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Winter in the Sun 200506
Ein grosses Feuchtgebiet ist nur wenige Kilometer entfernt und wäre ein idealer Beobachtungsplatz für Zugvögel. Dummerweise leben wir im Zeitalter der Vogelgrippe. Man kann nicht genug Respekt davor haben. Beat sind schon die vielen Tauben auf dem Campingplatz suspekt. Er verdächtigt sie Überbringer der unheilvollen Vireninfektion zu sein analog der Ratten und der Pest im Mittelalter. Er nennt sie drum die fliegenden Ratten und duckt sich unter einen Baum, wenn eine Taube von weitem gurrt. Der Himmel verdunkelt sich und ein riesiges Vogelballett wogt hin und her über uns. Entwarnung, es sind Stare und die sind uns sicher aus der gesunden Schweiz vorausgeeilt und begleiten uns jetzt weiter südwärts.
ST ROME DE TARN Unweit von unserem Campingplatz liegt Roquefort, also fahren wir hin. In den felsigen Abhängen wird in 13 Grotten der weltberühmte Käse hergestellt. Das heisst, hergestellt wird er in Molkereien und dann nach 4 Tagen zum Reifen in die Grotten gebracht. Nur Milch von Schafen aus einem Umkreis von 100 km wird dazu verwendet und auch die nur von Januar bis Juli, während der normalen Säugezeit der Schafe. Die Milch wird mit einem eigens dafür gezüchteten Penizillinpilz geimpft und dann in den natürlich durchlüfteten Höhlen 2 bis 3 Wochen gereift. Danach wird der Käse in Zinnfolie eingeschlagen und weitere 3 bis 6 Monate in Kühllagern zur Verzehrreife gelagert. Zur Zeit warten wir bei einem Apéro, dass sich unser persönliches Stück Roquefort auf Zimmertemperatur erwärmt und wir es dann genüsslich zu einem Glas Wein verspeisen können.
BIARRITZ So! Heute haben wir die Hühner gesattelt und sind mit den Harleys nach Biarritz reingefahren. Es war aber auch ein wunderstrahlender Tag. Biarritz hat seinen ganzen Jugendstilcharme entwickelt und dazu noch ein türkisblaues Meer mit kleinen weissen Häubchen präsentiert. Allerdings weht eine steife Brise und im Schatten merkt man auch hier, dass es November ist. Ganz Biarritz ist ausgestorben. Ob unser Ruf nun schon so schlecht ist, dass die Bevölkerung vor uns flieht wie vor Attila dem Hunnen? Wir werden beruhigt, Biarritz ist in den Ferien und kommt erst Mitte Dezember wieder zurück um das Weihnachtsgeschäft zu betreiben. Gut sind wir dem entronnen.
Wir fahren nach Bayonne und besuchen das Baskenmuseum. Nachher spazieren wir durch die wunderschöne Altstadt zur Kathedrale. In einem auf Tee, Kaffee und Schokolade spezialisierten kleinen, platschvollen Kaffee ergattern wir ein Tischchen und geniessen eine heisse Schokolade nach Grossmutterart. Im Zuckerschälchen werden kleine Pastillen schwarzer Schokolade serviert. Ich nehme eins auf den Löffel und tunke es in die heisse Schokolade, dann lasse ich es noch auf der Zunge zerfliessen. Ein reiner Genuss!! Beat mag zum Glück keine dunkle Schokolade. Ich höre erst auf, als die letzte Pastille den Weg alles Irdischen gegangen ist. Danach schlendern wir langsam durch die kleinen Gassen Richtung Parkplatz. Bei einem Blick zum südlichen Horizont stockt uns fast der Atem. Vor den Pyrenäen häufen sich riesige Kumuluswolken auf. Aber nicht weiss oder hellgrau wie Blumenkohl, wie wir es bei unseren Gewittern gewohnt sind, sondern gefährlich drohend, beängstigend pechschwarz mit silbernen Rändern. Mich beschleicht eine ungute Vorahnung. Kurz vor Mitternacht fegt ein Biscayasturm über uns hinweg. Wir waren zwar vom Internet-Wetterdienst für Spanien gewarnt, wussten aber nicht, ob und wann er Biarritz erreichen würde. Der Wind lässt unsere Vor- und Hinterzelte wie Piratensegel knattern, bald wären wir mitsamt dem Wohnwagen abgehoben. Nichts wie raus aus dem warmen Bett, Vorzelte hinunterreissen, Stühle und weitere flugtaugliche Gegenstände in den Citroen werfen und in die rettende Wärme zurück. Da giesst es auch schon wie aus Kübeln. Die schweren Tropfen tönen wie Trommelfeuer auf dem Dach. Nachbars können auch nicht schlafen und beruhigen sich mit lautem Fernsehschauen. Die Bäume sind sich Kummer gewöhnt und biegen sich einfach im Wind ihre Äste behalten sie glücklicherweise für sich. Am Morgen regnet es zwar noch, aber wir stellen in Windeseile unsere Vorzelte wieder auf und alles sieht wieder aus wie immer. Einzig Beat hat einige Haushaltpflichten immer wieder hinausgeschoben. Ausgerechnet jetzt geht uns das Wasser aus. Also stapft er mit Australierhut und Goretexjacke den Hang hinauf und schleppt das notwenige Nass im strömenden Regen zum Wohnwagen. Ein Paradoxon. Wäre es nicht praktisch wenn man einfach das Regenwasser in den Tank ableiten könnte?
Wir haben zu früh aufgeatmet. Seit drei Tagen sind wir unter schwerem Artilleriefeuer. So zu mindest knallen die zahllosen Gewitterdonner über uns hinweg. Dazwischen schwerer Regen und Graupelschauer. Jeden Nachmittag finden wir in einer Sturmpause es sei genug und ziehen das Vorzelt auf, jede Nacht zwischen Mitternacht und 4 Uhr früh holen wir es wieder notfallmässig herunter, weil alle Häringe ausgerissen sind. Der harmlose kleine Ondre See hat seine Oberfläche verdoppelt und ist nur noch wenige Meter von uns entfernt. Wir haben schon mal die Töffs wieder in den Citroen verladen und alles lose Material verstaut damit wir schnellstens evakuieren könnten, falls nötig. Unsere Nachbarn halten uns über den Fernsehwetterbericht auf dem Laufenden. Die Gewitter sollen sich abschwächen, angeblich. Da! Eine Blendgranate und eine ohrenbetäubende Explosion! Alles erzittert, Nachbars Cacahuette heult auf und schwerer Graupelschauer prasselt auf uns nieder, dann.... Stille. Vor oder nach dem Sturm? Wir hoffen auf eine ruhige Nacht und legen uns ins Bett. Fast schon sind wir eingeschlafen, da hören wir geschäftige Geräusche von Cacahuettes Caravan. Wie bei der Feuerwehr, springen wir in die bereitstehenden Regenhosen und Schuhe und stürmen aus dem Wohnwagen. Der See hat schon das Vorzelt des Nachbarn eingenommen, also ist es Zeit zur Evakuation. Mit geübten Handgriffen kurbeln wir die Stützen hoch, sammeln die Unterlagshölzer ein, kappen das Elektrisch und rollen den Vorteppich zusammen. Wieder einmal sind wir froh um unseren neu angeschafften Mover. Per Fernsteuerung fahren wir unseren Wohnwagen auf die sichere und höher gelegene Strasse. Stützen runter, austarieren, Elektrisch anschliessen und wir sind eine halbe Stunde nach dem Alarm wieder im warmen Bett. Am Morgen zeigt sich dann die Weisheit unserer Entscheidung. Wo gestern noch unser Wohnwagen stand, schwimmen jetzt die Taucherli. Spanien begrüsst uns beim ehemaligen Zoll mit einem riesen Loch mitten in der Strasse und eine Mautstation. Wir fahren zwischen den Ausläufern der Pyrenäen und der Biskaya entlang. Das ist ein rauer und armer Teil Spaniens. Der karge Boden gibt nicht viel her und das Meer auch nicht mehr. Dafür lebt die Region vom Tourismus, hauptsächlich weil hier der Jakobspilgerweg nach Santiago de Compostella sehr beliebt ist. Die Kirche ist in Comillas mit einer riesigen Gotisch-Renaissance-Barock Universität vertreten. Das Gelände wird gemäss Anschlag am Eingangstor von Wächtern mit Hunden und Kameras bewacht. So konnten wir uns leider nicht erkundigen wie man hier Mitglied werden kann. Im Hintergrund stehen imposant und weiss die Picos de Europa, ein Gebirge das mit den Berner Alpen konkurrenzieren kann. Es heisst auch die Spanische Schweiz. Die Gipfel sind zwar nur 2000m hoch, steigen aber direkt von Meereshöhe auf. Du weißt, dass Du in Spanien bist, wenn die Dieselquittung mehr getankte Liter als bezahlte Euro zeigt. Hier kostet der Liter Diesel unter 90 Cent Das sind Preise!!
SANTILLANA
Santillana selbst ist ein im Mittelalter und der Renaissance gross gewordenes Dorf und ausgezeichnet erhalten. Als wir das letzte Mal hier durch kamen hatte ich leider ein Bein im Gips und konnte das kopfsteingepflasterte Städtchen nicht besuchen. Es war für den Rollstuhl zu holperig und meine Krückenkünste waren auch noch nicht ausgefeilt. Der Bruch hatte ja knapp zwei Wochen zuvor in St. Tropez stattgefunden (mit dem Töff) aber das ist eine andere Geschichte. Langsam sind wir ideal ausgerüstet. Der neu angeschaffte Mover hat uns schon verschiedentlich beste Dienste in unwegsamem Gelände geleistet. Der schwere Wohnwagen bewegt sich so wie von Zauberhand geführt in die engsten Lücken und erspart mir manche Sitzung beim Rückendoktor. Auch auf kulinarischem Gebiet sind wir topp. Unser kleiner Backofen ist äusserst leistungsstark. Er verwandelt die bleichen Panini in knusprige Brötchen und beschert uns braun gebackene Bratkartoffeln oder einen Hörnliauflauf zum Abendessen. Auch einen Niedergarbraten hat er schon produziert. Eigentlich gibt es nur ein Haushaltgerät, das ich vermisse und das ist meine Geschirrspülmaschine. Dazu muss man wissen, dass eine unserer ersten gemeinsamen Anschaffungen eine Abwaschmaschine aus dem Brockenhaus war. So eine die man mit einem Schlauch am Wasserhahn anschloss und von oben einfüllte. Sie hatte einen durchsichtigen Plexiglasdomdeckel, durch den man das Geschehen beobachten konnte. Zu Hause in unserer zweieinhalb Zimmer Wohnung angekommen, der Eingang wurde damals als halbes Zimmer bezeichnet, setzten wir die Maschine voller Begeisterung sofort in Betrieb. Wir füllten Geschirr und normales Abwaschmittel ein. Es vergingen keine 10 Minuten, da waren die Küche und das halbe Zimmer voller Schaum. Etwa so wie beim Zauberlehrling, „Besen, Besen, seis gewesen.......“.Später haben wir eine verbleichte Aufschrift auf dem Plexiglas gelesen, dass nur Spezialwaschmittel für Abwaschmaschinen verwendet werden soll. Abwaschen von Hand ist zwar auf den warmen Camping- Plätzen im Süden durchaus ein soziales Event. Da trifft man sich zum schnacken und Austauschen von Neuigkeiten, wie früher am Gemeindewaschtrog bei der vierzehntäglichen grossen Wäsche. Aber seit uns Jacky und sein Besitzer verlassen haben, sind wir alleine auf dem Platz. Zudem ist es ganz schön dunkel und kühl nach dem Nachtessen. Klar braucht eine Abwaschmaschine zu viel Wasser und auch Platz aber schön wär’s doch, oder? Beat kann diesen Gedankengängen nichts abgewinnen. Er versteht grundsätzlich schon das Problem nicht. Es ist doch jeden Tag abgewaschen, also hat er doch eine Abwaschmaschine oder? Männer......!!
LUARCA
SANTIAGO DE
COMPOSTELLA
COSTA NOVA An dieser Stelle will ich doch einmal meiner Befindlichkeit Ausdruck geben. Ich gebe zu, ich fühle mich von der zweiten weiblichen Präsenz im Auto zeitweise in Frage gestellt. Beat besteht jedoch darauf, dass sie uns überallhin begleitet. Begleiten ginge ja noch, nein, sie will uns immer führen. Dabei habe ich ein Navigationsdiplom auf allen Weltmeeren und finde mich auf der festen Erde fast mit geschlossenen Augen zurecht. Aber Beat ist das nicht genug. Heute hatte ich jedoch ein richtiges Erfolgserlebnis. Die Autobahn ist noch relativ neu und sie kannte sie noch nicht. Da wollte sie doch tatsächlich, dass wir erst scharf rechts abbiegen, dann warnt sie uns, dass wir in einer Sackgasse sind und schlussendlich als krönender Abschluss fordert sie uns doch auf: „bitte sofort zu wenden“, auf der Autobahn nota bene, im Imperativ: „Wenden sie Jetzt!“. Man muss kleine Siege feiern, wie sie fallen. So blöd wie das GPS habe ich mich beim Navigieren doch noch nie angestellt, gibt auch Beat zu. Mir wird jedoch auch klar, weshalb es in letzter Zeit so viel mehr Geisterfahrer auf der Autobahn gibt. Die sind offenbar der verführerischen GPS Sirene hilflos ausgeliefert und befolgen ohne nachzudenken sklavisch jeden Befehl. Kann mir nicht passieren!
Heute haben wir noch einen Draufgemacht. Der Tag startet mit strahlendem Sonnenschein und wir beschliessen den Motorrädern Auslauf zu geben. Aber mich drücken noch Hausfrauenpflichten. Ich möchte waschen und dem steht nur das Fehlen von warmem Wasser entgegen und das will ich jetzt überwinden. Beat bringt mir einen vollen Wassersack und den stecke ich nach altem Brauch in einen schwarzen Plastiksack. Dann fülle ich zwei Becken mit Seifenwasser und lege die Wäsche zum Einweichen hinein. Jetzt soll die Sonne das Ihrige tun. Wie fahren übers Land und kaufen soviel ein, wie unsere Töffs tragen können. Ich habe alle Seitentaschen geleert, das Regenzeug brauchen wir bei 25 C im Schatten heute nicht. Portugiesisches Brot entspricht wieder eher unseren Vorstellungen. Kurz vor Sonnenuntergang kehren wir zurück. Das kann um 17.00 oder 18.00 sein, je nach dem ob man Portugal oder Europa Zeit auf der Uhr hat, mein Töff hat sogar noch Sommerzeit, also wäre es da schon 19.00 etwas verwirrlich. Wir halten uns an eine einfache Regel. Morgens ist Portugalzeit, also eine Stunde später aufstehen, Abends ist Spanienzeit, eine Sunde länger die Sonne geniessen. Meine Rechnung ist aufgegangen. Die Becken mit dem Eingeweichten sind angenehm lauwarm und das Wasser unter der schwarzen Haube ebenso. Jetzt kann ich nach Herzenslust T-shirts und Weiteres waschen und spülen ohne kalte Hände zu bekommen.
In Portugal gehen die Uhren anders. Nicht nur, dass wir hier in einer anderen Zeitzone leben, das kennen wir ja auch von anderen Teilen in Europa und der Welt. Nein, in Portugal hat Zeit ganz dezidiert verschiedene Bedeutungen. Zum Einen an der Kasse im Supermarkt. Es stört niemanden, wenn die Kassierin noch einige Worte mit der befreundeten Kundin wechselt, oder wenn die ältere Kundin und ihr noch älterer Begleiter eeeewig lang haben mit Sachen einpacken. Die Kassierin hilft dann gerne mit und sortiert die Einkäufe nach Gewicht, dass die gratis Plastiktaschen nicht zu schwer werden. Auch schauen alle möglichen Kunden interessiert zu, wenn eine Kundin alle Vor- und Nachteile einer bestimmten Terrine oder einer Wurst erläutert haben will. Ich gebe es zu, ich habe mich auch erkundigt, welcher Rohschinken am mildesten ist, und von weiblichen Säuen stammt, oder welcher Käse wirklich „gustoso“ ist und mich erst nach einer Probe entschieden. Die Verkäuferin hat mich dann durch den halben Supermercado begleitet um mir zu zeigen, in welchem Gestell ich den ultimativ besten Saloio, einen säuerlichen, runden Halbweichkäse zum kalt oder auch warm essen, finden kann. Könnt Ihr Euch vorstellen, dass der Verkäufer von Bus- und Tramtickets und Abos seelenruhig in seinem Häuschen sitzt, sich einen Apfel schält, vierteilt, entkernt und genüsslich verspeist während er mir Auskunft über den Erwerb einer Tageskarte gibt? Die Geduld hört aber schlagartig auf, wenn man auf die Strasse kommt. Wir sind praktisch jeden Tag mit den Harleys unterwegs und fahren immer an der Maximal-Geschwindigkeitsgrenze. Das reicht dem Durchschnittsfahrer hier bei weitem nicht. Wir werden dauend überholt. Licht hat auch nach Sonnenuntergang nur die Minderheit. Da auch hier viele Autos die Modefarbe Silber haben, tarnen sich diese Autos auf dem grauen Teer ausgezeichnet. Autofahrer in Portugal sind für unseren Geschmack eh die rücksichtslosesten und gesetzlosesten in ganz Europa. Wobei der portugiesische Autofahrer nicht mit dem portugiesischen Bürger gleichgesetzt werden darf. Der Bürger, oder die Bürgerin, sind sehr hilfreich und freundlich und sehen uns das mangelhafte Portugiesisch langmütig nach. Aber der Autofahrer, oder die Autofahrerin kennen nix. Wer nachgibt hat schon verloren. Oder, wer zuerst bremst den beissen die Hunde. So kann der Slogan auf den Strassen zusammengefasst werden. Also heisst das auch für uns, Flagge zeigen. Ja kein Zögern an Kreuzungen, wir machen keine Gefangenen. Beat stresst diese Fahrweise im Citroen noch ganz gewaltig. Auf dem Motorrad fährt er mir hintendrein und beisst die Zähne zusammen. Er sieht das abends nach einer dreiviertel Flasche Duas Quintas allerdings nachträglich etwas anders.
LISBOA
Lisboa hat seine Weltoffenheit bewahrt. Auf dem Rossio-Platz begegnen wir zum ersten Mal einer Truppe rot weisser Chläuse auf Stelzen, mit Balletröckchen oder in Overalls mit Musikinstrumenten oder auf dem Einrad. Sie spielen ausgezeichnet weihnachtliche und jazzigere Stücke mit akrobatischen Einlagen, Handstand, Radschlagen, Passanten ansprechen, alles gehört dazu. Die Truppe wird jeweils von den Stadtbehörden für die Weihnachtszeit verpflichtet und verströmt unlimitierte Lebensfreude und Fröhlichkeit. Das ist es wahrscheinlich was Weihnachten in der nördlichen Hemisphäre von den südlichen Ländern unterscheidet. Weihnachten ist hier ein Fest der Freude und Ausgelassenheit, bei uns in der Schweiz habe ich diese Zeit immer als gedämpfte und ernste Angelegenheit erlebt. Wir fahren mit dem Tram Nr. 28. Auch das aus dem 19. Jahrhundert, voll erhalten mit Holzpaneelen und alter Beschriftung, aber im modernen Verkehr. Die Linie 28 verkehrt vor allem in den alten Stadtgebieten von Lisboa. An einigen Stellen stockt uns fast der Atem. Die Strasse ist gerade so breit, dass das Tram knapp durch mag. Der Gegenverkehr hat gefälligst anzuhalten, auch das entgegenkommende Tram, da die Schienen hier von zwei auf eine verengt werden. Das erste Tram klingelt und macht sich so bemerkbar, das nächste wartet. Kaum 50 m weiter, in einer fast nicht wahrnehmbaren Erweiterung der Strasse, ist auch schon wieder ein Auto, in der nächsten eine Mulde parkiert. Unsere Chauffeuse nimmt es gelassen. Nur einmal, ein Shopper parkt sein Auto in zweiter Linie auf den Geleisen, klingelt sie energisch bis der Besitzer aus dem Laden stürmt und davonfährt. Damit hat es sich. Es soll nicht er Eindruck entstehen, dass die Verkehrsmittel in Lisboa durchwegs alt sind. Lisboa hat eine moderne Metro, ein ausgezeichnetes modernes Bussystem und auch neuste Trams. Aber wir sind halt lieber mit den Alten unterwegs. In Zürich fahren ja noch ganz vereinzelt die alten Sechser für teures Geld Parties durch die Innenstadt, hier hat man das Vergnügen zum normalen Tarif. Inbegriffen in der Tageskarte von € 3.60 ist auch ein Ausflug mit dem alten Lift auf den Justina Turm, auch der aus den 1880 Jahren. Die Aussicht über Lissabon und auf den Tejo ist einmalig. Wir sehen von hier aus auch den höchsten Weihnachtsbaum von Europa. Er ist 72 m hoch, so hoch wie ein 20 stöckiges Hochhaus und verbreitet abends seinen Lichterzauber auf der Praca do Commercio. Dort ist auch das eigentliche Eingangstor zur Stadt. Es wurde wie das Meiste nach dem grossen Erdbeben von 1755 in barocker Schönheit neu erbaut und umfasst einen grossen Platz mit seinen Gebäuden. In der Mitte dann der Triumphbogen der zur Goldstrasse führt. Abends werden die Gebäude in allen Farben beleuchtet. Überhaupt kann die Weihnachtsbeleuchtung von Lisboa als gutes Vorbild für Zürich hergenommen werden. Die Beleuchtung ist warm, die Farben sehr geschmackvoll und die Christbäume äusserst modern. Viele Strassen sind noch Kopfstein gepflastert und die Trottoirs weisen phantasievolle Muster in schwarzen und weissen Pflastersteinen auf. Lisboa ist uns richtig ans Herz gewachsen, wir trennen uns nur ungern, aber wir wollen ja noch mehr von Portugal sehen.
ARMACAO DE PERA
2006 ist das Jahr des
Hundes, was uns sehr entspricht. Nachts sind wir Gäste beim diesjährigen
Abendkonzert und Sängerwettbewerb der Internationalen Hundegemeinschaft.
Ganz im Zeichen des Mozartjahres, hören wir das Knöchelverzeichnis KN1.
Das Konzert beginnt gedämpft mit einer verhaltenen aber rhythmisch sehr
interessanten Overtüre. Ein tiefkehliger Bass gibt den Takt an und sie
kulminiert mit einem Staccato der etwas grellen Primadonna. Das Konzert
gewinnt schnell an Kraft und bäumt sich zu einem Virtuoso ma non troppo
auf. Das schwermütige Geläut der Jagdmeute setzt sich dezidiert ab vom
hektischen und drohenden Knurren und Bellen der Wächter. Die einzelnen
Solisten brillieren beim Allegro mit gewagten Einsätzen, wobei ein älterer
Bariton mit seiner rauchigen, fast heiseren Stimme etwas gequält klingt.
Beim Höhepunkt, einem Furioso Majestoso, geben die Akteure ihr Letztes.
Bemerkenswert, die aparte Stimme des zweiten Tenors, sie klingt wie eine
gesprungene Glocke. Ein herzerweichender Heuler übernimmt die Führung und
entgleitet beinahe dem Kapellmeister. Es fehlt noch etwas an Routine.
Einige Chormitglieder fallen immer wieder aus dem Takt oder müssen
zwischenzeitlich
Unzählige Hunde haben hier mit Campern ihr Glück gefunden und wurden adoptiert. So Chico ein 3 monatiger kleiner, brauner Welpe mit Fuchsohren. Willy, ein ehemaliger Fremdenlegionär und später Kapitän zur See, aus Belgien dachte eines Abends er hätte eine Ratte unter dem Wohnwagen gesehen. Er ging nachsehen, jetzt hat er einen Hund und geht brav mit ihm Gassi. Henni hat ihren langhaarigen und langohrigen rot/braunen Bobbi schon manches Jahr, ebenso Ursula ihren Boxer/Dalmatiner Mischling, oder Gerda ihre zwei kleinen Wuschels. Das ist jetzt der freie Personen-, pardon, Hundeverkehr in der EU.
Wir erkunden mit den Töffs die nähere und weitere Umgebung. Die Serra de Monchique beschützt die westliche Algarve vor den kalten Nordwinden. Wir fahren zum höchsten Gipfel, dem Foia, er ist 902 m über Meer und bietet einen sagenhaften Rundblick. Im Süden die Algarve und das Meer, im Westen die Atlantikküste Richtung Lisboa und im Osten sieht man bis fast nach Spanien hinein. Rundum fällt das Terrain langsam in weichfallenden bewaldeten Hügelzügen zu den Küsten und ins Mittelland hinab. Die Mauren waren 500 Jahre lang an der Algarve präsent und haben ihre Spuren hinterlassen. Sie sind noch in den Namen der Ortschaften, aber auch in Bauten auszumachen. In Silves steht ein rotbraunes Fort aus dieser Zeit. Die Aussenmauern wurden vor etwa 70 Jahren wieder aufgebaut. Jetzt graben die Archäologen auch den Innenteil aus und machen erstaunliche Funde die bis in die Steinzeit zurückgehen. Danach sollen die schönen Gärten mit Brunnen und weiterem Zierat wieder auferstehen. Die Mauren haben aber auch ihre Lieblingspflanzen mitgebracht. Dazu gehören die Mandel-, Feigen- und Zitrusbäume und Korkeichen. Bei diesen wird die Rinde alle 9 Jahre geerntet ohne dass die Bäume Schaden erleiden. Aus den Mandeln wurde damals wie heute Marzipan hergestellt das auch jetzt noch den Hauptbestandteil der süssen Spezialitäten in der Algarve darstellt. Reben werden auch angebaut. Der Wein geht meist in die Portwein Produktion, oder wird lokal getrunken. Die Weinproduktion kann trotz viel Sonnenschein und hohen Öchsle nicht mit den umliegenden Ländern konkurrenzieren, obwohl Cliff Richard in unserem Nachbardorf ein Weingut besitzt und sich alle Mühe gibt guten Wein zu produzieren. Vorläufig ist er einfach teurer als die anderen. Wir haben hier schon einige kulinarische Erfahrungen gesammelt. An der Fischfront, haben es uns die gegrillten Tintenfische (Lulas) angetan. Erstaunlicherweise haben die Campingrestaurants hier eine einfache aber ausgezeichnete Küche. Hier in Armacao haben wir sogar drei verschiedene Restaurants zur Auswahl. Jedes bietet abwechslungsweise eine Abendunterhaltung, Musik, Fado, Bingo etc. und ein einfaches und billiges Nachtessen, aber die haben es in sich. Einmal gab es Estuffada de carne o frango, das ist ein Eintopf aus Rindfleisch oder Hühnchen, dazu wurden zweifarbige Köpfchen aus Kartoffelstock und Karottenpurree serviert. Diese Woche war Kalbfleisch mit Rahm auf dem Menu. Das kam in einer Gratinform mit dünnen Schnitzeln als Grundlage, darum herum ein Kranz von gescheibelten Bratkartoffeln und in der Mitte verschiedene Gemüse und Salzgurkenstücke in Rahmsauce, alles wunderbar überbacken für € 4 pro Person. Kann man nicht meckern. Unsere deutschen Nachbarn schätzen das besonders, sie weisen uns immer darauf hin wo etwas „billischä“ zu haben ist. Heute ist Frango Piri-Piri (Chili-Hühnchen vom Grill), die Spezialität der Algarve, angesagt. Es ist wunderbar zart und saftig, nicht zu scharf und schmeckt uns ausgezeichnet. Klar, dass wir jetzt auch Piri-Piri Gewürz gekauft haben. Beat hat zwei riesige Trutenbrüstchen ganz fein besprenkelt und auf einem Bett von Champignons und grünen Bohnen im Ofen geschmort. Ich kann Euch sagen, es war HOT, teuflisch. Ich musste sofort Wasser trinken und kühles Yoghourt auf die Zunge legen. Wir haben dann das Zweite Brüstchen gut abgewischt und kalt gegessen, da war es Super. Nicht weit von unserem Domizil ist ein kleines Naturreservat mit einer Salzlagune. Wir haben Glück und können Flamingos, Störche, Kormorane, seltene blaue Purpurhühnchen und eben so seltene und geschützte Wattvögel beobachten die hier überwintern. Derweil zieht eine Schafherde mit unzähligen ganz kleinen Lämmchen vorbei. Eines ist erst diesen Nachmittag auf die Welt gekommen. Eine weitere Herde weiss-braun gefleckter Ziegen mit langen, gewundenen Hörnern wird von 3 Hunden mit Glöckchen zusammengehalten und weidet friedlich am Rande der Lagune.
Es geht das Gerücht,
dass die drei Direktoren unseres Campings sich gerne als naturnahe Jäger
sehen. Einmal im Jahr, so um diese Jahreszeit, gehen sie mit ihren Flinten
in die Dünen auf die Jagd. Abends verspeisen sie dann die Beute genüsslich
im Kellerlokal. Ein Augenzeuge berichtet von Platten voll
Mit den Harleys kommen wir zu den schönsten und abelegensten kleinen Buchten und Stränden. Wir klettern auf den Kliffs herum und schauen den Fischern zu, die von ganz oben ihre langen Leinen zum Würmli baden herunterlassen. Manchmal erwischt einer sogar einen Fisch. Der Atlantik ist zwar zu kalt zum baden, aber sonst einfach faszinierend.
LA ROSALEDA
Heute fährt ein riesen Sturmtief mit orkanartigen Winden ein. Wir haben die Motorräder zugedeckt, unser Vordach eingeholt und die Gartenstühle versorgt. Mal schauen, was uns da blüht. Das Sturmtief von Ende Januar ist auf den Tag genau ein Jahr nach dem letzten starken Kälteeinbruch in Südspanien eingefahren. Es hat uns zwar auch dieses Jahr tüchtig geschüttelt, verregnet und abgekühlt, aber ausser ein wenig Schnee auf den Hügeln keinen Schaden angerichtet. Ganz im Gegensatz zum Norden von Spanien, da ist weiträumig der ganze Verkehr zusammengebrochen und sogar auf Menorca wurden sie beschneit. Auch auf den Tag genau ein Jahr nach dem letzten Mal hat sich der Strom wieder rar gemacht und uns 4 Tage zum Narren gehalten. Ich hatte Glück und musste nur einmal das Duschen wegen fehlendem warmem Wasser auslassen, aber Haare föhnen war schon ein Vabanque Spiel. Toast haben wir halt in der Gaspfanne und Teewasser im Teekessel auf dem Gas gemacht, das Lausigste war aber die Heizerei oder das Fehlen derselben. Jetzt ist schon alles fast vergessen und morgen lädt uns der Campingdirektor zum Nachtessen und Sangria à discrétion ein. Das wird was werden.... schon anlässlich der Wallfahrt wurden Tapas offeriert. Wir haben nur reingeschaut und uns schnellstens wieder verdrückt. Es war ein solches Gedränge von bestimmten Nationen, dass es kein Durchkommen gab. Die Engländer sind kopfschüttelnd Schlange gestanden und fühlten sich wieder einmal erleichtert, dass sie nicht zum Kontinent gehören. Diesmal geht es äusserst zivilisiert zu und her. Riesige Tongefässe voll Sangria stehen auf und um einen Tisch. Die Kellner bringen laufend Teller mit Pommes frites, Salat, Spanferkel und Pouletflügeli an Knoblauch bis alle satt sind und die Sangria ausgetrunken ist. Niemand denkt jedoch ans Gehen. Ein Camper holt sein Saxophon und seine Klarinette und spiel professionell einige Stücke, darauf folgen eine Handorgelspielerin und ein Fiedler, auch nicht schlecht, bis dann Musik ab Kassette läuft. Mittlerweile ist der Bier-, Sherry- und Wasserkonsum ins gigantische gestiegen. Wir sind uns alle einig, so einen tollen Abend haben wir schon lange nicht mehr erlebt. So lassen sich auch Strompannen ertragen, die Direktion hat mehr als nur ihre Pflicht getan und viel Goodwill geschaffen. Boules, Pétanque, Boccia, Bowles, die Kugel rollt und hat uns gepackt. Georges, Franzose, ehemaliger Hotelier in Montreux und Captain eines multinationalen Boules-Teams hat unsere ersten zaghaften Versuche mit den glänzenden Metallkugeln beobachtet und sofort ins Team integriert. Isidoro, Italiener, Berlasconi look-alike vor der Haartransplantation und Captain des anderen Teams hat mich gleich übernommen (ohne Ablösesumme). Wir haben in Windeseile gelernt. Unsere mittelpreisigen französischen Boules sind nicht schlecht, aber nicht mit den teuren derselben Marke zu vergleichen. Bei unserem Können kommt es noch nicht so darauf an und wir bringen sie tatsächlich manchmal in die Nähe des Jack und sie werden gezählt. Vor allem hat es viel Spass gemacht und man hat erst noch ziemlich Bewegung dabei. Einige Tage später fordert uns unser Camping Nachbar Alan aus England und sein Kollege Bill aus Schottland auf ein kleines Match. Diesmal spielen Beat und ich zusammen, sicher, abgetrocknet zu werden. Aber nichts da, wir gewinnen 2 Durchgänge. Einige Tage später sind es 2 von 3 Spielen, entweder sind wir begabt, oder sie haben uns einfach gewinnen lassen. Am Wochenende wollen wir es wissen. Seit einigen Tagen kommt uns ein kleiner Hund besuchen, will spielen, an der Sonne liegen und geht dann weiter. Heute hat sie ein Halsband an. Wem sie wohl gehört? Auf dem Camping ist sonst strikter Leinenzwang für Hunde. Hunger scheint sie keinen zu haben. Unser Glück beim Boules spielen hat nicht angehalten. Wir haben beim letzten Match mit Alan und Bill verloren. Allerdings haben bei einem Frauen gegen Männer Match wir Frauen haushoch gewonnen. Auch ok. Beim heutigen Abwaschen erfahre ich, dass der Campingplatz seine Internetverbindung geöffnet hat und wir, zur Zeit noch, kostenlosen Zugriff haben. Wunderbar, wir schauen 10 vor 10, hören Nachrichten über DRS 3, lesen Internettagi, Blick etc. Wir sind also wieder voll auf der Höhe. Nicht dass uns die Welt draussen gefehlt hätte, wir können ja Deutsches Kurzwellenradio empfangen mit den wichtigsten Tagesneuheiten. Aber jetzt wissen wir ganz genau, wenn in der Schweiz die Strassen mit zuviel Schnee blockiert sind, oder eine Olympionikin einen „Plämpel“ gewonnen hat. Ist doch schön, nicht? Durchs interne Buschradio an der Geschirrwaschstelle erfahre ich auch, dass das Hündchen von anderen Campern Rosa getauft wurde und eine neue Heimat sucht. Sie ist aber auch ein Schatz. Beat und mir würde es den Ärmel herein nehmen, wenn wir jetzt einen Hund haben könnten, aber eben, wir möchten noch etwas Töff fahren und reisen. Leider ist es nicht ganz einfach einen Hund nach England mitzunehmen. Weil die Meisten hier aus dem Königreich kommen, finden sich keine Adoptivhundeeltern. Rosa ist in der Zwischenzeit zum Liebling aller Camper geworden und hat sich einen Platz im Kochzelt bei Val und Ian ergattert. Sie wird entwurmt, gefüttert, erhält Spielsachen und stiehlt Nacht für Nacht Schuhe und Socken, die von Campern unvorsichtigerweise draussen gelassen werden. Wir bringen ihr bei an der Leine zu gehen, auf Kommando zu sitzen und Pfötchen zu geben. Da hören wir von einer Hilfs-Organisation die Hunde wie Rosa an Deutsche und Schweizer vermittelt. Sie sind bereit Rosa auf ihre Inernetseite www.tierschutz-tarifaconil.org zu nehmen. Rosa hat es fertig gebracht, dass Camper aus England, Frankreich, Deutschland, Spanien, Finnland, Schweden, Holland, Dänemark, Schottland, der Schweiz, Kanada und Wales, die sich nie in einer Sprache verständigen können, zusammengefunden haben. Viele neue Freundschaften sind entstanden. Hoffen wir, dass sie schnell adoptiert wird, sie hat sich auch in unser Herz gegraben.
Sevilla, die Hauptstadt von Andalusien lockt uns schon lange. Wir scheuen uns einfach mit dem Auto hinein zu fahren, da wir mit unserem Citroen Bus ganz sicher nicht in ein Parkhaus passen und auf der Strasse gibt es so gut wie keine Parkplätze. Da kommt es uns gelegen, dass der Camping einen Tagesausflug plant, wir sind dabei. So, auch Graeme, der Monty bei einem anderen Hundebesitzer lassen kann. Wir streben der Kathedrale mit der Giralda zu. Wir spazieren von Seitenkapelle zu Seitenkapelle, besuchen die Schatzkammer mit Silber- und Gold-Devotionalien und gelangen durch verschlungene Gänge wieder ins Hauptschiff, wo Christoph Columbus sein Grabmal hat. Das Grabmal wurde 1892 von Kuba nach Spanien verlegt. Spanien und die Dominikanische Republik erheben je Anspruch auf das Grab von Columbus. Wer wirklich in Sevilla begraben ist, bleibt ein Geheimnis. Die Kathedrale ist riesig, überladen und etwas unpersönlich, so wie diejenige von Santiago de Compostela. Sie wurde im 15. Jhdt. auf einer alten Moschee erbaut. Teile der Moschee sind noch erhalten, so der Turm, „La Giralda“, die Wetterfahne. Der Turm wurde von den Mauren als Minarett auf römischen Fundamenten gebaut und erhielt von den Christen im 15. Jahrhundert eine 4 m hohe Statue als Windfahne, die dem Turm den Namen gab. Wir erklimmen die Spitze über 37 steile Rampen und schauen auf das alte und neue Sevilla mit all seinen Sehenswürdigkeiten hinunter.
Jerez lockt uns mit seinen Bodegas und Pferden. Tatsächlich besuchen wir eine Sherry-Bodega die eine eigene Zucht von rein schwarzen Andalusischen Pferden betreibt. Es ist erstaunlich wie gutmütig sich die Hengste benehmen. Wir treten aus einer Stalltüre und gleich daneben ist ein junger Hengst angebunden und wartet auf sein Duschbad. Er lässt sich von uns nicht stören. Die Sattelkammern und der Kutschenpark sind vom Feinsten. Die Pferde können sowohl in den Farben Spaniens, Andalusiens oder Cadiz geschmückt werden. Obwohl es noch nicht einmal Mittagszeit ist, trinken wir doch ein, zwei Gläschen Sherry bevor wir zur Vorführung der Königlichen Spanischen Hofreitschule aufbrechen. Beschwingt, auf den Rängen als auch im Sand, geniessen wir die tanzenden Pferde Andalusiens. Die Altstadt gibt nicht sehr viel her, aber der Alcazar bringt wieder neue Eindrücke und Einblicke in die maurische Bauweise und deren Integration in spätere Baustile.
Medina Sidonia und Vejer sind nur zwei der weissen Dörfer Andalusiens, die auf Hügel gebaut sind. Der quadratische Hauptplatz von Medina Sidonia lädt zu einer Kaffeepause in der Sonne ein. Danach erstehen wir einige der süssen Spezialitäten und ersteigen den Hügel zur Kirche. Medina Sidonia war einst Sitz des Herzoggeschlechts der Guzman und ist heute ein Zentrum der Kampfstierzucht. Dementsprechend reichhaltig ist die Kirche ausgestattet. Silber und Gold wohin das Auge blickt. Einzig der ursprüngliche Baumeister hat sich etwas verkalkuliert in der Länge. Sein Säulenmuster ist nicht aufgegangen und er musste mogeln. Das Flickwerk ist heute noch gut ersichtlich. Glücklicherweise hat er den Turm stabil genug gebaut, denn wir haben ihn ohne Unfall erklommen und die klare Rundsicht bewundert. Auf einmal verdunkelt sich der Himmel und ein Riesenschwarm Störche fliegt majestätisch über uns hinweg. Sie schrauben sich in der Thermik hoch und entschwinden in der Ferne. Wir fahren durch den Korkeichen Naturpark und halten am Barbate-Stausee ein gediegenes Picknick mit frischem Brot, Serranoschinken, Manchego-Käse und anschliessender Siesta auf den warmen Steinbänken.
Kaum zeichnet sich ein Happy End für Rosa ab, werden wir spät Abends vor unserem Wohnwagen von einem gepflegten langhaarigen Collie-Schäferhundmischling abgeholt und zu den WC Anlagen begleitet. Sie wartet brav bis wir wieder raus kommen und rennt uns freudig zu unserem Wohnwagen voraus. Haben wir etwas verpasst? Seit wann haben wir einen Hund? Sie hat kein Halsband, das ist schon mal verdächtig. Trotzdem legt sie sich wartend vor den Wohnwagen und beobachtet uns genau. Hat es sich in der Hundewelt herumgesprochen, dass wir ein weiches Herz in Punkto Hund haben? Wir gehen schlafen und am anderen Morgen ist die Hündin schon wieder da. Wir schätzen sie auf etwa 2-jährig, freundlich und gut erzogen. Wir enttäuschen sie und geben ihr nichts zu fressen. Gegen Mittag ist sie weg. Wir haben fast ein bisschen ein schlechtes Gewissen. Carneval in Cadiz. Letztes Jahr sind wir ja hingefahren, da wurde der ganze Carneval um 16.00 Uhr abgesagt, weil ein heftiges Gewitter über Cadiz hinweg gezogen ist. Wie wird es wohl dieses Jahr sein? Am Sonntag um 10 Uhr hängen noch schwere Regenwolken am Himmel. Um 12 Uhr, bei der Abfahrt der Busse nach Cadiz strahlt die Sonne, wie wenn nichts gewesen wäre. Cadiz ist die älteste Stadt Europas und hat dementsprechend viele verwinkelte und enge Gässchen. Wir stürzen uns ins Getümmel. Erst einmal ist bei den Engländern ein schnelles Bier angesagt, dann gehen wir an einem Stand Churros essen. Diese ölgebackenen Schlangen aus Omelettenteig mit oder ohne Zucker- oder Schokoladenüberzug sind eine nationale Spezialität von Spanien und Portugal und äusserst „gfrässig“. So gestärkt wagen wir uns in die engen Gassen der Altstadt wo überall Bänkelsänger ihre Gedichte oder Schandlieder vortragen und Theatergruppen mehr oder weniger anzügliche und musikalische Darbietungen abhalten. Auf der Plaza Flores herrscht ein solches Gedränge, dass die muskulöse Unterstützung von Rob und John, unseren Fussballmatch gewohnten Freunden, notwendig ist um uns sicher durchs Gewühl zu bringen. Auf der ruhigeren Plaza Mina ergattern wir uns einen Tisch in der Sonne und essen Paella zu Mittag. Nach verschiedenen Kaffee und Bierstopps in kleinen Bars finden wir uns um 20 Uhr zum Karnevalszug beim alten Stadttor ein. 45 Minuten lang fahren Wagen an Wagen mit phantasievoll geschmückten Carnevalsgruppen an uns vorbei. Ein ganz spezielles Sujet hat unsere Männer entzückt, sie haben ihn den Wagen der 76 Jungfrauen genannt. Träumen können sie ja..... . Heute liegt die Collie-Schäferhündin neben Pierre, einem französischen Camper, der einmal wöchentlich gratis Tanzunterricht gibt. Er tanzt aber auch sehr elegant. Der Franzose kann noch fast kein Englisch und fragt mich dann jeweils wie bestimmte Worte ausgesprochen werden. Er sagt mir, dass er die Hündin wegen Ihrer Farbe Cannelle (Zimt) nennt. Allerdings muss er jetzt umdenken. Er war beim Veterinär und die Hündin hat bereits einen Chip. Daran konnte der Besitzer, eine Deutsche Familie die im Nachbardorf lebt, ausgemacht werden. Pierre hat die Familie auf den Campingplatz kommen lassen und die haben kaltschnäutzig erklärt, dass sie den Hund nicht mehr wollten, ihr Name sei Yalla (Schnell auf Arabisch). Sie würden Pierre in den nächsten Tagen die Papiere von Yalla bringen. Auch hier ein Happy End. Aber es zeigt wie lieblos hier Tiere behandelt werden. Immer wieder werden Hunde einfach aus fahrenden Autos geworfen, auf der Autostrasse liegen dann die Kadaver herum, oder werden ausgesetzt.
Das Wetter ist dieses
Jahr eher gemischt. Wir haben keine so langen Sonnenperioden wie letztes
Jahr, aber jeden Tag zeigt sich die Sonne mindestens einmal. An einem
strahlenden Tag ist es jetzt soweit, der lang geplante „Alldayer“ ist
angesagt. Das heisst, einen ganzen Tag mit acht unserer englischen
Freunden zu Fuss auf eine Pintenkehr durch Conil. Ganzer Tag ist auch
etwas übertrieben, wir marschieren um 11.30 los.
Eines Morgens komme ich von der Dusche, noch etwas geblendet von der Morgensonne, da höre ich Beat fluchen und sehe auf dem Boden eine grosse Blutlache. Hat er mit dem Brotmesser den Finger abgeschnitten oder noch Schlimmeres? Ich erschrecke mich fast zu Tode und will schon die Ambulanz rufen. Aber die Tatsache, dass Beat noch solche Kraftausdrücke zu verwenden weiss, hält mich momentan davon ab. Ich schaue mir die Lache näher an. Beat hat offenbar schon frühmorgens einen Kampf gewonnen und scheint körperlich unverletzt aber wer war der unglückliche Gegner? Eine genauere Untersuchung ergibt, dass es sogar zwei Gegner waren, die sich unter meinem Bett versteckt hatten! Beat, der tapfere weisse Ritter hat sie beide erlegt. Er wollte etwas unter dem Bett hervorholen und hat die dünne, metallene Stütze nicht wieder eingeklinkt, sodass sie senkrecht zustossen konnte und zwei Tetrapack mit Tomatensaft entseelte. Zwei Bierdosen wurden als Kollateralschaden ebenfalls verletzt und mussten ihren Lebenssaft den Abfluss hinunter rinnen lassen. Es war eine ziemliche Sauerei.
CABO DE GATA Unser Campground liegt bei Las Negras in einer kleinen romantischen Bucht ganz für sich allein und dementsprechend ruhig. Links und rechts erheben sich rötliche, spärlich bewachsene Hügel. Die verschiedenen Anwohner haben über die Jahrhunderte Wachtürme und Forts gebaut, einer davon schaut auf uns herab, wir wollen ihn nächstens besuchen Die Welt ist klein. Bei der Einfahrt in den Campingplatz ruft jemand „Anita!“ und kommt freudestrahlend auf mich zugerannt. Es ist Doris, die Frau von Manni, einem Harley-Kollegen vom Mainhattan Chapter aus Frankfurt. Sie sind hier mit Wohnmobil und natürlich, Harley. Beim Einrangieren des Wohnwagens mit der Fernbedienung sehe ich über die Gasse noch eine Harley. Sofort gehe ich hinüber und lerne Doris und Ulli aus dem Schwabenland kennen. Die beiden sind äusserst sportlich. Beide sind ehemalige Triathleten, trainieren aber jeden Tag eisern weiter um in Form zu bleiben. Frühmorgens einen leichten Lauf den Berg hinauf, herum und wieder hinunter, dann zwei Stunden Rennrad fahren oder mit dem Mountainbike Bergstrecken bewältigen. Am zweiten Tag macht es die beiden aber doch schon an, mit der Harley mitzufahren. Nach und nach legt sich der sportliche Eifer etwas, und unsere sportlichen Aktivitäten fallen nicht mehr so ab. Manni hat bei einem amerikanischen Harley-Mech, der mitten in der Pampa eine Werkstatt und ein Kaffe betreibt, einen Hinterreifen bestellt. Ich tue es ihm gleich. Wir trinken noch ein Wasser unter dem Olivenbaum und warten der Dinge die da kommen sollen. Es scheint, dass die Lieferung mit einer Schnecke erfolgt. Während unserer zwei Wochen hier im Cabo de Gata, kommt der Reifen auf jeden Fall nicht an. Nun ja, also weiter mit Minimalprofil und vorsichtig fahren. Zuerst machen wir uns aber auf zur Bucht der Genovesen. An diesem Strand sollen vor 900 Jahren Schiffe und Soldaten von Genua, die zusammen mit Katalanen, Kastillianern, Pisanern, Navaresen und anderen Almeria überfallen haben, Zuflucht gesucht haben. Der Zugang muss aber verdient werden. Es führt nur eine holperige Naturstrasse mit einer gesunden Anzahl von Löchern hin. Da müssen wir durch und unsere Harleys auch. Hoffentlich bleiben bei uns Allen die Schrauben festgezogen. Der Ausblick aufs Meer, den Sand, die Dünen mit ihren Agaven ist schon fast kitschig. Überall strecken farbige Frühlingsblumen ihre Köpfchen aus dem hellen Sand. Ein Traum aus kleinen rosa Nelken, dunkelrotem Mohn, dunkel- und hellblauen Schwertlilien, gelben Margriten, weissen „Keine Ahnung“, rot-violetten wilden Wicken, rosa Storchenschnäbeln, violettem Lavendel alle im Miniaturformat. Wir besteigen eine der versteinerten Dünen und geniessen den Ausblick, danach setzen wir uns in den Schatten zum Pick-Nick. Es ist an der Sonne schon fast zu heiss. Wir denken an die 50 cm Schnee die es vorgestern auf Zürich geschneit hat und sind sehr zufrieden mit unserer Wahl.
Wir fahren zum Leuchtturm von Cabo de Gata und von da noch weiter zum höchsten Punkt des Parkes von wo wir eine traumhafte Aussicht geniessen. Früher waren an der ganzen Küste noch Mönchsrobben heimisch, heute gehören sie zu den gefährdeten Tierarten. Unterwegs halten wir an den Salinen an, wo noch immer Salz in grossen Mengen produziert wird. Die Salinen sind aber noch mehr. Sie sind ein ganz spezielles Ökosystem und beherbergen eine Vielfalt von Vögeln, unter anderen schwarze Störche und Flamingos, die entweder auf dem Durchzug sind oder das ganze Jahr hier leben. Wir bewundern einen ganzen Schwarm Flamingos, leider nur mit dem Fernglas, weil sie auf der anderen Seite der Salinen stehen. Zu weit für ein Photo. Wir entdecken versteckte Buchten mit einsamen Stränden, gesäumt von versteinerten Sand-Dünen. Wegen des grossen Reichtums an Rohstoffen war die Gegend sehr beliebt bei maurischen Piraten. Unter Rohstoffen verstanden sie auch Nahrungsmittel, Wasser und Sklaven. Vom 15. bis zum 18. Jahrhundert wurden immer wieder Befestigungen zum Schutz der Küste erstellt. Einige sind bis heute erhalten und erzählen ihre Geschichte. Wie der Wachtturm Torre de Fuerte de los Alumbres der 1502 zum Schutz der Bevölkerung von Rodalquilar gebaut und mit 20 Soldaten bestückt wurde. Bis 1520 funktionierte das auch sehr gut. Aber dann überranten die Piraten den Schutzturm und nahmen die gesamte Bevölkerung als Sklaven mit nach Afrika. Für 50 Jahre mussten die Minen in Rodalquilar wegen Mangels an Arbeitskräften stillgelegt werden, dann sorgten Philipp II für Sicherheit im Lande und es konnte wieder Blei, Alaun und Eisen, und Gold, abgebaut werden. Der Turm steht vernachlässigt aber noch sehr stabil zwischen Dorf und Meer und hat 6 Räume mit Gewölbedecken und meterdicke Mauern. Es ist das älteste noch stehende Gebäude am Cabo de Gata. Beim Herumkraxeln muss man aufpassen, es sind schon einige Steine aus dem Fussboden im ersten Stock herausgebrochen. Oberhalb von Agua Amarga wurde 1896 eine Verladestation für Eisenerz gebaut. Bis 1942 wurde dort Eisenerz auf einer speziell konstruierten Bahnlinie von Lucainena in den Bergen angeliefert und auf Frachtschiffe verladen. Sogar die heute noch ersichtlichen Ruinen sind imposant. Vom Vorplatz vor dem ehemaligen Bürogebäude sind die Anlagen bestens zu übersehen und man erwartet jeden Moment eine Dampflokomotive die einen Erzzug herunterbringt der hin und wieder etwas von seiner Ladung verliert. Wir haben einige Überreste davon mitgenommen. Wir fahren zum Internetcafé in Arabien. So sieht es jedenfalls aus, und tönen tut es auch afrikanisch aus dem Radio. Viele Geschäfte sind zweisprachig, Spanisch und Arabisch angeschrieben. Im Internetcafé kann ich bloss die Zahlen lesen, aber die PCs und die Verbindung sind dafür erstklassig und erst noch billig, die Betreiber nett. Dass aber auch andere Sitten herrschen können zeigt, dass einige Kunden, die zum Telefonieren hereinkommen, ihre Fahrräder mit hinein nehmen. Manchmal muss der Betreiber auch für sie die gewünschte Nummer wählen. Die Dörfer hier sind sehr stark arabisch angehaucht, die Häuser einstöckig, weiss mit Flachdach und einer kleinen Zinne. Palmen und schwarze Einwohner vervollständigen den Eindruck von exotik. Rosa hat es geschafft! Sie hat ein Heim. Der kleine Hund mit riesigem Charme hat sich ebenso ins Herz von Sabine gegraben wie in unseres. Rosa hat sich in ihren ersten zwei Wochen in Deutschland und im Schnee so gut benommen, dass Sabine’s Mutter sich bereit erklärt hat 4 Tage in der Woche auf sie aufzupassen, während Sabine arbeiten geht. Eine Hundegeschichte mir Happy-End.
Bei den Engländern gibt es zwei Arten, die Frühaussteiger und die graumelierten Pensionäre. Bei den Deutschen herrschen die Altersrentner vor. Die Engländer haben meist ein Vorzelt oder mindestens 4 Campingstühle (für Besuch), die Deutschen leben im Wohnwagen und haben höchstens zwei Stühle dabei. Die Engländer sitzen auch bei zweifelhaftem Wetter draussen, sie sind sich von zu Hause nichts besseres gewöhnt, die Deutschen trauen dem sonnigen Wetter erst kurz bevor es wieder umschlägt. Ich mache ein kleines Experiment: Ich nehme ein grosses Glas Gin Tonic und spaziere auf dem Campingplatz umher. Im englischen Platz dauert es 30 Sekunden und ich bin in eine fröhliche Runde integriert. Auf dem deutschen Platz werden die Eisstücklein in meinem Drink warm und ich trinke immer noch alleine. Ein zweites Experiment: Wir nehmen unsere Boule Kugeln und werfen den Jack aus, auf dem englischen Platz haben wir bereits Mitspieler für ein Team. Auf dem deutschen Platz hören wir nach unserem einsamen Match nostalgische Kommentare wie: „Ja, unsere Kugeln haben wir noch gar nie gebraucht.“ Die Deutschen brauchen mindestens eine Woche, wenn nicht mehr, um warm zu werden, die Engländer höchstens 5 Minuten. So ist es klar, diese zwei Spezies haben grösste Schwierigkeiten zusammenzufinden, ganz abgesehen von den Sprachbarrieren. Der ultimative, alleinschlüssige und letztendliche Beweis für unsere Theorie der verschiedenen Lebensart jedoch liefert der Brottest. Die Deutschen lieben es dunkel, sauer und schwer. Die Engländer mögen es: weiss, leicht und knusprig oder rindenlos. So ist das!!! Es gibt allerdings auch Annäherungen. Die Engländer bevorzugen roten Wein aus dem Tetrapack. Die Deutschen weissen Wein für € 1 mit Schraubverschluss aus dem Discounter. Und beide lieben Bier mit grosser Hingabe, die einen warm, die anderen kalt. Für uns heisst das wechseln vom: Vom Dolce far niente, Feste feiern, wie sie fallen, Lebensphilosophien austauschen, Spielen und angetütelt spät nach Hause zu kommen, zu: Puritanischer sportlicher Lebensauffassung, gesundem Ruhigsitzen, Frühaufstehen und verhaltenem Singen mit Schunkeln bei Sonnenuntergang, ebenfalls angetütelt. Bei aller Wissenschaftlichkeit muss jedoch auch angemerkt werden, dass es immer löbliche Ausnahmen von der Regel gibt, von einigen habt Ihr ja schon gelesen. Nun nach 14 Tagen auf einem „Deutschen“ Platz haben wir doch einige Bekanntschaften gemacht und Kollegen gewonnen und die Abschiedstour dauert ein wenig. Wir müssen in den sauren Apfel beissen, und weiter nach Norden.
FALLA DE VALENCIA
Die Figuren die bis zu 5 Stockwerke hoch sind und die ganze Breite eines Platzes einnehmen stehen inmitten der Jugendstil-Altstadt von Burriana. Wir erleben noch einige der „kleineren“ Feuerwerke, bevor wir zur Gewinnerskulptur kommen. Hier hat sich das Fernsehen angesagt und so muss das Feuer nach Takt des TV brennen warten ist angesagt. Zuerst rotes, dann grünes, dann gelbes Feuer und dann Feuerwerk, Knallerei und Farbenzauber, bis auch der Gockel an der Seite umgekippt ist. Die ganze Zeit hat die Feuerwehr die umliegenden Häuser mit Wasser besprüht, damit auch ja keine Fenster zerspringen oder Fassaden kaputt gehen. Stellt Euch das mal im Niederdorf vor..... Die letzte grosse Skulptur mit dem Fuchs und dem Schäfchen hat aber den Vogel abgeschossen. Um 1 Uhr Nachts beginnt dieses letzte und grösste Feuerwerk. Ein Blitzgewitter führt von der Falla weg, kommt als brennender Pfeil wieder zurück und entzündet ein grünes Lichterpanel, dann nochmals und diesmal wird der Fuchs getroffen. Das Feuerwerk ist auch hier von Feinsten. Eine solche Falla kostet um die SFr. 250'000 und wird von Firmen oder Konsortien gesponsert. Schon am Montag wir die Produktion der Fallas für nächstes Jahr in Angriff genommen. Die Tradition geht auf mittelalterliche Bräuche von Zimmerleuten zurück, die am St. Josephstag jeweils Sägespäne und Kleiderpuppen verbrannt haben. Unser Sechseläuten geht auf einen ähnlichen Brauch im Mittelalter zurück und beide sind in vorchristlichen Traditionen verankert. Weil wir erst um 3 Uhr Nachts ins Bett kommen, wollen wir ausschlafen und bleiben noch einen Tag. Mit Ausschlafen ist nix. Die Kinder der vielen Domingueros suchen sich vor ihrem Frühstück unsere Ecke zum lautstarken Spielen aus. Dazu fängt auch eine generatorbetriebene Pumpe an, den Graben neben dem Camping auszupumpen. Nur drei bis vier Stunden, dann ist alles wieder ruhig, wird uns versichert. Ja, und wir sind ja sowieso schon wach. Über der ganzen Gegend liegt ein grauer Schleier und es stinkt. Nicht nur vom ausgepumpten Graben, sondern von dutzenden rauchenden Industrieschornsteinen, Bauernfeuern und der Kehrichtverbrennungsgrube. Wir gehen zum Strand. Er ist steril und langweilig, ein Teutonengrill eben, derzeit ausser Betrieb. Entlang der ganzen Seefront, leere Apartmenthäuser mit geschlossenen Fensterläden. Kein Strandkaffee, kein Andenkenlädeli, nicht einmal ein geschlossenes. Nichts. Wie man hier Ferien machen kann ist mir ein Rätsel. Trotzdem betreiben die Engländer auf dem Camping eine sogenannte Rally, das heisst es sind ständig Stewards des Camping Clubs anwesend die Ausflüge, Spielnachmittage und Quizabende organisieren. Es gibt Teilnehmende die verbringen den ganzen Winter hier. Mich schaudert’s. Nichts wie weg, gen Girona.
GIRONA Der Camping in der Nähe von Girona liegt bei Calonge an der Costa Brava, ist bestens ausgeschildert, liegt in einem Pinienwald und wir suchen uns eine sonnige Parzelle aus. Die Toiletten und Duschen sind ganz neu renoviert und fast unangenehm warm beheizt. Bei 18 Grad im Freien ein ungewohnter Luxus. Ich habe eine Reihe von Büchern über Isaac von Girona gelesen, einem jüdischen Arzt, der im Mittelalter Leibarzt von Bischoff Berenguer von Girona war. Jetzt will ich selber sehen, wie es im jüdischen Viertel, dem Call, damals ausgesehen hat. Wir werden nicht enttäuscht. Die engen, verwinkelten Gässchen, alten Steinhäuser und versteckten Innenhöfe mit Zitronenbäumen oder Palmen sind immer noch da. Wir besuchen die arabischen Bäder, die Kathedrale und das jüdische Museum. Obwohl die Kathedrale während fast zwei Jahrtausenden verändert und umgebaut wurde, das Portal stammt aus dem Jahr 2003, sind immer noch grosse Teile aus dem Mittelalter und der Gotik vorhanden. Die Säulenkapitele im Kreuzgang sind mit Figuren und Geschichten aus der Bibel behauen. Auf einer bildet sich die Steinmetzgruppe gleich selber ab. Die Schatzkammer der Kathedrale beherbergt einige bemerkenswerte Stücke. Eine wunderschön illuminierte handgeschriebene Bibel von König Karl V, ein steinerner Thron und eine Statue von Kaiser Karl dem Grossen, der hier sehr verehrt wurde und ein aus Seide und Wolle gestickter Wandteppich der Schöpfungsgeschichte aus dem 11. Jhdt. Erstaunlich, dass alles noch in so excellentem Zustand zu besichtigen ist. Vor lauter Kultur nagt der Hunger schon ganz gewaltig. Ein Restaurant bietet Fideua an, fast wie eine Paella, nur anstatt Reis mit feinen Nudeln. Letztes Jahr sind wir ja gewaltig hereingefallen, als die Nüdelchen alle kleine schwarze Augen hatten und sich als winzige Fischchen herausstellten. Diesmal aber sind es echte Fideli aus Hartweizengries. Schmeckt wunderbar. Draussen wird es dunkel und es donnert. Wir retten uns gerade noch ins jüdische Museum, das einen weiteren Einblick ins Leben dieses Viertels im Mittelalter gibt. Besonders schön sind die kleinen Gärtchen in Innenhöfen auf verschiedenen Ebenen. Mittlerweile regnet es in Strömen und ich habe weder Regenschirm noch Regenjacke dabei. Vielleicht hört es ja bald wieder auf. Wir nehmen uns Zeit, aber dann findet Beat, der Regen habe nachgelassen. Er zieht seine Regenjacke über und schreitet voran. Es regnet immer noch und es hat ziemlich abgekühlt. Ich eile tapfer hinter Beat drein. Weil der zentrale Parkplatz überfüllt war, haben wir etwas ausserhalb geparkt. Jetzt dünkt mich der Weg doppelt lang, während mir das Wasser den Nacken hinunterläuft. Beat findet, dass meine Haare ja so fein sind und deshalb schnell wieder trocknen werden und lässt ein lockendes Kaffee links liegen. 15 Minuten später sind wir beim Auto, da hört der Regen auch schon auf. Beat hängt seine tropfnasse Regenjacke hinter seinen Sitz und erinnert mich fürsorglich daran, dass Regen schön macht. Da habe ich aber wieder viel davon....... Ich drehe die Heizung auf und trockne mich im warmen Wind jetzt wären mir die geheizten Duschräume des Campings gerade recht.
NIMES Fast etwas versteckt ist ein grosser Naturlehrpfad über die Garrigues, die hügelige Gegend hier und das bäuerliche Leben der letzten 2000 Jahre angeschlossen. Mit Illustrationen, Photos aus der Zeit und Erklärungen erwachen die Trockenmauern, Weizenfelder, Reben, Fruchtkulturen, das Köhlerhandwerk, die Trüffelsuche und die Schafzucht zu neuem Leben. Das meiste wurde seinerzeit von den Römern ins Land gebracht. Am Ausgang stehen drei knorrige dicke Olivenbäume. Der älteste ist 1100 Jahre alt, sein Stamm ist 5 m dick und seine Krone hat einen Umfang von 15 m. Ein würdiger Zeuge, des Kommens und Gehens hier am Pont du Gard.
Von Nimes aus geht es in Riesenschritten heimwärts. Unterwegs blühen nun auch hier die Mandelbäume, aber schon in der Umgebung von Lyon ist immer noch Kahlheit angesagt bei den Bäumen. Wir begegnen wieder den dicken Tauben, die uns bei der Hinfahrt im November in Vogelgrippefurcht gestürzt haben. In Nimes haben wir einen toten Spatz bei den Toiletten liegen sehen. War der nun ein Opfer des H5N1 Virus? Wir haben den ganzen Winter nicht viel davon gehört und bestens damit gelebt. Aber ich fürchte, dass uns das wirkliche Leben bald wieder einholen wird. |