Run to the Sun 04/05
Das Vorzelt
Unser erster Campingplatz in
Cannobio am Lago Maggiore ist winzig aber er hat Strom, eine warme Dusche
und ein WC, und die Hauptsache, er ist offen. Die Einfahrt ist etwas
abenteuerlich über eine steile Rampe. Die Stellplätze sind Wiesland, das
heisst zur Zeit sind sie eher sumpfig. Wir mit unserem grossen Gespann
haben etwas Mühe. Aus der Bar und dem ausgezeichnet assortierten Dorfladen
kommen sofort hilfreiche Schieber daher. Wir stellen im Dunkeln sogar noch
das Vorzelt auf, gleich wird es heimelig.
Am nächsten Morgen
gehen wir in den Ort spazieren. Es tröpfelt ein wenig, dann kommt Wind auf
und die Sonne zeigt sich. Auf dem See surfen zwei Verrückte. Sie wagen
sogar Salti in den hohen Wellen. Der Wind nimmt Sturmstärke an. Wir eilen
zum Camping um nach unserem Vorzelt zu sehen. Es steht noch. Der Orkan
rüttelt mächtig am Wohnwagen, zum Glück bläst er schräg von Vorne und
nicht volle Breitseite. Wir entschliessen uns die Segelfläche zu
verkleinern und öffnen die Seitenwände. Das hätten wir besser unterlassen,
jetzt surft der Wind direkt unters Vorzelt-Dach. Es geht nicht lange, da
knallt die erste Stange gegen den Wohnwagen, und das Vorzelt droht
abzuheben, jetzt nichts wie abbrechen.. Gerade noch mal geschafft ohne
Schaden davon zukommen.
Ausflüge von Buena Vista in
Ceriale
Bei dem schönen Wetter
reinigen wir zuerst unseren Wohnwagen aussen vom gröbsten Reisedreck, dann
brechen wir auf in die Berge. Die Strasse nach Garessio geht steil und
kurvenreich bergauf. Die Wälder zeigen ihre schönsten Herbstfarben. Auf
dem Passo San Bernardo (958m) machen wir Pause und gehen in der Bergwelt
etwas spazieren. Mich erwischt ein Hexenschuss. Garessio entpuppt sich als
mittelalterliches Städtchen an der damaligen Salzstrasse. Schön renovierte
Häuser aus der Zeit und kleine, mit schwarz und weissen Steinen
gepflasterte Plätze vermitteln ein authentisches Bild von vergangener
Grösse. Der Rückweg führt uns bis Pieve di Teco aus dem späteren
Mittelalter. Wir flanieren den kleinen Geschäften unter den Bogenlauben
entlang und finden eine Apotheke die den Hexenschuss kurieren hilft.
Alassio der mondäne Badeort früherer
Epochen an der ligurischen Küste lockt uns an seinen halbmondförmigen
Sandstrand. Der Ort hat sich sehr gut gehalten. Das Jugendstil Grand Hotel
wird ganz neu renoviert und im Jahr 2005 glänzend wiederauferstehen. Es
ist etwas diesig und ein Nordwind bringt kühlere Luft, aber das kann uns
nicht davon abhalten in einem Strandcafé an der Sonne eine ausgezeichnete
Pizza zu Mittag zu essen.
Auch an der
ligurischen Küste kann es Wolken und Nebel haben, trotzdem ist es noch
immer angenehme 14 C. Wir schauen uns die römische, mittelalterliche und
renaissance Altstadt von Albenga an. Die engen Gässchen und
zusammengebauten Häuser versetzen uns schnell in die Vergangenheit. Zu
Ritters Zeiten baute man die Gassen im Bogen damit ein Feind mit Pfeil und
Bogen nicht weit schiessen konnte. Das war auch später in der Zeit der
Pistolen-Duelle sehr hilfreich.
Der Reserveschlüssel
Wir beenden unseren ersten Tag
als Camper mit einem kleinen Grappa und erfreuen uns an all den neuen
Eindrücken und Erfahrungen die wir heute gemacht haben. Kurz vor dem
Schlafengehen wandere ich zur Toilette und erschrecke nicht schlecht, als
mir Beat mit kreideweissem Gesicht entgegenkommt. Er fragt mich nach dem
Ersatzschlüssel. Der befindet sich in meiner Handtasche und die wiederum
ist im Wohnwagen. Er hat uns aus dem Wohnwagen ausgeschlossen. Libby ist
drinnen an der Wärme, wir sind draussen in der Kälte so eine Sch...... Von
Fenster einschlagen ist die Rede und weitere Möglichkeiten werden
evaluiert. Es wird schnell klar, da kann nur noch der Spaten Abhilfe
schaffen. Im Nu ist die Türe aufgestemmt, praktisch ohne Schaden. So
einfach haben es auch die Einbrecher. Wir werden uns ein besseres Schloss
anschaffen, aber dann kommen wir vielleicht auch nicht mehr hinein?....
Mercato in Cannobio
Markt in Cannobio. Funghi,
Parmesan und Balsamico sprengen unser Budget. Libby benimmt sich
vorzüglich an der Leine. Die vielen Leute scheinen sie nicht zu nerven.
Dafür freut sich jeder Zweite am Beagle, streichelt sie und lässt seinen
eigenen Vierbeiner an ihr schnüffeln. Ihr scheint’s zu gefallen. Cannobio
hat eine sehr malerische Altstadt mit verwinkelten Gässchen und allerlei
kleinen Geschäften. Wir erkunden es soweit uns die Füsse tragen. Ein
Prosecco an der Uferpromenade in der Mittagssonne ist der pure Luxus und
erweckt unsere Lebensgeister wieder. Die Pasticceria Castello an der
Seepromenade hat ausgezeichnete Amaretti mit verschiedenen Füllungen, Rum,
Cointreau, Lemoncino etc. Wir genehmigen uns ein paar Versucherli. Es
schmeckt nach mehr.
Nobles Nizza – Mondänes Monaco
Jetzt sind wir also bei Nizza
in Frankreich. Man merkt es sofort, die grossen
Geschäfte sind am Sonntag
nicht geöffnet. Der Campingplatz am Hippodrom von Villeneuve-Loubet ist
ausgezeichnet ausgerüstet. Geheizte Duschen, ein lange vermisster Luxus,
genügend Strom und ein geheiztes Hallenbad locken auch Überwinterer an.
Das Meer versteckt sich allerdings hinter riesenhaften Apartmentsilos.
Nizza weint in Strömen. Hoffentlich
nicht, weil wir jetzt hier sind. Wir fahren über die Promenade des Anglais
dem Meer entlang und sind wie immer enttäuscht von der Leere die Nizza
verströmt. Über die Moyenne Corniche führt unser Weg nach Villefranche sur
Mer. Dort besuchen wir Freunde in
Ihrem schönen Haus mit Meerblick. Wir
haben uns schon lange nicht mehr gesehen und es gibt viel zu
erzählen. Wir
essen einen wunderbaren Loup de Mer vom Grill und schauen dabei auf den
geschützten Hafen von Villefranche; der Nachmittag vergeht im Fluge. Nur
der Regen hält auch am Abend an.
Blauer Himmel blitzt hinter dunkeln
Wolken hervor, aber abgekühlt hat es sich. Wir fahren nach Monaco zum
Lunch. Die berühmte Corniche lockt uns. Unser Mitsubishi Pick-up Diesel
gibt sein Bestes, aber er verpasst Schumis Bestzeit knapp. Der
Piratenfelsen ist mit tiefen Wolken verschleiert. Am Quai, gleich neben
den Maxi de luxe Yachten spachteln wir genüsslich mit Silvia, meiner
früheren Arbeitskollegin, das Menu du jour mit kalorienreichem Dessert.
Als sich endlich die Wolken lichten, sind tatsächlich die Hügelkuppen um
das Fürstentum weiss verzuckert. Schnee!!! An der Côte d’Azur!!!! Im
November!!! Affreux! Wir werden bald weiter dem Süden zu ziehen.
Duftende Provence
Bei der Ankunft im Camping
Canet Plage scheint die Sonne und nur wenige Wolken trüben das Bild etwas.
Wir stellen den Wohnwagen direkt ans Ufer des Etang und bewundern erst
einmal die Aussicht. Die Rhonemündungen haben die Gegend hier am Eingang
zur Camargue geprägt. Felsdurchzogene Hügelzüge, Weinberge und Olivenhaine
umrahmen den Etang. Wir erkunden die Umgebung und spazieren durch einen
alten Olivenhain am Ufer des Etang. Leere Schrotschusshülsen zeugen von
einem regen Jagdleben. Für uns hält der Hain frischen Rosmarin und Thymian
bereit mit dem wir unseren Fisch für das Abendessen würzen. So gegen
Mittag sind wir bereit für eine ausgedehnte Wanderung in die umgebenden
Hügel. Mergelgestein und rote Erde bringen Rosmarin, kleine stachelige
Eichenbüsche,
Thymian, Ginster und anderes Grünzeug hervor. Die Wühlspuren
im Boden und die kleinen, grösseren und ganz grossen Trittspuren im
regenfeuchten Boden lassen uns vor Wildscheinen auf der Hut sein. Libby
würde uns ja sicher verteidigen wollen, aber ob sie es schaffte? Wir
geniessen die grossartige Aussicht auf die „Bouches du Rhône“ und
genehmigen uns auf der Heimfahrt einen Abstecher ins Wein- und Olivengut
Château Virant. Wir degustieren der verschiedenen Extra Vergines
Olivenöle, wie gute Weine. Es gibt Öle die aus einer einzigen Olivensorte
gepresst werden, und solche die kunstvoll aus verschiedenen Sorten
zusammengestellt sind. Ein Stücklein Brot ins Öl getunkt, dann auf der
Zunge vergehen lassen und den Abgang beurteilen. Für mich neu ist, dass
bestes Olivenöl etwas bitter und scharf im Abgang ist.
Für morgen ist
Mistral angekündigt, also stellen wir wieder einmal unser Vorzelt auf.
Wäre doch gelacht, wenn wir das Ding nicht sturmfest sichern könnten. Ein
farbenprächtiger Sonnenuntergang beendet diesen Tag. Wir feiern ihn mit
einem Glas Muscat.
Shopping Frenzy
Die riesigen Shopping Centers
in Italien und vor allem Frankreich verführen uns zu immer neuen
Einkaufsorgien. Speziell hervorgehoben hat sich das top moderne Coop
Center in Italien. Stammkunden kaufen mit einem Computerscanner ein und
müssen nicht mehr an der Kasse anstehen. Die Einkäufe werden einfach aus
dem Scanner ausgelesen, der Kunde bezahlt und Finito. Manchmal gibt es
Kontrollen wegen der wenigen unehrlichen Benutzer aber sonst, alles
paletti.
Alcampo hat nun wirklich alles. Vom
Fernseher zu Rosensetzlingen und Winterkleidern, über Bettwäsche,
Autozubehör, Haushaltartikeln schlussendlich zu Lebensmitteln. Diese
umfassen das ganze mediterrane Sortiment und alle erdenklichen
Spezialitäten aus den Kochtöpfen Arabiens, sogar Diätfondue aus der
Schweiz. Die riesige Auswahl überwältigt uns, es ist wie im
Schlaraffenland. Produktevielfalt von der wir in der Schweiz noch nicht
einmal träumen.
Das leidige Elektrisch
Elektrisch ist für mich ein
Buch mit sieben Siegeln. Gestern Abend hatten wir auf einmal kaum mehr
Licht. Der Camping Chef, seines Zeichens Nuklear-Ingenieur und Elektriker
hat alles geprüft und festgestellt, dass unsere Zusatzbatterie viel zu
heiss ist und sich entladen hat. Wir haben also die Nacht abgewartet aber
heute früh, dasselbe Bild. Weil sich solche Defekte meist nicht von selber
heilen, haben wir den Campingchef wieder bemüht. Er hat einfach die
Zusatzbatterie und das Ladegerät abgehängt. Glücklicherweise war die
ursprüngliche Installation noch intakt. Einzig die Duomatic hat keinen
Pfus mehr, offenbar wurde sie nur an die Batterie angehängt. Wir haben
noch weitere kleinere Unannehmlichkeiten, die allesamt auf fehlerhafte
elektrischen Installationen beruhen. Zum Beispiel wird unser Kühlschrank
während der Fahrt nicht gekühlt. Wir hoffen nun, dass wir immer
Campingplätze mit genügend Strom finden um Heizung, Wasser und Licht zu
haben. Für die nächste grosse Fahrt beschliessen wir, uns einen Generator
anzuschaffen.
Das Stützrad
Die Abfahrt in Canobbio war
mit einigen Schwierigkeiten verbunden. Wir mussten den Caravan von Hand
drehen, aber schon waren wieder hilfsbereite Leute da. Alles gut gegangen,
dachten wir, bis wir auf der sehr engen Seestrasse Richtung Gravellona ein
komisches Schleifgeräusch hörten. Es hat dann wieder aufgehört, aber auf
der Autobahn hat es sich ganz dramatisch wieder gemeldet. Auf der nächsten
Notfallausbuchtung haben wir angehalten und dann war es klar: Wir hatten
kein Stützrad mehr am Wohnwagen. Die Achse war uns noch geblieben..
Wahrscheinlich haben wir vor lauter hilfsbereiten Menschen nicht nochmals
alles kontrolliert und die Schraube zu wenig angezogen. Ohne Stützrad ist
der Wohnwagen von Hand nicht manövrierbar. Eine Tatsache, die uns noch ins
Schwitzen bringen wird.
Enge Strässchen
Wir setzen unsere Fahrt
Richtung Süden fort. Ein kurzer Mittagshalt muss genügen, wir wollen nicht
bei Dunkelheit ankommen. Die Zufahrt zum Camping ist äusserst eng. Links
und rechts begrenzen grob behauene Steinmauern das schmale Strässchen
durch die Rebberge. Beim Kreuzen mit einem entgegenkommenden Polizeiauto
wollte Beat höflich sein, und hat uns rechts an der Bollensteinwand
festgefahren. Diesmal springen Chauffeure ein und wollen den Wohnwagen
abkuppeln und von Hand wieder flott machen. Aber ohne Stützrad geht das
nicht. Also weisen sie uns Millimeter um Millimeter, Vorwärts – Rückwärts,
Vorwärts - Rückwärts aus dieser misslichen Situation auf den richtigen
Weg.
Die Besitzer des
Campings haben uns die nächstgelegene Wohnwagenwerkstatt angegeben, wo wir
wieder ein Stützrad auftreiben konnten. Es ist etwas zu schmal für die
Achse aber die notwendigen Unterlagsscheibchen haben sich in der nächsten
Stadt auch finden lassen.
Lichtdurchflutete Camargue
Da es südlich von Arles keine
Brücke mehr über die Rhone gibt, nehmen wir die kleine Fähre, die uns
direkt in die Camargue führt. Über drittklass Strässchen fahren wir vorbei
an haushohen Schilfrohren; dahinter verstecken sich schwarze Kampfstiere
und weissgraue Camargue Pferde. Bald scheint der Etang de Vacarès durch
und die Vierbeiner werden von Zweibeinern abgelöst. Tausende von
Kormoranen, Blesshühnern und anderen Wasservögeln tummeln sich in
Ufernähe, etwas weiter draussen fischen weisse und graue Reiher. Dann, in
einer Bucht für sich, stehen die ersten rosa Flamingos. Ein faszinierender
Anblick, den man eher in den Tropen erwartet. Wir besuchen wieder einmal
Les St. Maries de la Mer. Heute ist es ausgestorben und wartet wieder auf
seine Zigeuner und die Prozession im Mai zu Ehren der heiligen Sarah, der
schwarzen Zigeuner-Madonna. Wir können die von den Kerzen verruste
Wallfahrtskirche ganz in Ruhe betrachten. Auf dem Nachhauseweg fahren wir
noch einmal an einer grossen Flamingokolonie vorbei. Diesmal leuchten sie
mit der Abendsonne um die Wette.
Der nächste Platz
Wir suchen uns jeweils auf der
CD von ACSI am PC den nächsten Campingplatz aus. Diesmal soll er am Meer
liegen. Pro Reisetag rechnen wir mit 300 bis 350 km. Die schaffen wir
locker und kommen immer noch zu einer Zeit an, wo wir uns einen freien
Platz aussuchen können. Es schadet auch nichts, etwas Reservezeit zu
haben, wie die beiden vorhergehenden Saga beweisen.
Es lohnt sich den anvisierten
Campingplatz anzurufen. Unser Favorit hat gemäss Führer das ganze Jahr
über geöffnet. Ausgerechnet diese Woche ist der Platz geschlossen, sie
machen Reparaturarbeiten. Ein weiterer Campingplatz existiert nicht mehr,
und einer hat diesen Winter beschlossen seine Tore doch nicht zu öffnen.
Andererseits wurde
uns von englischen Campern versichert, dass ein anvisierter Platz nicht
mehr existieren würde, das hätte ihnen ihre Caravan Vereinigung
geschrieben. Wir haben trotzdem angerufen und siehe da, der Camping war so
offen wie eh und je, er wird sogar noch ausgebaut. Wir gehen der
Falschmeldung auf den Grund. Anscheinend hat letztes Jahr die englische
Vereinigung ein Treffen organisiert und eine Anzahl Plätze reserviert.
Weil aber nicht genügend Teilnehmer eintrafen, hat der Verein die übrig
gebliebenen Plätze nicht bezahlt. Daraufhin weigerte sich der Platz dieses
Jahr wieder ein Treffen zuzulassen. Für uns war dies einer der besten
Plätze die wir angetroffen haben, die Engländer haben auch dieses Jahr
jede Menge interessante Aktivitäten organisiert: Wandern, Aquafit,
basteln, Whist spielen, einen Bücheraustausch etc.
Gentleman Graeme und Monty
Ein Schwatz mit Graeme, einem
ehemaligen Verleger aus England und stolzem Besitzer des Harry Potter
Caravans, und seinem prachtvollen Golden Retriever Monty unseren
Strandaufenthalt. Ein weiteres Glas Sangria muss her.
Wir sitzen nach dem
Essen mit einem kleinen Whysky zusammen. Monty legt sich bodenfüllend
zwischen unsere Betten. Nach dem ersten Glas holt Graeme einen seiner 26
Glaskaraffen herüber und wir genehmigen uns einen weiteren Malt. Es ist
auch für Graeme die erste grosse Caravanreise ins Ausland. Dementsprechend
hat er vorgesorgt. Er reist mir 3 verschieden warmen Duvets, 28 Hemden, 12
passenden Hosen, 6 Blazern und Jacken, 38 Unterhosen, einem Bügeleisen und
Bügelbrett und eben 26 Karaffen voll besten Whisky’s als Gesellschaft.
Nach einer kleinen akademischen Diskussion lenkt er ein und gesteht, dass
er erst etwa 5 verschiedene Hemden getragen hat. Wenn er jeweils seine
Unterhosen waschen will, braucht er eine entsprechend grosse
Waschmaschine. Er gelobt in Zukunft Besserung.
A day at the Camp
Bei strahlender Sonne machen
die Haushaltarbeiten, wie Abwaschen am Heisswasserhahnen im Freien, Küche
aufräumen, Duschtücher in den Wind hängen etc. viel mehr Spass. Wie
ungemein befriedigender ist es doch eine Leine frisch gewaschener Socken,
Pyjamas und Hemden im Wind flattern zu sehen, als sie einfach im Tumbler
zu trocknen. Falls unsere Wäsche doch noch nicht ganz trocken ist, derweil
es wieder geregnet hat, hängen wir sie in unseren Kleiderschrank im
Wohnwagen. Der wird voll beheizt und dient dann als Trockenschrank.
Überhaupt nimmt der täglich zu erledigende Kleinkram ziemlich viel Zeit in
Anspruch, obwohl wir eine perfekte Arbeitsteilung haben. Beat kocht, ich
wasche ab und räume die Küche auf. Er saugt und putzt den Boden, ich gehe
mit Libby Gassi. Er holt Wasser, ich staube ab. Er leert das WC, ich
wasche die Wäsche, Beat verfeinert seine Photos auf dem PC und ich sitze
in der Sonne und lese.
Das Camperleben
beschert auch völlig unspektakuläre Tage. Brot, Briefmarken und die
neueste Ausgabe des Spiegel kaufen, geschäftliche Telephonate und Emails
beantworten, bzw initiieren, eine Französisch-Übersetzung für einen Kunden
sicherheitshalber von einer Französin checken lassen; bei einer
holländischen Camperin während einer Stunde lernen wie man Rummy-O spielt,
etwas an einem Mediationskonzept arbeiten und einfach leben; dann zum
Hauptevent des Tages, einem 2-stündigen Strandmarsch aufbrechen.
Samichlaus in St. Chamas
In St Chamas ist
Weihnachtsmarkt, nichts wie hin. Das kleine Städtchen hat es in sich. Die
Römer bauten die Flavianus Brücke, die bis heute in einwandfreiem Zustand
erhalten ist. So etwa 1600 Jahre später bekam St. Chamas das Recht eine
Pulverfabrik aufzustellen. König Ludwig XIV musste sogar das Wasser
bezahlen, welche die Fabrikation antrieb. 1970 schlug dem Pulver die
letzte Stunde. Heute besteht auf dem Gelände ein riesiges Naturreservat
welches, was für ein Glück, gerade heute offen ist. Wir erkunden es
ausführlich. Abgestorbene Bäume werden von Efeu umschlungen. Eichen,
Schilf und Kastanienbäume regieren über Brombeer und anderes Gesträuch.
Für Wildschweinwechsel sind extra Öffnungen im Zaun eingerichtet. Zurück
im Hafen kommen wir gerade zurecht wie Papa Noel mit einer grossartigen
Yacht einfährt und im Schlitten von Mama Noel und Rudolf dem red nosed
Raindeer und den Elfen unter Musikbegleitung ins Städtchen geleitet wird.
The honorable Vivian
Unsere neuen Nachbarn in St. Chamas, ein pensionierter, englischer zweiter
Sohn eines Lords, seine norwegische Frau, die Schwägerin und eine sonnen
bebrillte Dame, haben sich am Morgen für den Lärm in der Nacht
entschuldigt, Sie hatten halt eine heftige Diskussion. Wir lassen zur
Versöhnung alle unsere Hunde, zwei Border Terrier und Libby zusammen in
den Olivenhain. Dazu gesellt sich ein französischer Mischlingshund etwa
gleicher Grösse, der sich in das Auto seines Besitzers geschmuggelt hat.
Normalerweise wohnt er in der Bretagne, weil Herrchen jedoch einige Zeit
hier im Süden arbeitet, wollte er ihn begleiten.
Booze
Dave und Carol schauen kritisch auf das grosse Glas mit Eiswürfeln und
einer weissen Flüssigkeit in meiner Hand. Wir haben eben den Wohnwagen im
Camping La Rosaleda in Conil einrangiert und ich gehe mit meinen Gin Tonic
einige Schritte auf die Gruppe fröhlich zechender Engländer zu. Da wird
mir schon ein Campingstuhl angeboten. Offenbar haben Sie meinen Drink
wohlwollend akzeptiert. Beat füllt noch Wasser in den Tank und wird dabei
auch gleich gepackt. Nach 3 Stunden haben wir zu Acht, einen 5 l Bidon und
etwa 12 Flaschen Roten und 2 Flaschen Weisswein, der mit dem Roten
gepanscht einen farblich sehr schönen Rosé abgab, intus. Dave holt seine
Gitarre hervor und singt das Lied vom Dump a Lump, ein etwas anrüchiges
Chanson von der Beseitigung menschlicher Abfallprodukte. Bald können wir
den Refrain mitchrächzen. Dave war in seiner Jugend Mitglied einer
renommierten Band, Dave, Dick.....Dozy ........ etc. Er war Dozy und sieht
jetzt auch etwas schläfrig aus. Beat schafft es noch uns Spaghetti zu
kochen, abwaschen werden wir erst morgen.
Für Sonntag haben wir zu einem Bar B Q
bei John und Jill abgemacht. John und Jill haben ihren Wohnwagen auf der
sonnigen und windabgewandten Seite von La Rosleda platziert. Wir packen
Stühle, Tisch, Grill und zu Grillendes auf den Pick-up und fahren von der
Hundeseite auf die Hundefreie Seite des Platzes. Dave und Carol sind
bereits da. Alle haben sich vorgenommen, heute weniger Alkohol zu trinken,
wegen den atmosphärischen Störungen am nächsten Tag. Keiner hat sich daran
gehalten. Wir sind in bester Gesellschaft und mit britischem Humor.
Allerdings ist davon nur wenig druckreif. Vielleicht die Geschichte mit
dem Pastor? Nein, die muss man demonstrieren. Fragt mich das Nächste Mal
wenn ihr mich seht. Die britische Campinggemeinschaft ist trink und
party-fest.
Am Fuss der Pyrenäen
Wir fahren über die Berge Richtung Tautavel. Das sind ideale Töffstrassen.
Schöne Kurven, kein Verkehr und wunderbare Aussicht. In Tautavel besuchen
wir den ältesten Franzosen. Er ist 450'000 Jahre alt und hat in der Nähe
eine Höhle bewohnt. Sein Museum ist leider auch schon etwas angestaubt.
Trotzdem ist es beeindruckend einem so alten Vorfahren zu begegnen.
Das Dali Museum in Figueiras lockt uns.
Was für ein wildes Gebäude, passend zu seinem Schaffen. Seine
Schmuckstücke, besonders das bewegte Herz sind grandios. Wir verfolgen
eine Schulklasse die von einer Museumsangestellten in Catalan sehr
lebendigen Kunstunterricht erhält. So sollte es an allen Schulen sein. Den
Heimweg nehmen wir der malerischen Küste entlang und machen einen Halt in
Colllioure mit seiner ehemaligen Tempelritterburg und der Barockkirche am
Hafen. Die Burg ist leider schon geschlossen aber die Konditorei ist noch
offen. Wir versuchen die Spezialität der Gegend, „Jesuiten“ ein
bröckelndes, süsses Mandelgebäck.
Wasser
Wir haben einen 40 l
Wassertank im Wohnwagen der ab und zu gefüllt werden muss. Beat trägt dann
drei 12 l Wassersäcke vom Brunnen und füllt sie ein. Die Entlüftung im
Einfüllschacht funktioniert nicht besonders, weshalb das Wasser nur
langsam einfliesst. Heute pressiert’s und Beat öffnet den Deckel des
Tankes unter meiner Sitzbank damit das Wasser schneller einläuft. Es kommt
wie es kommen musste. Weil der Tank nicht ganz leer ist und es von aussen
schwierig ist abzuschätzen wie viel noch reingeht, haben wir eine kleine
Sintflut im Wohnwagen. Zum Glück haben wir keine Teppiche und das Wasser
ist schnell aufgemoppt.
Auf der Heimreise
erwischt uns in Lausanne nachts ein strenger Frost. Als ich am morgen die
Zähne putze läuft das Wasser nicht mehr ab. Am Auslaufstutzen hat sich ein
dicker Eispfropfen gebildet. Nichts ist mehr mit schnell noch etwas putzen
oder abwaschen. Ich wollte die zwei Tassen vom Frühstück ja sowieso im
geheizten Gemeinschaftraum abwaschen
Cacao in Cuneo
Der Himmel ist wieder klar und
wir fahren nochmals in die Berge, diesmal nach Cuneo. Der Einfluss der
verschiedenen Königshäuser und Bischöfe, welche das Geschick von Cuneo und
seiner Umgebung geprägt haben ist allgegenwärtig. Ein riesiger Prunkplatz
mit Palazzi zu allen Seiten und Prachtsstrassen führen in die Altstadt,
welche mit Trottoirs unter Bogengewölben und traditionell aufgemachten
kleinen Läden aufwartet. Das Caffé Bruno besteht seit 1864, wurde von
einem Schweizer Confiseur und Chocolatier gegründet und ist immer noch in
Familienbesitz. Der Gründer war königlich savoyischer Hoflieferant. Seine
heisse Schokolade ist heute noch mehr als eine Sünde wert. Sie ist dunkel,
süss und vor allem dick wie eine Creme.
Bei Franco Ariano
kaufen wir hausgemachte Gänseleber mit Feigenkompott und Rohschinken ein.
Libby ist auch in der Metzgerei willkommen und bekommt Wurst- und
Schinkenstückchen. Sie würde hier wieder einkaufen, wir auch. Italien ist
überhaupt sehr hundefreundlich. Eine Wirtin brachte es auf den Punkt: Sie
kennt die Namen der Hunde, denn wenn es ihnen im Restaurant wohl ist,
kommen die dazugehörenden Menschen auch wieder.
Reus und Tarragona
Bei den milden Temperaturen
von 17 C (im Schatten) geben wir dem Wohnwagen wieder einmal eine
gründliche Reinigung, danach steht Reus auf dem Programm. Gaudi wurde hier
geboren. Verschiedene seiner Kollegen haben um die Jahrhundertwende 19tes
zum 20ten den Modernismo, die spanische Interpretation von Jugendstil
entworfen. Wir machen einen Spaziergang und besuchen einige der
einzigartigen, gut erhaltenen Häuser.
Tarragona brilliert mit seiner Kathedrale
welche noch Elemente einer Moschee aus dem 12. Jahrhundert im Kreuzgang
beherbergt. Die ganze Altstadt en Schmelztigel von römischen,
mittelalterlichen und maurischen Elementen. Einige Kilometer ausserhalb
schwingt sich der grösste Aquädukt von Spanien über eine Schlucht. Er
verband eine 35km lange Wasserleitung nach Tarragona.
Carol und Andy
Wir verstehen uns vom ersten Moment an prächtig mit unseren Nachbarn
in Cuevas Mar, Andy, Carol und Catie einer älteren, faulen und charmanten
Spanieldame. Carol fertigt Mohair Teddybären für Sammler an und hat auch
Miniatur Möbel für Puppenstuben etc. gefertigt. Dazu kocht sie wunderbar.
Bei unserer Rückkehr nach Cuevas Mar auf unserer Heimreise lädt sie uns
spontan zu Brathähnchen und Kartoffeln ein. Ein Genuss. Andy muss leider
zum Arzt. Ich begleite ihn zum lokalen Gesundheitszentrum. Andy hat eine
starke Bronchitis und spricht kein Spanisch. Der Arzt ist Spanier und
spricht kein Englisch, also komme ich mit zum Übersetzen. Wir sind Nummer
eins auf der Liste, dank dem Krankenpfleger, der Andy schon am Wochenende
mit Sauerstoff und einer Spritze pro Tag versorgt hat. Nach drei Tagen
geht es ihm glücklicherweise wieder besser.
Wir gehen zusammen
zum Essen zu Eugenio, eine Arbeiterbeiz. Ein Menu mit drei Gängen und
einer riesigen Auswahl, Wein, Wasser und Kaffe für 10 € pro Person. Zum
Dessert gibt es Pa Calatrava, die lokalen Dessertspezialität. Sie besteht
aus Brotkuchen und Flan mit Karamellsauce. Göttlich süss. Wir essen Abends
nur noch je einen selbstgebackenen Scone von Carol, mehr liegt nicht drin.
Hast Du nichts vergessen?
Mittlerweile haben wir unsere
Liste der vor der Abfahrt zu kontrollierenden Dinge verdoppelt. Wir machen
heute Abend den Wohnwagen schon transportfähig, das heisst, die PC’s
werden versorgt, die Früchteschale in einen Plastiksack gesteckt, das
Radio unter mein Bett verpackt und, als Letztes, die Bar unter Beat’s Bett
verstaut. Morgen früh dann nur noch Frühstücken, Abwaschen, Tisch
herunterlassen, alle Kästen verschliessen, Seife im Bad wegschliessen,
Stützen hinaufziehen und.... Eben. Ich habe noch nach Wochen letzte
Couscous und Meersalzkörner gefunden, als wir vergessen hatten die
Schranktüre mit den Vorräten zu arretieren.
Nach fast 10'000 km
mit Wohnwagen fühlen wir uns schon fast wie Profis. Vor dem Hochmut kommt
der Fall. Kaum auf der Autobahn schaue ich kontrollhalber nach hinten. Mir
fällt ein dunkles Ding auf dem Dach des Wohnwagens auf und wir steuern
sofort den Pannenstreifen an. Anfängerfehler Nummer 15: wir haben die
Dachluke nicht verschlossen und sie hat sich im Fahrtwind aufgestellt.
Glücklicherweise ohne weiteren Schaden. Wir fahren etwas bescheidener
weiter und kontrollieren sicherheitshalber noch den Ölstand und die Luft
in allen 6 Reifen auf der nächsten Raststätte.
Herrmann und der Findelhund
Beim Spaziergang am Strand treffen
wir einen kleinen Hund und seinen braungebrannten pensionierten Besitzer
mit listigen Schelmenaugen. Als er sieht, dass ich gerne mit dem Hund
spiele, bietet er mir spasseshalber Hundeleine und Hund zum Mitnehmen an.
Er erschrickt nicht schlecht, als ich ohne zu zögern zugreife.
Erleichterung macht sich breit, als ich ihm die Leine wieder zurückgebe.
Seine Frau hätte es nicht verwunden, wenn er ohne Hund nach Hause gekommen
wäre. Sie hat den Vierbeiner als Welpe von einer amerikanischen Familie
übernommen, die ihn nicht mehr haben wollte.
Der „richtige“ Platz
Auf dem Bild sehen die
Campings immer so idyllisch am Meer gelegen aus. Man stellt sich offene,
weite Plätze mit Meerblick vor. Die Realität ist dann vielfach etwas
anders. Die im Sommer beliebten Plätze in der Nähe des Meeres sind meist
mit vielen Bäumen bestanden und beschatten den Platz. Im Winter ist das
nicht sehr gefragt, da man gerne jeden Sonnenstrahl erhaschen will. Das
Meer ist vielleicht nicht weit, aber vom Platz aus nicht zu sehen.
Manchmal liegt eine viel befahrene Strasse dazwischen. Viele Plätze an der
Costa del Sol sind sehr gut mit „Domingueros“ Wochenend-Campern besetzt.
Meist sehen diese Plätze dann wie Plastik-Festungen oder sogar Slums aus.
Es gibt allerdings auch solche, die einen farbenprächtigen Blumen oder
Kakteengarten um ihren Platz errichten. Über Feiertagswochenende kommen
viele Spanier mit Sack und Pack, Familie und Hunden in ihr Feriendomizil
auf dem Camping. Es geht dann dementsprechend geschäftig und laut zu und
her. Viele Plätze sind auf den letzten Meter ausgerechnet und es wird eng.
Wir haben nie im
Voraus gebucht oder reserviert, sondern uns immer erst den Platz
angesehen, und dann entschieden ob und wie lange wir bleiben wollen. Je
nach Dauer des Aufenthaltes bekommt man zwischen 10 und bis zu 60 % Rabatt
auf die ausgeschriebenen Preise.
Weihnachten in Spanien
Wir stehen extra früh aus,
schon mit der Sonne um 9 Uhr. Letzte Einkäufe für Weihnachten stehen
bevor. Wir beschenken uns mit einer gloriosen Fahrt in die Berge. Schon
wenige Kilometer inland vergisst man die grauenhaft überbaute Küste und
fährt auf kurvenreichen Strassen in den klaren blauen Himmel. Mittagsrast
schalten wir in Guadalrest ein. Ein Dorf, das weiss wie man sein
mittelalterliches Schloss vermarktet. 7 Museen stehen am Weg zum Eingang.
Heute früh geschlossen, also schauen wir uns die Plätze und Mauern an. Auf
der Weiterfahrt überqueren wir einen 1000 m hohen Pass und sehen von dort
tatsächlich einen Schneehauch auf einem 1500 m hohen Nachbarberg.
Glücklicherweise ist es immer noch zwischen 13 und 15 C warm. Auf dem
Rückweg fahren wir durch Xixona, der Heimat des Turron, die süsseste und
klebrigste Stadt Spaniens. Im Caravan ist dann Weihnachtsstimmung und
Spass mit dem englischen Radiosender. Im Gegensatz zu uns Nordländern wird
hier gefeiert und eine gute Stimmung verbreitet.
Moraira und der Penon de Ifach
Der Campingplatz liegt in
einem Pinienwäldchen. Im Sommer ist das ja wunderbar, aber im Winter nimmt
es schon sehr viel Sonne weg. Im Wohnwagen ist es noch dämmerig, aber
draussen scheint gleissend eine strahlende Sonne am azurblauen Himmel. Wir
erkunden Moraira und bleiben mit unseren Prospekten von der Tourist Info
im Eiskaffee am Hafen sitzen. Schatten ist gerade warm genug, die Sonne
brennt richtig.
Der Felsen von Penon de Ifach ist ein
kleiner Naturpark gleich um die Ecke. Die Phönizier nannten ihn den
Nordfelsen, der Südfelsen ist nach phönizischer Lesart Gibraltar. Der
Aufstieg ist steil und bricht in schwindelerregender Höhe durch einen
Tunnel auf die Südseite des Felsens durch. Libby kraxelt wie eine
Bergziege auf den Felsen herum. Langsam kommt ein kühler Wind und einige
Wolken auf aber wir haben eine wunderbare Sicht aus dem Blickwinkel der
grossen Seemöwen die rund um uns herumsegeln. Der Fels ist ein
Naturschutzgebiet und bietet etwa 300 Vogelarten ein geschütztes
Brutgebiet.
Auch auf der anderen Seite von Moraira
winkt ein Gipfel und lockt in die Höhe. Das heisst hier: in der
Direttissima 160 Höhenmeter mit ca. 30 % Steigung zu einem
mittelalterlichen Wachtturm auf ein Kliff klettern. Sogar Libby klebt fast
flach am Steilhang. Dafür herrscht hier oben beinahe absolute Stille. Nur
Wind und Wassergeräusche und ein wenig Vogelgezwitscher sind zu vernehmen.
Wir schweben über der Bucht von Moraira und sehen hinüber zum Felsen von
Ifach. Genau wie vor 500 Jahren, als der Turm erbaut wurde um Warnsignale
vor nahenden Piratenhorden von Fels zu Fels weiter zu leiten. Zurück in
der profanen Wirklichkeit essen wir als spätes Mittagessen eine wunderbare
Paella.
Der Reichtum der Berge
Wir erkunden heute die Küste
Richtung Nord. Nach Villafranca fallen uns auf den Hügeln kleine Türme mit
niederen, zum Meer strebenden Mauern auf. Von Weitem sehen sie aus wie die
Chinesische Mauer en miniature. Beim näheren Hinsehen entpuppen sich die
Mauern als gemauerte Röhren und geben uns noch mehr Rätsel auf. Auf
verschiedenen Hügeln kann man Reste von Häusern und Befestigungsmauern
ausmachen. Wir finden heraus, dass die ganze Gegend seit den Phöniziern
ein einziges Erzabbaugebiet ist. Zuerst wurde Gold und Silber gefördert
und nach und nach die weniger hochwertigen Metalle. Die Röhren dienten zum
Transport des Erzes vom Hügel bis zum Hafen am Meer. Erst in den 60er
Jahren des letzten Jahrhunderts wurde die Minen-Aktivität eingestellt.
Wir steigen durch ein ausgetrocknetes
Flussbett auf und drehen dann in einen ehemaligen Zufahrtsweg ab. Höher
und höher führt der Weg, bis wir auf die fruchtbaren Salat und
Gemüsefelder hinabschauen können, die auf vielen Terrassen angebaut
werden. Verlassene Stollen und Schächte, Kamine von Schmelzstationen, und
ockerfarbene Hausruinen säumen den Weg. Die ganzen Berge sind von Stollen
durchhöhlt. Angekommen bei den Mannschaftshäusern und einer der
Hauptschmelzen wühlen wir noch etwas in der Schlacke um vielleicht doch
ein Quentchen Gold oder Silber zu finden.
Marbella - Die Perle am Stand
Dieser Camping entspricht ziemlich
unseren Vorstellungen von einem idealen Platz. Der Strand ist wirklich nur
100 m entfernt und nicht durch eine Autobahn abgeschnitten. Wir spazieren
über eine Stunde im sonnenwarmen Sand, genehmigen uns einen Kaffee und
eine heisse Schokolade in einem Strandcafe und lassen uns von der Sonne
bescheinen. Zu spanischer Essenszeit, um 15 Uhr, erlaben wir uns vor dem
Wohnwagen an etwas Lachs auf Toast und Spanischem Schinken auf
frischgebackenen Brötchen. Unser Backofen bewährt sich bestens. Den Rosé
haben wir leider nicht kaltgestellt, so gibt es halt bloss Wasser zu
Trinken.
Wir wundern uns,
warum nur wenige Camper Wäsche aufgehängt haben. Sonst flattern doch
allenthalben Unterhosen mit Hemden und farbigen Leintüchern in der warmen
Brise um die Wette. Wir kommen schnell darauf, dass es hier keine
Selbstbedienungs-Waschmaschinen gibt, sondern einen Waschservice, der die
Wäsche getrocknet und zusammengelegt abliefert und haben gleich davon
Gebrauch gemacht. Wir sehen eine Camperin auf ihrem Fahrrad, mit der einen
Hand hinter sich einen Korb nasser Wäsche haltend, mit der anderen Hand
eine Einkaufstasche mit frischem Brot, schwankend um die Ecke radeln. Die
nassen blonden Haare trocknen im Wind und die weissen Shorts dehnen sich
unter der Anstrengung gewaltig. Sie ruft ihre Freundin, die sie mitten auf
der Strasse abfängt und vorm Umstürzen rettet.
The Rock
Der Bus nach Gibraltar fährt schon
vor 9 Uhr. Wir sind völlig ausser Übung im Frühaufstehen. Seit 1704
gehört
„The Rock“ den Engländern, eine Tatsache, die den Spaniern immer noch
schwer im Magen zu liegen scheint. Sie prüfen unsere ID’s ganz genau. Hand
aufs Herz. Wer möchte auf einem Felsen ohne Gärten, Umschwung und
Hinterland leben? So was können nur die Briten. Sie haben den Fels völlig
untertunnelt und den Aushub zusammen mit anderem Material dazu verwendet
einige hundert Meter Land dem Meer ab zu ringen. 30'000 Menschen leben auf
engstem Raum. Ich bin nicht ganz sicher, ob die Freilaufvorschriften hier
eingehalten werden. Einzig die Berber Makaken, die berühmten Affen, haben
genügend Platz. Sie werden sogar von Staates wegen gefüttert, seit Winston
Churchill dies bei seinem Besuch im zweiten Weltkrieg so angeordnet hatte.
Seit 1929 fahren die Felsbewohner sogar
auf der rechten Seite. Damals wurde die Grenze zu Spanien geöffnet und es
hätte einige Konfusion gegeben, wenn alle Grenzgänger auf beide Richtungen
plötzlich die Strassenseite hätten wechseln müssen. Nach Gibraltar hinein
zu fahren ist eh schon gefährlich genug. Es ist auf der Welt die einzige
Hauptstrasse, die einen Flughafen-Runway überquert. Dies bei doch vier
regelmässigen zivilen Personen-Flugbewegungen am Tag, ganz zu schweigen
von den militärischen und den Transportflügen. Beim Anflug wird jeweils
eine Schranke heruntergelassen und ein Rotlicht angezeigt. Es war nicht
ganz klar, ob dann die Autos oder die Flieger anhalten müssen. Gibraltar
ist noch in anderen Dingen einzigartig. So hat man von da eine wunderbare
Aussicht auf drei verschiedene Länder, zwei Kontinente und zwei Meere;
Spanien, Gibraltar und Marokko, Europa, Afrika, Mittelmeer und Atlantik.
Hauptwährung ist das Pfund Sterling, der Euro wird jedoch gerne genommen,
und dann Wechselgeld in Pfund gegeben. Wir hatten schon fast vergessen,
wie es früher in Europa war, als wir manchmal mit acht verschiedenen
Währungen in die Ferien fuhren. Der Euro hat schon sein Gutes.
Bargeld?
Wir holen zuerst unsere
Tickets für den Alhambra-Besuch vom Montag bei der BBVA Bank in Motril.
Wir wollen auch unsere Barschaft wieder etwas auffüllen und gehen zum
Bankomaten. Alles tönt wie immer aber anstelle von Barem, kommt der Text:
„Ihre Karte ist abgelaufen, rufen Sie Ihre Bank an.“ Wir haben noch ca. €
150 und der Campingplatz nimmt keine Kreditkarten. Hat unsere EC Karte ein
Verfalldatum? Tatsächlich, 12/04. Ein Anruf bei unserer Bank bestätigt,
dass wir zwei neue EC Karten zu Hause in der Post vorfinden würden. In
Spanien nützt uns diese Auskunft auch nicht viel. Wir eröffnen kurzerhand
ein Konto bei der BBVA und lassen uns sofort Geld überweisen. Das klappt
bestens. Wir heben das Geld in drei verschiedenen Städten ohne Probleme
ab. Als wir allerdings das Konto wieder schliessen wollen, beissen wir auf
Granit. „Das können sie nur in der Filiale tun in der sie es eröffnet
haben“, oder „Diese ID’s kennen wir nicht, geben Sie uns ihren Pass“ (habe
ich nicht), zu „Gehen sie zu meinem Kollegen am Pult“ der auch nicht
weiter weiss und uns wieder zum Schalter zurück schickt. Da wird es uns zu
bunt, wir verlassen die Filiale, gehen zur nächsten, heben bis auf 20 Cent
alles ab und lassen das Konto offen, null problemo.
Ronda – Die Stierkampflegende
Wir fahren nach Ronda, der
Stierkampfstadt auf einem Hochplateau. Zuerst sind wir etwas enttäuscht,
denn wir fahren mit der Schnellstrasse an und von dieser Seite sieht die
Stadt aus wie jede anderen spanische Bergagglomeration. Zugegeben, sie
zeigt schöne Stadtmauern und ein stilvolles Eingangstor aber das haben
andere Städte auch. Wir steuern erst einmal auf die Stierkampfarena zu.
Unterwegs schwant uns bereits, dass Ronda doch etwas Spezielles sein
muss. Wir spazieren durch einen schön angelegten Stadtpark mit Palmen und
Bänken und streben dem Geländer am anderen Ende zu. Fast verschlägt es uns
den Atem. Wir schauen direkt hinunter ins Nichts. Weit unten sind einige
Schafe auszumachen. Hier geht es senkrecht bis zum Talboden. Die fast 200
Jahre alten „Neuen Brücke“ verbindet die beiden Stadtteile von Ronda.
Dazwischen windet sich ein kleiner Fluss durch die 340 m tiefe schattige
Schlucht und ergiesst sich über einen Wasserfall in das tiefer liegende
Tal.
Die Stierkampfarena, eine der ältesten in
Spanien, basiert auf einer militärischen Reitschule aus dem 16.
Jahrhundert. Damals wurden Stiere gebraucht, um den Rittern gefährliche
Angriffe von Feinden zu simulieren. Der Ring ist eher klein nach unseren
Vorstellungen, aber die ganze Anlage ist sehr gepflegt und mit
Kopfsteinpflaster oder Sandboden belegt. Das Stierkampfmuseum bringt
diese, für uns doch eher befremdliche Kultur, etwas näher. Auf jeden Fall
erklärt es den Spanischen Enthusiasmus und die Faszination vieler Menschen
dafür. Über die Jahrhunderte hat sich der Stierkampf, Mensch auf Pferd
gegen Tier, in einen Kampf Stier gegen Torrero entwickelt. Bis zu ihrem
Auftritt in der Arena werden die Stiere mit ehrfürchtiger Sorgfalt und
Pflege behandelt.
Die Sierras
Wir besuchen die Dolmen von Viera und
Menga. Das sind 4500 Jahre alte Steinzeitbauten aus riesigen Monolithen,
welche unter einer hügelförmigen Erddecke versteckt sind. Sie dienten
seinerzeit den Kelten zur Bestattung ihrer Toten und sind heute noch sehr
eindrücklich. Wie wurden damals die riesigen Megalithen vom Steinbruch
hierher gebracht und aufgestellt?
Danach fahren wir durch die
wildromantische Landschaft zu einem riesigen Stausseengebiet. Die Strasse
ist meist knapp für eine Autobreite gedacht. Bei El Chorro tief unten im
Tal erregt eine über 100 jährige halsbrecherische Brücke eine Hühnerhaut.
Sie überspannt den schmalen Einschnitt zwischen den zwei steilen
Felshängen etwa 100 m über Talboden. Von weiter oben ähnelt das Flusstal
dem Grand Canyon.
Wir fahren weiter
auf einer kleine Nebenstrasse durch die Berge. Die hat es in sich. Sie
führt zuerst ins Tal, dann wieder auf 1000 m und alles in der Breite einer
Fahrspur und mit ca. 25 Haarnadelkurven. Ein Getränketransporter als
grösstes Fahrzeug begegnet uns schon nach den ersten 100 m. Danach sind
wir dauernd auf der Hut. Früher war diese Gegend durch Wegelagerer berühmt
und berüchtigt. Die einsamen Berge sind von Kastanien und Eichenwäldern
bewachsen. Die Route bietet spektakuläre Sichten auf Berg und Täler. Ein
Sonnenuntergang auf 1000 m belohnen uns für die fahrerischen
Anstrengungen.
.....wenn es dem bösen Nachbarn nicht
gefällt.
Wir haben neue Nachbarn bekommen, ein englisches Wohnmobil. Die Besitzer
haben sich uns sofort freundlichst empfohlen weil sie darauf bestanden
haben, ausgerechnet den Platz zu wollen, auf dem wir unser Auto abgestellt
haben. Es hat jedoch noch vier Reihen völlig freie Plätze. Unser Wohnmobil
Nachbar spannt auf Bauchnabelhöhe eine Schnur zwischen unserem und seinem
Platz. Ob er hofft, dass Libby sich davon abhalten lässt seinen Vorplatz
zu verpinkeln? Er macht sich weiter beliebt indem er sich jedes Mal
demonstrativ die Ohren zuhält, wenn der Nachbarn auf der anderen Seite
Musik hört. Nach einigen Tagen stellt er sein Wohnmobil so um, dass er die
Satellitenschüssel von Andy und Carol verdeckt. Er müsste nur 30 cm zur
Seite fahren, aber er will nicht. Punkt. Zum Glück bildet er die leidige
Ausnahme. Er hat den Preis „missliebigster Camper des Winters 04/05“
redlich verdient.
Domingueros
Auf vielen
Plätzen hier in Spanien ist ein guter Anteil der Plätze das ganze Jahr
fest vergeben. Am Wochendende, wenn die Spanier mit Sack und Pack
anfahren, ist dann hier High Life. Trotz des Reglementes , welches
Einzäunungen und private Blumengärten verbietet, spriessen auf den Plätzen
alle erdenklichen Pflanzen und spiegeln ihre Besitzer wieder. Wie soll man
einen Camper ansprechen der sich auf der ganzen Front in drei Reihen
hinter Sukkulenten, Kakteen aller Art, und möglichst stacheligen,
verbirgt? Andere haben sich mit hohen Umzäunungen vor jeglichem Kontakt abgeigelt. Ein schwedisches Paar hat feine, geschwungene, weisse Stühle
kombiniert mit Rattansesseln und Liegen mit roten, rosa und gelben
Geranien, Petunien und Hibiskus umgeben. Der Mann macht allerdings schnell
klar, dass dies das Hobby seiner Frau sei. Er würde alles rauswerfen. Das
wäre richtig schade. Am anderen Ende des Spektrums steht das Zelt, von
einer alten Blache überdeckt, umstanden mit alten Holzmöbeln, ebenfalls
unter einer vergammelten Plastikplane, vorgelagert von einer kaputten
Liege mit einem angefressenen Schaumstoffkissen und einem verwaschenen
Wolldecke für den Hund. Das erinnert eher an ein Slum.
Letzte Nacht haben die Wochenendspanier
verschiedene Feste gefeiert. Um 22 Uhr wird der Grill angeworfen und dann
beginnt ein brutzeln, zischen, rauchen und dampfen, was das Zeugs hält.
Das Wasser läuft uns im Munde zusammen, obwohl wir eigentlich schon ans
Schlafen denken. Das sabotieren allerdings die drei kleinen Yorkies gleich
hinter uns. Sie lassen im 5 Minuten Takt eine Yapsorgie ab. Erst um drei
Uhr früh ist Ruhe.
Costa de la Luz
Wir verlassen das Mittelmeer
und wenden uns Càdiz zu. Nach dem südlichsten Punkt von Spanien bei Tarifa,
ändert sich die Landschaft schlagartig. Schluss mit den pseudo-maurischen
Appartment-Häusern, den mediterranen Villen und überfüllten Strassen und
Shopping Centers. Ein fulminanter Schlusspunkt setzt die erzhässliche
Riesen-Raffinerie und Industriestadt Algeciras, dann kehrt wohltuende Ruhe
ein. Die steilen Berge weichen bewaldeten Hügeln. Wir passieren zwei Pässe
von je 340 m. Das Land wird flacher und die Landwirtschaft findet nicht
mehr unter Plastiktunnels statt. Wenn es überhaupt Häuser hat, dann die
niederen langgezogenen weissen Gebäude die ich immer noch aus meiner
Kindheit in Erinnerung hatte. Vieh weidet friedlich neben der Strasse,
darunter einige schwarze Kampfstiere, Esel und Pferde runden das Bild ab.
Mit anderen Worten, Andalusien, wie man es sich vorstellt.
Der Campingplatz ist sehr gepflegt, und
ist in eine Seite mit und eine Seite ohne Hunde eingeteilt. Wir bleiben
auf der Hundeseite und werden sofort von verschiedenen Britischen und
Australischen Campern in der Auswahl der Parzelle beraten und tatkräftig
unterstützt beim Einparkieren unseres eher langen Wohnwagens. Kaum steht
das Nötigste finden wir uns in einer feuchtfröhlichen Apérogruppe von
Engländern wieder. Unter uns rezitieren die Waliser Gedichte, oberhalb
halten die Australier und weitere Briten ein BBQ ab. Erst als es Dunkel
wird erinnern wir uns, dass wir seit dem Frühstück nur Flüssiges zu uns
genommen haben. Beat schafft es noch Spaghetti zuzubereiten. Abwaschen
werden wir morgen
Was wäscht weisser?
Viele Camper haben ihre eigenen
Wachmaschinen und Wäscheschleudern dabei. Teilweise heizen sie das Wasser
selber auf, es gibt aber auch solche in die man warmes Wasser einfüllen
muss. Offenbar ist heute Vorführtag. Ich kann die verschiedensten Modelle
bewundern. Ob sie wirklich weisser waschen wie die Campeigenen?
Ich bin etwas in Eile und will nur noch
schnell eine Waschmaschine voll Buntes starten. In wenigen Minuten sollte
ich an der Reihe sein, nach mir haben sich schon weitere drei Waschwillige
eingefunden. Es gibt zwar vier Waschmaschinen auf dem Platz aber nur diese
eine wäscht auch warm. Ich fülle also die Wäsche ein, fülle das Pulver in
das Fach, werfe den Jeton in den Schlitz und lese die Gebrauchsanweisung.
Erstens steht, dass man nur flüssige Seife verwenden kann. Habe ich nicht.
Das Pulver ist bereits im Schacht. Ich gehe zum nächsten Wasserhahn und
hohle einige Handvoll Wasser die ich dem Pulver nachschütte. Das sollte
also klappen. Aber die Maschine läuft nicht an. Die Nachwascher schauen
mir über die Schulter, was mich auch nicht gerade beruhigt. Ich drücke
alle Knöpfe und rüttle an allen Hebeln, aber die Maschine rührt sich
nicht. Ich werfe entschuldigende Blicke in die Menge und eile zur
Rezeption. Dort steht eine grosse Gruppe Spanier in einer langen Schlange
und wollen alle ihre Rechnungen bezahlen, ihr Wochenende ist um. Es
gelingt mir ein Auge von Juana der Rezeptionistin zu erhaschen, sie macht
mir ein Zeichen „in einer Viertelstunde. Vale? OK?“ Nein, nicht ok, aber
was kann ich tun. Zum dritten Mal eile ich an einer Gruppe gemütlich da
sitzender Engländer vorbei, die mir schon zweimal ein Bier angeboten
haben. Leider, keine Zeit. Ein Blätter rechender Angestellter des Campings
wird zu meiner Rettung. Nachdem er auch erfolglos an allen Knöpfen und
Hebeln herumhantiert hat, schletzt er die Waschmaschinentüre mit aller
Kraft zu und... siehe da, sie läuft. Ja mit Gewalt....! Meine Nachwascher
nehmen es glücklicherweise gelassen.
Den Vogel abgeschossen hat allerdings die
professionelle Wäscherin in Marbella die meine Weisswäsche so rigoros
behandelt hat, dass sie papierdünn, brüchig und teils verfranst wieder zum
Vorschein gekommen ist. Es wurde eine rundum Erneuerung bei Marks und
Sparks in Gibraltar notwendig.
Willi
Da ist der Willi. In seinem
beruflichen Leben war er Binnenschiffer. Auch auf den Europäischen
Flusstrassen geht es manchmal wild zu und her. Er erzählt uns von einem
Kollegen der um keinen Preis glauben wollte, dass sein Kahn zu hoch für
die Rheinbrücke wäre, bis das ganze Steuerhaus von der Brücke wegrasiert
wurde, mitsamt dem Kapitän. Seit einigen Jahren ist Willi nun mit seinem
Wohnwagen unterwegs. Im Sommer steht er auf einem Dauerplatz in
Deutschland, den Winter verbringt er in der Wärme in Spanien. Weil er so
gut Geschichten erzählen kann, hält er jetzt manchmal in einem kleinen Ort
an der Ostküste von Spanien die Sonntagspredigt in der Kirche für die
anderen deutschsprachigen Wintergäste. Willi möchte auf dem Laufenden sein
und versucht mit viel Geduld seine Fernsehschüssel auf den Satelliten
auszurichten. Kein einfaches Unternehmen. All die Einstellungen nach
Neigungswinkel und Grad, wobei nicht ersichtlich ist worauf sie sich
basieren. Ich bin mir nicht sicher, ob sich die Mühe lohnt, die
Nachrichten sind eh meistens schlecht. Willi besteht auf dem Empfang und
fordert Hilfe vom ortsansässigen Spezialisten an. Weil Willi kein Spanisch
spricht artet das Ganze in eine kurzweilige Pantomime aus. Der Spezialist
ist ein Profi und mit den passenden Instrumenten ist die Schüssel
ausgerichtet und in Kürze läuft das Ding. Kaum läuft der Fernseher, gibt
er schon die Hiobsbotschaft vom Tsunami in Ostasien bekannt.
Harry Potter Caravan
Im Camping tut sich zauberhaftes. Harry Potter’s Caravan ist unterwegs, so
hat mindestens ein holländischer Junge den englischen Wohnwagen genannt,
der mühelos mit einem Euromover bewegt werden kann. Zusammen mit Graeme
dem Besitzer machen wir uns einen Spass daraus, aus sicherer Entfernung
den Wohnwagen zu bewegen. Die Spaziergänger bleiben verdutzt stehen und
trauen ihren Augen kaum. Erst beim zweiten oder dritten Mal entdecken sie
uns mit der Fernsteuerung.
Die Wölfe von Antequera
Hoch in den Bergen bei Antequera leben
seit bald 2 Jahren vierzehn Wölfe zusammen mit einem Deutschen Ehepaar.
Der Lobo Park wird im Sommer offiziell eröffnet, aber wir konnten schon
jetzt eine geführte Besichtigung unternehmen. Kanadische Timberwölfe,
seltene weisse Polarwölfe, Europäische Grauwölfe und Iberische Wölfe
leben in je 3 ha grossen Freigehegen. Ein Biologe erklärt uns die
Lebensweise der Wölfe. Sie werden zwei mal pro Woche gefüttert. Alle Rudel
haben einen Alpha Wolf und eine Alfa Fähe. Bei der Jagd arbeitet das ganze
Rudel zusammen und erlegt ein schwaches, altes oder krankes Opfer. Die
anderen Opfertiere nehmen schnell reissaus. Das ist das Zeichen für die
Wölfe dass die Jagd zu Ende ist und das Fressen beginnen kann. Die Wölfe
tragen damit zur gesunden Erhaltung ihrer Opfertiere bei. Bei den
Reissorgien unter Schafen von denen wir im Wallis hören bleibt jeweils die
Schafherde zusammen und der Wolf nimmt an, dass die Jagd noch nicht vorbei
ist. Er reisst bis es keine lebenden Tiere mehr in seinem Blickfeld gibt.
Er verhält sich etwa so, wie wir vor einem Gourmetbuffet, wenn wir
regelmässig viel zu viel auf den Teller laden.
Oh Schreck
Eine kleine Drittklassstrasse
führt uns Richtung Granada in die Berge. Die Sierras Chaparral und
Almijara bieten atemberaubende Panoramen. Ausser dem Wind ist nichts zu
hören, die ganzen Berge und Täler liegen zu Füssen. Nur die Sierra Nevada
ist noch höher. Wir fahren bis zum höchsten Punkt mitten in die Skipisten.
Im Strassenverkehr gibt es auch hier
Kuriositäten. Wir stehen auf der linken Seite an der Kreuzung von zwei
Feldwegen um ein Photo zu schiessen. Es hat genügend Platz um neben uns
vorbeizukommen, aber hier kommt bestimmt niemand vorbei. Murphy’s Gesetz
entpuppt sich wieder einmal als sehr lebensnah. Ein altes Auto mit einer
noch älteren Chauffeuse und Beifahrerin auf dem Nebensitz und einem jungen
Mädchen auf dem Rücksitz nähert sich der Kreuzung. Blankes Entsetzen
zeichnet sich auf den Gesichtern der zwei älteren Damen ab als sie in die
Nähe unseres Autos kommen. Da ergreift das Mädchen vom Rücksitz aus
beherzt das Steuer und chauffiert die ganze Gesellschaft sicher an uns
vorbei.
Fahrt in die malerische Wüste
Noch etwas übernächtigt aber
voller Tatendrang brechen wir auf in die Berge und die einzige Europäische
Wüste. Empfangen werden wir von „Texas-Hollywood“ einer Western-Filmstadt
in der Weltproduktionen von Sergio Leone und Anderen entstanden sind, als
Letztes: Der Schuh des Manitou. Eine kleine Stuntshow mit Pferden zaubert
den alten Westen in diese Ecke von Spanien. Wir fahren weiter über einen
1970 m hohen Pass. Auf der Nordseite liegt etwas Schnee...igitt. Dafür ist
die Aussicht atemberaubend. In der Abendsonne werfen die kleinen
Moränenreste der letzten Eiszeit modulierende Schatten und verleihen dem
breiten Tal eine künstlerische Note.
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