nature a National Park is unique. We live here with
the ever-changing songs of birds, which in other parts of the world do not
even exist anymore, or ever have. The Department of Conservation
undertakes huge efforts in order to protect endemic plants and to
eradicate foreign plants, which became a pest. Not everyone understands
the same under pests. Plants that are highly prized in a private garden,
like the lovely orange-blossomed Monbretia, the Marram grass, which
fortifies dunes in other parts of the world, or the decorative Darwin’s
barberry, gorse and other beauties are not welcome guests on Stewart Island.
Some endemic birds like to nest on the ground or not much above it. Some
birds, like the Kiwi, the cheeky Weka and the very rare Kakapo can’t even
fly in order to build their nest high up in the canopy. The biggest
threats to these are the various introduced rats and specially the possum
which has been imported for its fur. In Australia possums are protected
animals, in New Zealand they are a pest and hated as such. But also stray
cats become feral very quickly. Over one or two generations they start to
get their natural colour back and become very fierce and threatening to
the endemic bird population, as basically all cats are. Even the gentle
introduced Red deer and Virginia Whitetail are a threat. They mainly eat
native plants, which used to be normal habitat for some birds. Deer are
very hard to hunt because the terrain is difficult and overgrown by forest
plants such a supplejack, tough, woody and very tangled vine.
The main objective of Brent Beaven, responsible for Biodiversity on
Stewart Island and its surrounding Isles, is the preservation of endemic
and the breeding of protected animals and plants. Ulva, a small Island in
Paterson Inlet has been made pest free some years ago through a radical
trapping and poisoning of rats. Immediately plants started to re-grow and
birds reappeared which have not been seen for a while on Ulva. DoC has
re-introduced a number of threatened birds on Ulva. Amongst others the
almost extinct saddleback, the Stewart Island Robin, the Yellowhead and
now the Rifleman. We were there when the first Riflemen were released on
Ulva. Brent and his Crew caught about 10 birds on Codfish Island, a closed
sanctuary Island and flown them via Helicopter to Stewart Island, from
where they were transferred with the DoC Boat Jester to Ulva. The
newcomers were greeted with a festive ceremony performed by Michael
Skerrett, spokesman of the Rakiura Maori, who lifted all tapus and wished
the little birds a good start in their new home. Peter Goomes, Chairman of
the Ulva Island trust, which partially funded the transfer of the Riflemen,
assisted him. Phred Dobbins from DoC then released the birds into freedom.
Meanwhile about 30 birds have been released and they seem to feel fine on
Ulva.
Two years ago about 30 Saddlebacks were released, today they count already
100 birds on Ulva. Most of the released birds cannot fly over big
distances and stay on Ulva. However, some of the cute and clever Robins
managed to fly home to Freshwater River. This is an aerial distance of
about 20 km mostly over water. Up to then it was believed, that they could
only fly about 200 m without having to take a rest. Nature always has some
surprises up its sleeve.
Pure Nature on the walking boots
Dale Chittenden is Programme Manager for Visitor Assets. This includes the
maintenance of all the tracks, the bridges, the huts the hunter camps.
With about 55’000 visitors a year counted in the Visitor Centre this is no
mean feat, especially because these visitors mostly come during the short
summer season. Most of the visitors enjoy one of the shorter or local
tracks to the attractions closer by. About 800 or 1000 however want to
undertake one of the Great Walks. This means that they are under way for
about 3 to 12 days with their whole household on their backs. The DoC huts
are relatively comfortable, depending on the track. All have some sleeping
bunks, fresh water tanks and an outdoor toilet. Everything else has to be
brought along. Through the extensive use, some of the tracks have become
so bogged, that in parts hikers sink in over their knees. DoC only
improves the tracks, if it can protect the surrounding nature through the
enhancement. The knees of the hikers are not their main concern.
DoC employs about 4000 hours worth of volunteers per year to make sure,
that the tracks are safe and the huts in good condition. This year some of
the huts have been improved. However, one hut was removed and the
replacement came only 2 weeks later. Meanwhile hikers on that track had to
sleep in a cave with three bunks or take their own tent. One has to be a
big fan of rugged nature to endure all these hardships. The only reward is
to enjoy remote wilderness, some lovely sunset or sunrises and some other
insights into pristine nature. This precisely defines the goal of DoC and
Dale. The intention is not to have a Disneyland in the backcountry of
Stewart Island. There should be a rugged wilderness experience for the
well-trained and fit hiker. There has to be a struggle before the
unspoiled nature can be savoured. Mobile phones do not work on most of the
Island. Therefore DoC recommends the use of a locater beacon, which could
locate a hiker in distress. For the less fit among us there has been an
upgrading on a couple of shorter tracks, so that also medium fit town
dwellers can enjoy Stewart Island at its best.
Are Humans and Nature incompatible?
The work of DoC is clearly focused on nature and its preservation. However,
humans cannot be excluded on an Island like Stewart Island, which lives
mostly of tourism. Compromises are asked for. Jessyca Bernard, Field
Centre Supervisor is also Programme Manager responsible for Community
Relations with the Stewart Islanders. Sometimes the needs of a community
and the ones of nature can be rather conflicting. Questions like: Growth
of the community, expnsion of tourism, increase of tourist attractions on
land or water or enhanced transport schemes, are in direct contrast to:
Protection of animals and forest, and preservation of marine resources, or
a limitation of hikers on the Big Walks to protect the quality of the
tracks and the experience of the remote seekers.
Jessyca relies in her relationship work mainly on getting Information to
the locals. The various success stories of her colleagues such as release
of birds, re-planting of endemic plant species or positive feedback from
the visitors are a welcome asset to her work. DoC is represented by her in
the Community Council meetings and is working on compromises there.
Jessyca issues a periodic Information leaflet, the D.W. News, which tells
about the ongoing works and the achieved successes of DoC. During the
summer months, DoC runs an evening program with various interesting
presentations of different fascinating speakers about nature themes as
well as guided trips to Ulva Island.
After some animated discussions at the inception of the National Park,
issues do not seem so heated up any longer. Yet, because of the different
objectives and ambitions the various parties have, not everybody will
always be of the same opinion, but a good basis for cooperation between
DoC and the community is being built. |