Run to the Sun 04/05

Das Vorzelt
Unser erster Campingplatz in Cannobio am Lago Maggiore ist winzig aber er hat Strom, eine warme Dusche und ein WC, und die Hauptsache, er ist offen. Die Einfahrt ist etwas abenteuerlich über eine steile Rampe.  Die Stellplätze sind Wiesland, das heisst zur Zeit sind sie eher sumpfig. Wir mit unserem grossen Gespann haben etwas Mühe. Aus der Bar und dem ausgezeichnet assortierten Dorfladen kommen sofort hilfreiche Schieber daher. Wir stellen im Dunkeln sogar noch das Vorzelt auf, gleich wird es heimelig.

Am nächsten Morgen gehen wir in den Ort spazieren. Es tröpfelt ein wenig, dann kommt Wind auf und die Sonne zeigt sich. Auf dem See surfen zwei Verrückte. Sie wagen sogar Salti in den hohen Wellen. Der Wind nimmt Sturmstärke an. Wir eilen zum Camping um nach unserem Vorzelt zu sehen. Es steht noch. Der Orkan rüttelt mächtig am Wohnwagen, zum Glück bläst er schräg von Vorne und nicht volle Breitseite. Wir entschliessen uns die Segelfläche zu verkleinern und öffnen die Seitenwände. Das hätten wir besser unterlassen, jetzt surft der Wind direkt unters Vorzelt-Dach. Es geht nicht lange, da knallt die erste Stange gegen den Wohnwagen, und das Vorzelt droht abzuheben, jetzt nichts wie abbrechen.. Gerade noch mal geschafft ohne Schaden davon zukommen. 

Ausflüge von Buena Vista in Ceriale
Bei dem schönen Wetter reinigen wir zuerst unseren Wohnwagen aussen vom gröbsten Reisedreck, dann brechen wir auf in die Berge. Die Strasse nach Garessio geht steil und kurvenreich bergauf. Die Wälder zeigen ihre schönsten Herbstfarben. Auf dem Passo San Bernardo (958m) machen wir Pause und gehen in der Bergwelt etwas spazieren. Mich erwischt ein Hexenschuss. Garessio entpuppt sich als mittelalterliches Städtchen an der damaligen Salzstrasse. Schön renovierte Häuser aus der Zeit und kleine, mit schwarz und weissen Steinen gepflasterte Plätze vermitteln ein authentisches Bild von vergangener Grösse. Der Rückweg führt uns bis Pieve di Teco aus dem späteren Mittelalter. Wir flanieren den kleinen Geschäften unter den Bogenlauben entlang und finden eine Apotheke die den Hexenschuss kurieren hilft.

Alassio der mondäne Badeort früherer Epochen an der ligurischen Küste lockt uns an seinen halbmondförmigen Sandstrand. Der Ort hat sich sehr gut gehalten. Das Jugendstil Grand Hotel wird ganz neu renoviert und im Jahr 2005 glänzend wiederauferstehen. Es ist etwas diesig und ein Nordwind bringt kühlere Luft, aber das kann uns nicht davon abhalten in einem Strandcafé an der Sonne eine ausgezeichnete Pizza zu Mittag zu essen.

Auch an der ligurischen Küste kann es Wolken und Nebel haben, trotzdem ist es noch immer angenehme 14 C. Wir schauen uns die römische, mittelalterliche und renaissance Altstadt von Albenga an. Die engen Gässchen und zusammengebauten Häuser versetzen uns schnell in die Vergangenheit. Zu Ritters Zeiten baute man die Gassen im Bogen damit ein Feind mit Pfeil und Bogen nicht weit schiessen konnte. Das war auch später in der Zeit der Pistolen-Duelle sehr hilfreich.

Der Reserveschlüssel
Wir beenden unseren ersten Tag als Camper mit einem kleinen Grappa und erfreuen uns an all den neuen Eindrücken und Erfahrungen die wir heute gemacht haben. Kurz vor dem Schlafengehen wandere ich zur Toilette und erschrecke nicht schlecht, als mir Beat mit kreideweissem Gesicht entgegenkommt. Er fragt mich nach dem Ersatzschlüssel. Der befindet sich in meiner Handtasche und die wiederum ist im Wohnwagen. Er hat uns aus dem Wohnwagen ausgeschlossen. Libby ist drinnen an der Wärme, wir sind draussen in der Kälte so eine Sch...... Von Fenster einschlagen ist die Rede und weitere Möglichkeiten werden evaluiert. Es wird schnell klar, da kann nur noch der Spaten Abhilfe schaffen. Im Nu ist die Türe aufgestemmt, praktisch ohne Schaden. So einfach haben es auch die Einbrecher. Wir werden uns ein besseres Schloss anschaffen, aber dann kommen wir vielleicht auch nicht mehr hinein?....

Mercato in Cannobio
Markt in Cannobio. Funghi, Parmesan und Balsamico sprengen unser Budget. Libby benimmt sich vorzüglich an der Leine. Die vielen Leute scheinen sie nicht zu nerven. Dafür freut sich jeder Zweite am Beagle, streichelt sie und lässt seinen eigenen Vierbeiner an ihr schnüffeln. Ihr scheint’s zu gefallen. Cannobio hat eine sehr malerische Altstadt mit verwinkelten Gässchen und allerlei kleinen Geschäften. Wir erkunden es soweit uns die Füsse tragen. Ein Prosecco an der Uferpromenade in der Mittagssonne ist der pure Luxus und erweckt unsere Lebensgeister wieder.  Die Pasticceria Castello an der Seepromenade hat ausgezeichnete Amaretti mit verschiedenen Füllungen, Rum, Cointreau, Lemoncino etc. Wir genehmigen uns ein paar Versucherli. Es schmeckt nach mehr.

Nobles Nizza – Mondänes Monaco
Jetzt sind wir also bei Nizza in Frankreich. Man merkt es sofort, die grossen Geschäfte sind am Sonntag nicht geöffnet. Der Campingplatz am Hippodrom von Villeneuve-Loubet ist ausgezeichnet ausgerüstet. Geheizte Duschen, ein lange vermisster Luxus, genügend Strom und ein geheiztes Hallenbad locken auch Überwinterer an. Das Meer versteckt sich allerdings hinter riesenhaften Apartmentsilos. 

Nizza weint in Strömen. Hoffentlich nicht, weil wir jetzt hier sind. Wir fahren über die Promenade des Anglais dem Meer entlang und sind wie immer enttäuscht von der Leere die Nizza verströmt. Über die Moyenne Corniche führt unser Weg nach Villefranche sur Mer. Dort besuchen wir Freunde in Ihrem schönen Haus mit Meerblick. Wir haben uns schon lange nicht mehr gesehen und es gibt viel zu erzählen. Wir essen einen wunderbaren Loup de Mer vom Grill und schauen dabei auf den geschützten Hafen von Villefranche; der Nachmittag vergeht im Fluge. Nur der Regen hält auch am Abend an. 

Blauer Himmel blitzt hinter dunkeln Wolken hervor, aber abgekühlt hat es sich. Wir fahren nach Monaco zum Lunch. Die berühmte Corniche lockt uns. Unser Mitsubishi Pick-up Diesel gibt sein Bestes, aber er verpasst Schumis Bestzeit knapp. Der Piratenfelsen ist mit tiefen Wolken verschleiert. Am Quai, gleich neben den Maxi de luxe Yachten spachteln wir genüsslich mit Silvia, meiner früheren Arbeitskollegin, das Menu du jour mit kalorienreichem Dessert. Als sich endlich die Wolken lichten, sind tatsächlich die Hügelkuppen um das Fürstentum weiss verzuckert. Schnee!!! An der Côte d’Azur!!!! Im November!!! Affreux! Wir werden bald weiter dem Süden zu ziehen.

Duftende Provence
Bei der Ankunft im Camping Canet Plage scheint die Sonne und nur wenige Wolken trüben das Bild etwas. Wir stellen den Wohnwagen direkt ans Ufer des Etang und bewundern erst einmal die Aussicht. Die Rhonemündungen haben die Gegend hier am Eingang zur Camargue geprägt. Felsdurchzogene Hügelzüge, Weinberge und Olivenhaine umrahmen den Etang. Wir erkunden die Umgebung und spazieren durch einen alten Olivenhain am Ufer des Etang. Leere Schrotschusshülsen zeugen von einem regen Jagdleben. Für uns hält der Hain frischen Rosmarin und Thymian bereit mit dem wir unseren Fisch für das Abendessen würzen. So gegen Mittag sind wir bereit für eine ausgedehnte Wanderung in die umgebenden Hügel. Mergelgestein und rote Erde bringen Rosmarin, kleine stachelige Eichenbüsche, Thymian, Ginster und anderes Grünzeug hervor. Die Wühlspuren im Boden und die kleinen, grösseren und ganz grossen Trittspuren im regenfeuchten Boden lassen uns vor Wildscheinen auf der Hut sein. Libby  würde uns ja sicher verteidigen wollen, aber ob sie es schaffte? Wir geniessen die grossartige Aussicht auf die „Bouches du Rhône“ und genehmigen uns auf der Heimfahrt einen Abstecher ins Wein- und Olivengut Château Virant. Wir degustieren der verschiedenen Extra Vergines Olivenöle, wie gute Weine. Es gibt Öle die aus einer einzigen Olivensorte gepresst werden, und solche die kunstvoll aus verschiedenen Sorten zusammengestellt sind. Ein Stücklein Brot ins Öl getunkt, dann auf der Zunge vergehen lassen und den Abgang beurteilen. Für mich neu ist, dass bestes Olivenöl etwas bitter und scharf im Abgang ist.  

Für morgen ist Mistral angekündigt, also stellen wir wieder einmal unser Vorzelt auf. Wäre doch gelacht, wenn wir das Ding nicht sturmfest sichern könnten. Ein farbenprächtiger Sonnenuntergang beendet diesen Tag. Wir feiern ihn mit einem Glas Muscat.

Shopping Frenzy
Die riesigen Shopping Centers in Italien und vor allem Frankreich verführen uns zu immer neuen Einkaufsorgien. Speziell hervorgehoben hat sich das top moderne Coop Center in Italien. Stammkunden kaufen mit einem Computerscanner ein und müssen nicht mehr an der Kasse anstehen. Die Einkäufe werden einfach aus dem Scanner ausgelesen, der Kunde bezahlt und Finito. Manchmal gibt es Kontrollen wegen der wenigen unehrlichen Benutzer aber sonst, alles paletti.

 Alcampo hat nun wirklich alles. Vom Fernseher zu Rosensetzlingen und Winterkleidern, über Bettwäsche, Autozubehör, Haushaltartikeln schlussendlich zu Lebensmitteln. Diese umfassen das ganze mediterrane Sortiment und alle erdenklichen Spezialitäten aus den Kochtöpfen Arabiens, sogar Diätfondue aus der Schweiz. Die riesige Auswahl überwältigt uns, es ist wie im Schlaraffenland. Produktevielfalt von der wir in der Schweiz noch nicht einmal träumen.

Das leidige Elektrisch
Elektrisch ist für mich ein Buch mit sieben Siegeln. Gestern Abend hatten wir auf einmal kaum mehr Licht. Der Camping Chef, seines Zeichens Nuklear-Ingenieur und Elektriker hat alles geprüft und festgestellt, dass unsere Zusatzbatterie viel zu heiss ist und sich entladen hat. Wir haben also die Nacht abgewartet aber heute früh, dasselbe Bild. Weil sich solche Defekte meist nicht von selber heilen, haben wir den Campingchef wieder bemüht. Er hat einfach die Zusatzbatterie und das Ladegerät abgehängt. Glücklicherweise war die ursprüngliche Installation noch intakt. Einzig die Duomatic hat keinen Pfus mehr, offenbar wurde sie nur an die Batterie angehängt. Wir haben noch weitere kleinere Unannehmlichkeiten, die allesamt auf fehlerhafte elektrischen Installationen beruhen. Zum Beispiel wird unser Kühlschrank während der Fahrt nicht gekühlt. Wir hoffen nun, dass wir immer Campingplätze mit genügend Strom finden um Heizung, Wasser und Licht zu haben. Für die nächste grosse Fahrt beschliessen wir, uns einen Generator anzuschaffen.

Das Stützrad
Die Abfahrt in Canobbio war mit einigen Schwierigkeiten verbunden. Wir mussten den Caravan von Hand drehen, aber schon waren wieder hilfsbereite Leute da. Alles gut gegangen, dachten wir, bis wir auf der sehr engen Seestrasse Richtung Gravellona ein komisches Schleifgeräusch hörten. Es hat dann wieder aufgehört, aber auf der Autobahn hat es sich ganz dramatisch wieder gemeldet. Auf der nächsten Notfallausbuchtung haben wir angehalten und dann war es klar: Wir hatten kein Stützrad mehr am Wohnwagen. Die Achse war uns noch geblieben.. Wahrscheinlich haben wir vor lauter hilfsbereiten Menschen nicht nochmals alles kontrolliert und die Schraube zu wenig angezogen. Ohne Stützrad ist der Wohnwagen von Hand nicht manövrierbar. Eine Tatsache, die uns noch ins Schwitzen bringen wird.

Enge Strässchen
Wir setzen unsere Fahrt Richtung Süden fort. Ein kurzer Mittagshalt muss genügen, wir wollen nicht bei Dunkelheit ankommen. Die Zufahrt zum Camping ist äusserst eng. Links und rechts begrenzen grob behauene Steinmauern das schmale Strässchen durch die Rebberge. Beim Kreuzen mit einem entgegenkommenden Polizeiauto wollte Beat höflich sein, und hat uns rechts an der Bollensteinwand festgefahren. Diesmal springen Chauffeure ein und wollen den Wohnwagen abkuppeln und von Hand wieder flott machen. Aber ohne Stützrad geht das nicht. Also weisen sie uns Millimeter um Millimeter, Vorwärts – Rückwärts, Vorwärts - Rückwärts aus dieser misslichen Situation auf den richtigen Weg.

Die Besitzer des Campings haben uns die nächstgelegene Wohnwagenwerkstatt angegeben, wo wir wieder ein Stützrad auftreiben konnten. Es ist etwas zu schmal für die Achse aber die notwendigen Unterlagsscheibchen haben sich in der nächsten Stadt auch finden lassen.

Lichtdurchflutete Camargue

Da es südlich von Arles keine Brücke mehr über die Rhone gibt, nehmen wir die kleine Fähre, die uns direkt in die Camargue führt. Über drittklass Strässchen fahren wir vorbei an haushohen Schilfrohren; dahinter verstecken sich schwarze Kampfstiere und weissgraue Camargue Pferde. Bald scheint der Etang de Vacarès durch und die Vierbeiner werden von Zweibeinern abgelöst. Tausende von Kormoranen, Blesshühnern und anderen Wasservögeln tummeln sich in Ufernähe, etwas weiter draussen fischen weisse und graue Reiher. Dann, in einer Bucht für sich, stehen die ersten rosa Flamingos. Ein faszinierender Anblick, den man eher in den Tropen erwartet. Wir besuchen wieder einmal Les St. Maries de la Mer. Heute ist es ausgestorben und wartet wieder auf seine Zigeuner und die Prozession im Mai zu Ehren der heiligen Sarah, der schwarzen Zigeuner-Madonna. Wir können die von den Kerzen verruste Wallfahrtskirche ganz in Ruhe betrachten. Auf dem Nachhauseweg fahren wir noch einmal an einer grossen Flamingokolonie vorbei. Diesmal leuchten sie mit der Abendsonne um die Wette.

Der nächste Platz
Wir suchen uns jeweils auf der CD von ACSI am PC den nächsten Campingplatz aus. Diesmal soll er am Meer liegen. Pro Reisetag rechnen wir mit 300 bis 350 km. Die schaffen wir locker und kommen immer noch zu einer Zeit an, wo wir uns einen freien Platz aussuchen können. Es schadet auch nichts, etwas Reservezeit zu haben, wie die beiden vorhergehenden Saga beweisen.

Es lohnt sich den anvisierten Campingplatz anzurufen. Unser Favorit hat gemäss Führer das ganze Jahr über geöffnet.  Ausgerechnet diese Woche ist der Platz geschlossen, sie machen Reparaturarbeiten. Ein weiterer Campingplatz existiert nicht mehr, und einer hat diesen Winter beschlossen seine Tore doch nicht zu öffnen.

Andererseits wurde uns von englischen Campern versichert, dass ein anvisierter Platz nicht mehr existieren würde, das hätte ihnen ihre Caravan Vereinigung geschrieben. Wir haben trotzdem angerufen und siehe da, der Camping war so offen wie eh und je, er wird sogar noch ausgebaut. Wir gehen der Falschmeldung auf den Grund. Anscheinend hat letztes Jahr die englische Vereinigung ein Treffen  organisiert und eine Anzahl Plätze reserviert. Weil aber nicht genügend Teilnehmer eintrafen, hat der Verein die übrig gebliebenen Plätze nicht bezahlt. Daraufhin weigerte sich der Platz dieses Jahr wieder ein Treffen zuzulassen. Für uns war dies einer der besten Plätze die wir angetroffen haben, die Engländer haben auch dieses Jahr jede Menge interessante Aktivitäten organisiert: Wandern, Aquafit, basteln, Whist spielen, einen Bücheraustausch etc.

 

Gentleman Graeme und Monty
Ein Schwatz mit Graeme, einem ehemali
gen Verleger aus England und stolzem Besitzer des Harry Potter Caravans, und seinem prachtvollen Golden Retriever Monty unseren Strandaufenthalt. Ein weiteres Glas Sangria muss her.

Wir sitzen nach dem Essen mit einem kleinen Whysky zusammen. Monty legt sich bodenfüllend zwischen unsere Betten. Nach dem ersten Glas holt Graeme einen seiner 26 Glaskaraffen herüber und wir genehmigen uns einen weiteren Malt. Es ist auch für Graeme die erste grosse Caravanreise ins Ausland. Dementsprechend hat er vorgesorgt. Er reist mir 3 verschieden warmen Duvets, 28 Hemden, 12 passenden Hosen, 6 Blazern und Jacken, 38 Unterhosen, einem Bügeleisen und Bügelbrett und eben 26 Karaffen voll besten Whisky’s als Gesellschaft. Nach einer kleinen akademischen Diskussion lenkt er ein und gesteht, dass er erst etwa 5 verschiedene Hemden getragen hat. Wenn er jeweils seine Unterhosen waschen will, braucht er eine entsprechend grosse Waschmaschine. Er gelobt in Zukunft Besserung.

A day at the Camp
Bei strahlender Sonne machen die Haushaltarbeiten, wie Abwaschen am Heisswasserhahnen im Freien, Küche aufräumen, Duschtücher in den Wind hängen etc. viel mehr Spass. Wie ungemein befriedigender ist es doch eine Leine frisch gewaschener Socken, Pyjamas und Hemden im Wind flattern zu sehen, als sie einfach im Tumbler zu trocknen. Falls unsere Wäsche doch noch nicht ganz trocken ist, derweil es wieder geregnet hat, hängen wir sie in unseren Kleiderschrank im Wohnwagen. Der wird voll beheizt und dient dann als Trockenschrank. Überhaupt nimmt der täglich zu erledigende Kleinkram ziemlich viel Zeit in Anspruch, obwohl wir eine perfekte Arbeitsteilung haben. Beat kocht, ich wasche ab und räume die Küche auf. Er saugt und putzt den Boden, ich gehe mit Libby Gassi. Er holt Wasser, ich staube ab. Er leert das WC, ich wasche die Wäsche, Beat verfeinert seine Photos auf dem PC und ich sitze in der Sonne und lese.

Das Camperleben beschert auch völlig unspektakuläre Tage. Brot, Briefmarken und die neueste Ausgabe des Spiegel kaufen, geschäftliche Telephonate und Emails beantworten, bzw initiieren, eine Französisch-Übersetzung für einen Kunden sicherheitshalber von einer Französin checken lassen; bei einer holländischen Camperin während einer Stunde lernen wie man Rummy-O spielt, etwas an einem Mediationskonzept arbeiten und einfach leben; dann zum Hauptevent des Tages, einem 2-stündigen Strandmarsch aufbrechen.  

Samichlaus in St. Chamas
In St Chamas ist Weihnachtsmarkt, nichts wie hin. Das kleine Städtchen hat es in sich. Die Römer bauten die Flavianus Brücke, die bis heute in einwandfreiem Zustand erhalten ist. So etwa 1600 Jahre später bekam St. Chamas das Recht eine Pulverfabrik aufzustellen. König Ludwig XIV musste sogar das Wasser bezahlen, welche die Fabrikation antrieb. 1970 schlug dem Pulver die letzte Stunde. Heute besteht auf dem Gelände ein riesiges Naturreservat welches, was für ein Glück, gerade heute offen ist. Wir erkunden es ausführlich. Abgestorbene Bäume werden von Efeu umschlungen. Eichen, Schilf und Kastanienbäume regieren über Brombeer und anderes Gesträuch. Für Wildschweinwechsel sind extra Öffnungen im Zaun eingerichtet. Zurück im Hafen kommen wir gerade zurecht wie Papa Noel mit einer grossartigen Yacht einfährt und im Schlitten von Mama Noel und Rudolf dem red nosed Raindeer und den Elfen unter Musikbegleitung ins Städtchen geleitet wird.

The honorable Vivian   
Unsere neuen Nachbarn in St. Chamas, ein pensionierter, englischer zweiter Sohn eines Lords, seine norwegische Frau, die Schwägerin und eine sonnen bebrillte Dame, haben sich am Morgen für den Lärm in der Nacht entschuldigt, Sie hatten halt eine heftige Diskussion. Wir lassen zur Versöhnung alle unsere Hunde, zwei Border Terrier und Libby zusammen in den Olivenhain. Dazu gesellt sich ein französischer Mischlingshund etwa gleicher Grösse, der sich in das Auto seines Besitzers geschmuggelt hat. Normalerweise wohnt er in der Bretagne, weil Herrchen jedoch einige Zeit hier im Süden arbeitet, wollte er ihn begleiten.

Booze
Dave und Carol schauen kritisch auf das grosse Glas mit Eiswürfeln und einer weissen Flüssigkeit in meiner Hand. Wir haben eben den Wohnwagen im Camping La Rosaleda in Conil einrangiert und ich gehe mit meinen Gin Tonic einige Schritte auf die Gruppe fröhlich zechender Engländer zu. Da wird mir schon ein Campingstuhl angeboten. Offenbar haben Sie meinen Drink wohlwollend akzeptiert. Beat füllt noch Wasser in den Tank und wird dabei auch gleich gepackt. Nach 3 Stunden haben wir zu Acht, einen 5 l Bidon und etwa 12 Flaschen Roten und 2 Flaschen Weisswein, der mit dem Roten gepanscht einen farblich sehr schönen Rosé abgab, intus. Dave holt seine Gitarre hervor und singt das Lied vom Dump a Lump, ein etwas anrüchiges Chanson von der Beseitigung menschlicher Abfallprodukte. Bald können wir den Refrain mitchrächzen. Dave war in seiner Jugend Mitglied einer renommierten Band, Dave, Dick.....Dozy ........ etc. Er war Dozy und sieht jetzt auch etwas schläfrig aus. Beat schafft es noch uns Spaghetti zu kochen, abwaschen werden wir erst morgen.

 Für Sonntag haben wir zu einem Bar B Q bei John und Jill abgemacht. John und Jill haben ihren Wohnwagen auf der sonnigen und windabgewandten Seite von La Rosleda platziert. Wir packen Stühle, Tisch, Grill und zu Grillendes auf den Pick-up und fahren von der Hundeseite auf die Hundefreie Seite des Platzes. Dave und Carol sind bereits da. Alle haben sich vorgenommen, heute weniger Alkohol zu trinken, wegen den atmosphärischen Störungen am nächsten Tag. Keiner hat sich daran gehalten. Wir sind in bester Gesellschaft und mit britischem Humor. Allerdings ist davon nur wenig druckreif. Vielleicht die Geschichte mit dem Pastor? Nein, die muss man demonstrieren. Fragt mich das Nächste Mal wenn ihr mich seht. Die britische Campinggemeinschaft ist trink und party-fest.

Am Fuss der Pyrenäen 
Wir fahren über die Berge Richtung Tautavel. Das sind ideale Töffstrassen. Schöne Kurven, kein Verkehr und wunderbare Aussicht. In Tautavel besuchen wir den ältesten Franzosen. Er ist 450'000 Jahre alt und hat in der Nähe eine Höhle bewohnt. Sein Museum ist leider auch schon etwas angestaubt. Trotzdem ist es beeindruckend einem so alten Vorfahren zu begegnen.

Das Dali Museum in Figueiras lockt uns. Was für ein wildes Gebäude, passend zu seinem Schaffen. Seine Schmuckstücke, besonders das bewegte Herz sind grandios. Wir verfolgen eine Schulklasse die von einer Museumsangestellten in Catalan sehr lebendigen Kunstunterricht erhält. So sollte es an allen Schulen sein. Den Heimweg nehmen wir der malerischen Küste entlang und machen einen Halt in Colllioure mit seiner ehemaligen Tempelritterburg und der Barockkirche am Hafen. Die Burg ist leider schon geschlossen aber die Konditorei ist noch offen. Wir versuchen die Spezialität der Gegend, „Jesuiten“ ein bröckelndes, süsses Mandelgebäck.

Wasser
Wir haben einen 40 l Wassertank im Wohnwagen der ab und zu gefüllt werden muss. Beat trägt dann drei 12 l Wassersäcke vom Brunnen und füllt sie ein. Die Entlüftung im Einfüllschacht funktioniert nicht besonders, weshalb das Wasser nur langsam einfliesst. Heute pressiert’s und Beat öffnet den Deckel des Tankes unter meiner Sitzbank damit das Wasser schneller einläuft. Es kommt wie es kommen musste. Weil der Tank nicht ganz leer ist und es von aussen schwierig ist abzuschätzen wie viel noch reingeht, haben wir eine kleine Sintflut im Wohnwagen. Zum Glück haben wir keine Teppiche und das Wasser ist schnell aufgemoppt.

Auf der Heimreise erwischt uns in Lausanne nachts ein strenger Frost. Als ich am morgen die Zähne putze läuft das Wasser nicht mehr ab. Am Auslaufstutzen hat sich ein dicker Eispfropfen gebildet. Nichts ist mehr mit schnell noch etwas putzen oder abwaschen. Ich wollte die zwei Tassen vom Frühstück ja sowieso im geheizten Gemeinschaftraum abwaschen

Cacao in Cuneo
Der Himmel ist wieder klar und wir fahren nochmals in die Berge, diesmal nach Cuneo. Der Einfluss der verschiedenen Königshäuser und Bischöfe, welche das Geschick von Cuneo und seiner Umgebung geprägt haben ist allgegenwärtig. Ein riesiger Prunkplatz mit Palazzi zu allen Seiten und Prachtsstrassen führen in die Altstadt, welche mit Trottoirs unter Bogengewölben und traditionell aufgemachten kleinen Läden aufwartet. Das Caffé Bruno besteht seit 1864, wurde von einem Schweizer Confiseur und Chocolatier gegründet und ist immer noch in Familienbesitz. Der Gründer war königlich savoyischer Hoflieferant. Seine heisse Schokolade ist heute noch mehr als eine Sünde wert. Sie ist dunkel, süss und vor allem dick wie eine Creme.

Bei Franco Ariano kaufen wir hausgemachte Gänseleber mit Feigenkompott und Rohschinken ein. Libby ist auch in der Metzgerei willkommen und bekommt Wurst- und Schinkenstückchen. Sie würde hier wieder einkaufen, wir auch. Italien ist überhaupt sehr hundefreundlich. Eine Wirtin brachte es auf den Punkt: Sie kennt die Namen der Hunde, denn wenn es ihnen im Restaurant wohl ist, kommen die dazugehörenden Menschen auch wieder.

Reus und Tarragona
Bei den milden Temperaturen von 17 C (im Schatten) geben wir dem Wohnwagen wieder einmal eine gründliche Reinigung, danach steht Reus auf dem Programm. Gaudi wurde hier geboren. Verschiedene seiner Kollegen haben um die Jahrhundertwende 19tes zum 20ten den Modernismo, die spanische Interpretation von Jugendstil entworfen. Wir machen einen Spaziergang und besuchen einige der einzigartigen, gut erhaltenen Häuser.

Tarragona brilliert mit seiner Kathedrale welche noch Elemente einer Moschee aus dem 12. Jahrhundert im Kreuzgang beherbergt. Die ganze Altstadt en Schmelztigel von römischen, mittelalterlichen und maurischen Elementen. Einige Kilometer ausserhalb schwingt sich der grösste Aquädukt von Spanien über eine Schlucht. Er verband eine 35km lange Wasserleitung nach Tarragona.

Carol und Andy
Wir verstehen uns vom ersten Moment an prächtig mit unseren Nachbarn in Cuevas Mar, Andy, Carol und Catie einer älteren, faulen und charmanten Spanieldame. Carol fertigt Mohair Teddybären für Sammler an und hat auch Miniatur Möbel für Puppenstuben etc. gefertigt. Dazu kocht sie wunderbar. Bei unserer Rückkehr nach Cuevas Mar auf unserer Heimreise lädt sie uns spontan zu Brathähnchen und Kartoffeln ein. Ein Genuss. Andy muss leider zum Arzt. Ich begleite ihn zum lokalen Gesundheitszentrum. Andy hat eine starke Bronchitis und spricht kein Spanisch. Der Arzt ist Spanier und spricht kein Englisch, also komme ich mit zum Übersetzen. Wir sind Nummer eins auf der Liste, dank dem Krankenpfleger, der Andy schon am Wochenende mit Sauerstoff und einer Spritze pro Tag versorgt hat. Nach drei Tagen geht es ihm glücklicherweise wieder besser.
 

Wir gehen zusammen zum Essen zu Eugenio, eine Arbeiterbeiz. Ein Menu mit drei Gängen und einer riesigen Auswahl, Wein, Wasser und Kaffe für 10 € pro Person. Zum Dessert gibt es Pa Calatrava, die lokalen Dessertspezialität. Sie besteht aus Brotkuchen und Flan mit Karamellsauce. Göttlich süss. Wir essen Abends nur noch je einen selbstgebackenen Scone von Carol, mehr liegt nicht drin.

Hast Du nichts vergessen?
Mittlerweile haben wir unsere Liste der vor der Abfahrt zu kontrollierenden Dinge verdoppelt. Wir machen heute Abend den  Wohnwagen schon transportfähig, das heisst, die PC’s werden versorgt, die Früchteschale in einen Plastiksack gesteckt, das Radio unter mein Bett verpackt und, als Letztes, die Bar unter Beat’s Bett verstaut. Morgen früh dann nur noch Frühstücken, Abwaschen, Tisch herunterlassen, alle Kästen verschliessen, Seife im Bad wegschliessen, Stützen hinaufziehen und.... Eben. Ich habe noch nach Wochen letzte Couscous und Meersalzkörner gefunden, als wir vergessen hatten die Schranktüre mit den Vorräten zu arretieren.

Nach fast 10'000 km mit Wohnwagen fühlen wir uns schon fast wie Profis. Vor dem Hochmut kommt der Fall. Kaum auf der Autobahn schaue ich kontrollhalber nach hinten. Mir fällt ein dunkles Ding auf dem Dach des Wohnwagens auf und wir steuern sofort den Pannenstreifen an. Anfängerfehler Nummer 15: wir haben die Dachluke nicht verschlossen und sie hat sich im Fahrtwind aufgestellt. Glücklicherweise ohne weiteren Schaden. Wir fahren etwas bescheidener weiter und kontrollieren sicherheitshalber noch den Ölstand und die Luft in allen 6 Reifen auf der nächsten Raststätte.

 

Herrmann und der Findelhund
Beim Spaziergang am Strand treffen wir einen kleinen Hund und seinen braungebrannten pensionierten Besitzer mit listigen Schelmenaugen. Als er sieht, dass ich gerne mit dem Hund spiele, bietet er mir spasseshalber Hundeleine und Hund zum Mitnehmen an. Er erschrickt nicht schlecht, als ich ohne zu zögern zugreife. Erleichterung macht sich breit, als ich ihm die Leine wieder zurückgebe. Seine Frau hätte es nicht verwunden, wenn er ohne Hund nach Hause gekommen wäre. Sie hat den Vierbeiner als Welpe von einer amerikanischen Familie übernommen, die ihn nicht mehr haben wollte.

Der „richtige“ Platz
Auf dem Bild sehen die Campings immer so idyllisch am Meer gelegen aus. Man stellt sich offene, weite Plätze mit Meerblick vor. Die Realität ist dann vielfach etwas anders. Die im Sommer beliebten Plätze in der Nähe des Meeres sind meist mit vielen Bäumen bestanden und beschatten den Platz. Im Winter ist das nicht sehr gefragt, da man gerne jeden Sonnenstrahl erhaschen will. Das Meer ist vielleicht nicht weit, aber vom Platz aus nicht zu sehen. Manchmal liegt eine viel befahrene Strasse dazwischen. Viele Plätze an der Costa del Sol sind sehr gut mit „Domingueros“ Wochenend-Campern besetzt. Meist sehen diese Plätze dann wie Plastik-Festungen oder sogar Slums aus. Es gibt allerdings auch solche, die einen farbenprächtigen Blumen oder Kakteengarten um ihren Platz errichten. Über Feiertagswochenende kommen viele Spanier mit Sack und Pack, Familie und Hunden in ihr Feriendomizil auf dem Camping. Es geht dann dementsprechend geschäftig und laut zu und her. Viele Plätze sind auf den letzten Meter ausgerechnet und es wird eng.

Wir haben nie im Voraus gebucht oder reserviert, sondern uns immer erst den Platz angesehen, und dann entschieden ob und wie lange wir bleiben wollen. Je nach Dauer des Aufenthaltes bekommt man zwischen 10 und bis zu 60 % Rabatt auf die ausgeschriebenen Preise.

Weihnachten in Spanien
Wir stehen extra früh aus, schon mit der Sonne um 9 Uhr. Letzte Einkäufe für Weihnachten stehen bevor. Wir beschenken uns mit einer gloriosen Fahrt in die Berge. Schon wenige Kilometer inland vergisst man die grauenhaft überbaute Küste und fährt auf kurvenreichen Strassen in den klaren blauen Himmel. Mittagsrast schalten wir in Guadalrest ein. Ein Dorf, das weiss wie man sein mittelalterliches Schloss vermarktet. 7 Museen stehen am Weg zum Eingang. Heute früh geschlossen, also schauen wir uns die Plätze und Mauern an. Auf der Weiterfahrt überqueren wir einen 1000 m hohen Pass und sehen von dort tatsächlich einen Schneehauch auf einem 1500 m hohen Nachbarberg. Glücklicherweise ist es immer noch zwischen 13 und 15 C warm. Auf dem Rückweg fahren wir durch Xixona, der Heimat des Turron, die süsseste und klebrigste Stadt Spaniens. Im Caravan ist dann Weihnachtsstimmung und Spass mit dem englischen Radiosender. Im Gegensatz zu uns Nordländern wird hier gefeiert und eine gute Stimmung verbreitet.

Moraira und der Penon de Ifach
Der Campingplatz liegt in einem Pinienwäldchen. Im Sommer ist das ja wunderbar, aber im Winter nimmt es schon sehr viel Sonne weg. Im Wohnwagen ist es noch dämmerig, aber draussen scheint gleissend eine strahlende Sonne am azurblauen Himmel. Wir erkunden Moraira und bleiben mit unseren Prospekten von der Tourist Info im Eiskaffee am Hafen sitzen. Schatten ist gerade warm genug, die Sonne brennt richtig.  

Der Felsen von Penon de Ifach ist ein kleiner Naturpark gleich um die Ecke. Die Phönizier nannten ihn den Nordfelsen, der Südfelsen ist nach phönizischer Lesart Gibraltar. Der Aufstieg ist steil und bricht in schwindelerregender Höhe durch einen Tunnel auf die Südseite des Felsens durch. Libby kraxelt wie eine Bergziege auf den Felsen herum. Langsam kommt ein kühler Wind und einige Wolken auf aber wir haben eine wunderbare Sicht aus dem Blickwinkel der grossen Seemöwen die rund um uns herumsegeln. Der Fels ist ein Naturschutzgebiet und bietet etwa 300 Vogelarten ein geschütztes Brutgebiet.

Auch auf der anderen Seite von Moraira winkt ein Gipfel und lockt in die Höhe. Das heisst hier: in der Direttissima 160 Höhenmeter mit ca. 30 % Steigung zu einem mittelalterlichen Wachtturm auf ein Kliff klettern. Sogar Libby klebt fast flach am Steilhang. Dafür herrscht hier oben beinahe absolute Stille. Nur Wind und Wassergeräusche und ein wenig Vogelgezwitscher sind zu vernehmen. Wir schweben über der Bucht von Moraira und sehen hinüber zum Felsen von Ifach. Genau wie vor 500 Jahren, als der Turm erbaut wurde um Warnsignale vor nahenden Piratenhorden von Fels zu Fels weiter zu leiten. Zurück in der profanen Wirklichkeit essen wir als spätes Mittagessen eine wunderbare Paella.

Der Reichtum der Berge 
Wir erkunden heute die Küste Richtung Nord. Nach Villafranca fallen uns auf den Hügeln kleine Türme mit niederen, zum Meer strebenden Mauern auf. Von Weitem sehen sie aus wie die Chinesische Mauer en miniature. Beim näheren Hinsehen entpuppen sich die Mauern als gemauerte Röhren und geben uns noch mehr Rätsel auf. Auf verschiedenen Hügeln kann man Reste von Häusern und Befestigungsmauern ausmachen. Wir finden heraus, dass die ganze Gegend seit den Phöniziern ein einziges Erzabbaugebiet ist. Zuerst wurde Gold und Silber gefördert und nach und nach die weniger hochwertigen Metalle. Die Röhren dienten zum Transport des Erzes vom Hügel bis zum Hafen am Meer. Erst in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts wurde die Minen-Aktivität eingestellt.

Wir steigen durch ein ausgetrocknetes Flussbett auf und drehen dann in einen ehemaligen Zufahrtsweg ab. Höher und höher führt der Weg, bis wir auf die fruchtbaren Salat und Gemüsefelder hinabschauen können, die auf vielen Terrassen angebaut werden. Verlassene Stollen und Schächte, Kamine von Schmelzstationen, und ockerfarbene Hausruinen säumen den Weg. Die ganzen Berge sind von Stollen durchhöhlt. Angekommen bei den Mannschaftshäusern und einer der Hauptschmelzen wühlen wir noch etwas in der Schlacke um vielleicht doch ein Quentchen Gold oder Silber zu finden. 

Marbella - Die Perle am Stand
Dieser Camping entspricht ziemlich unseren Vorstellungen von einem idealen Platz. Der Strand ist wirklich nur 100 m entfernt und nicht durch eine Autobahn abgeschnitten. Wir spazieren über eine Stunde im sonnenwarmen Sand, genehmigen uns einen Kaffee und eine heisse Schokolade in einem Strandcafe und lassen uns von der Sonne bescheinen. Zu spanischer Essenszeit, um 15 Uhr, erlaben wir uns vor dem Wohnwagen an etwas Lachs auf Toast und Spanischem Schinken auf frischgebackenen Brötchen. Unser Backofen bewährt sich bestens. Den Rosé haben wir leider nicht kaltgestellt, so gibt es halt bloss Wasser zu Trinken.

Wir wundern uns, warum nur wenige Camper Wäsche aufgehängt haben. Sonst flattern doch allenthalben Unterhosen mit Hemden und farbigen Leintüchern in der warmen Brise um die Wette. Wir kommen schnell darauf, dass es hier keine Selbstbedienungs-Waschmaschinen gibt, sondern einen Waschservice, der die Wäsche getrocknet und zusammengelegt abliefert und haben gleich davon Gebrauch gemacht. Wir sehen eine Camperin auf ihrem Fahrrad, mit der einen Hand hinter sich einen Korb nasser Wäsche haltend, mit der anderen Hand eine Einkaufstasche mit frischem Brot, schwankend um die Ecke radeln. Die nassen blonden Haare trocknen im Wind und die weissen Shorts dehnen sich unter der Anstrengung gewaltig. Sie ruft ihre Freundin, die sie mitten auf der Strasse abfängt und vorm Umstürzen rettet.

 

The Rock
Der Bus nach Gibraltar fährt schon vor 9 Uhr. Wir sind völlig ausser Übung im Frühaufstehen. Seit 1704 gehört „The Rock“ den Engländern, eine Tatsache, die den Spaniern immer noch schwer im Magen zu liegen scheint. Sie prüfen unsere ID’s ganz genau. Hand aufs Herz. Wer möchte auf einem Felsen ohne Gärten, Umschwung und Hinterland leben? So was können nur die Briten. Sie haben den Fels völlig untertunnelt und den Aushub zusammen mit anderem Material dazu verwendet einige hundert Meter Land dem Meer ab zu ringen. 30'000 Menschen leben auf engstem Raum. Ich bin nicht ganz sicher, ob die Freilaufvorschriften hier eingehalten werden. Einzig die Berber Makaken, die berühmten Affen, haben genügend Platz. Sie werden sogar von Staates wegen gefüttert, seit Winston Churchill dies bei seinem Besuch im zweiten Weltkrieg so angeordnet hatte.

Seit 1929 fahren die Felsbewohner sogar auf der rechten Seite. Damals wurde die Grenze zu Spanien geöffnet und es hätte einige Konfusion gegeben, wenn alle Grenzgänger auf beide Richtungen plötzlich die Strassenseite hätten wechseln müssen. Nach Gibraltar hinein zu fahren ist eh schon gefährlich genug. Es ist auf der Welt die einzige Hauptstrasse, die einen Flughafen-Runway überquert. Dies bei doch vier regelmässigen zivilen Personen-Flugbewegungen am Tag, ganz zu schweigen von den militärischen und den Transportflügen. Beim Anflug wird jeweils eine Schranke heruntergelassen und ein Rotlicht angezeigt. Es war nicht ganz klar, ob dann die Autos oder die Flieger anhalten müssen. Gibraltar ist noch in anderen Dingen einzigartig. So hat man von da eine wunderbare Aussicht auf drei verschiedene Länder, zwei Kontinente und zwei Meere; Spanien, Gibraltar und Marokko, Europa, Afrika, Mittelmeer und Atlantik. Hauptwährung ist das Pfund Sterling, der Euro wird jedoch gerne genommen, und dann Wechselgeld in Pfund gegeben. Wir hatten schon fast vergessen, wie es früher in Europa war, als wir manchmal mit acht verschiedenen Währungen in die Ferien fuhren. Der Euro hat schon sein Gutes.

Bargeld?
Wir holen zuerst unsere Tickets für den Alhambra-Besuch vom Montag bei der BBVA Bank in Motril. Wir wollen auch unsere Barschaft wieder etwas auffüllen und gehen zum Bankomaten. Alles tönt wie immer aber anstelle von Barem, kommt der Text: „Ihre Karte ist abgelaufen, rufen Sie Ihre Bank an.“ Wir haben noch ca. € 150 und der Campingplatz nimmt keine Kreditkarten. Hat unsere EC Karte ein Verfalldatum? Tatsächlich, 12/04. Ein Anruf bei unserer Bank bestätigt, dass wir zwei neue EC Karten zu Hause in der Post vorfinden würden. In Spanien nützt uns diese Auskunft auch nicht viel. Wir eröffnen kurzerhand ein Konto bei der BBVA und lassen uns sofort Geld überweisen. Das klappt bestens. Wir heben das Geld in drei verschiedenen Städten ohne Probleme ab. Als wir allerdings das Konto wieder schliessen wollen, beissen wir auf Granit. „Das können sie nur in der Filiale tun in der sie es eröffnet haben“, oder „Diese ID’s kennen wir nicht, geben Sie uns ihren Pass“ (habe ich nicht), zu „Gehen sie zu meinem Kollegen am Pult“ der auch nicht weiter weiss und uns wieder zum Schalter zurück schickt. Da wird es uns zu bunt, wir verlassen die Filiale, gehen zur nächsten, heben bis auf 20 Cent alles ab und lassen das Konto offen, null problemo.

 

Ronda – Die Stierkampflegende
Wir fahren nach Ronda, der Stierkampfstadt auf einem Hochplateau. Zuerst sind wir etwas enttäuscht, denn wir fahren mit der Schnellstrasse an und von dieser Seite sieht die Stadt aus wie jede anderen spanische Bergagglomeration. Zugegeben, sie zeigt schöne Stadtmauern und ein stilvolles Eingangstor aber das haben andere Städte auch. Wir steuern erst einmal auf die Stierkampfarena zu. Unterwegs schwant uns bereits, dass Ronda  doch etwas Spezielles sein muss. Wir spazieren durch einen schön angelegten Stadtpark mit Palmen und Bänken und streben dem Geländer am anderen Ende zu. Fast verschlägt es uns den Atem. Wir schauen direkt hinunter ins Nichts. Weit unten sind einige Schafe auszumachen. Hier geht es senkrecht bis zum Talboden. Die fast 200 Jahre alten „Neuen Brücke“ verbindet die beiden Stadtteile von Ronda. Dazwischen windet sich ein kleiner Fluss durch die 340 m tiefe schattige Schlucht und ergiesst sich über einen Wasserfall in das tiefer liegende Tal.

Die Stierkampfarena, eine der ältesten in Spanien, basiert auf einer militärischen Reitschule aus dem 16. Jahrhundert. Damals wurden Stiere gebraucht, um den Rittern gefährliche Angriffe von Feinden zu simulieren. Der Ring ist eher klein nach unseren Vorstellungen, aber die ganze Anlage ist sehr gepflegt und mit Kopfsteinpflaster oder Sandboden belegt. Das Stierkampfmuseum bringt diese, für uns doch eher befremdliche Kultur, etwas näher. Auf jeden Fall erklärt es den Spanischen Enthusiasmus und die Faszination vieler Menschen dafür. Über die Jahrhunderte hat sich der Stierkampf, Mensch auf Pferd gegen Tier, in einen Kampf Stier gegen Torrero entwickelt. Bis zu ihrem Auftritt in der Arena werden die Stiere mit ehrfürchtiger Sorgfalt und Pflege behandelt. 

Die Sierras
Wir besuchen die Dolmen von Viera und Menga. Das sind 4500 Jahre alte Steinzeitbauten aus riesigen Monolithen, welche unter einer hügelförmigen Erddecke versteckt sind. Sie dienten seinerzeit den Kelten zur Bestattung ihrer Toten und sind heute noch sehr eindrücklich. Wie wurden damals die riesigen Megalithen vom Steinbruch hierher gebracht und aufgestellt?

Danach fahren wir durch die wildromantische Landschaft zu einem riesigen Stausseengebiet. Die Strasse ist meist knapp für eine Autobreite gedacht. Bei El Chorro tief unten im Tal erregt eine über 100 jährige halsbrecherische Brücke eine Hühnerhaut. Sie überspannt den schmalen Einschnitt zwischen den zwei steilen Felshängen etwa 100 m über Talboden. Von weiter oben ähnelt das Flusstal dem Grand Canyon.

Wir fahren weiter auf einer kleine Nebenstrasse durch die Berge. Die hat es in sich. Sie führt zuerst ins Tal, dann wieder auf 1000 m und alles in der Breite einer Fahrspur und mit ca. 25 Haarnadelkurven. Ein Getränketransporter als grösstes Fahrzeug begegnet uns schon nach den ersten 100 m. Danach sind wir dauernd auf der Hut. Früher war diese Gegend durch Wegelagerer berühmt und berüchtigt. Die einsamen Berge sind von Kastanien und Eichenwäldern bewachsen. Die Route bietet spektakuläre Sichten auf Berg und Täler. Ein Sonnenuntergang auf 1000 m belohnen uns für die fahrerischen Anstrengungen.

.....wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt.  
Wir haben neue Nachbarn bekommen, ein englisches Wohnmobil. Die Besitzer haben sich uns sofort freundlichst empfohlen weil sie darauf bestanden haben, ausgerechnet den Platz zu wollen, auf dem wir unser Auto abgestellt haben. Es hat jedoch noch vier Reihen völlig freie Plätze. Unser Wohnmobil Nachbar spannt auf Bauchnabelhöhe eine Schnur zwischen unserem und seinem Platz. Ob er hofft, dass Libby sich davon abhalten lässt seinen Vorplatz zu verpinkeln? Er macht sich weiter beliebt indem er sich jedes Mal demonstrativ die Ohren zuhält, wenn der Nachbarn auf der anderen Seite Musik hört. Nach einigen Tagen stellt er sein Wohnmobil so um, dass er die Satellitenschüssel von Andy und Carol verdeckt. Er müsste nur 30 cm zur Seite fahren, aber er will nicht. Punkt. Zum Glück bildet er die leidige Ausnahme. Er hat den Preis „missliebigster Camper des Winters 04/05“ redlich verdient.

 

Domingueros

Auf vielen Plätzen hier in Spanien ist ein guter Anteil der Plätze das ganze Jahr fest vergeben. Am Wochendende, wenn die Spanier mit Sack und Pack anfahren, ist dann hier High Life. Trotz des Reglementes , welches Einzäunungen und private Blumengärten verbietet, spriessen auf den Plätzen alle erdenklichen Pflanzen und spiegeln ihre Besitzer wieder. Wie soll man einen Camper ansprechen der sich auf der ganzen Front in drei Reihen hinter Sukkulenten, Kakteen aller Art, und möglichst stacheligen, verbirgt? Andere haben sich mit hohen Umzäunungen vor jeglichem Kontakt abgeigelt. Ein schwedisches Paar hat feine, geschwungene, weisse Stühle kombiniert mit Rattansesseln und Liegen mit roten, rosa und gelben Geranien, Petunien und Hibiskus umgeben. Der Mann macht allerdings schnell klar, dass dies das Hobby seiner Frau sei. Er würde alles rauswerfen. Das wäre richtig schade. Am anderen Ende des Spektrums steht das Zelt, von einer alten Blache überdeckt, umstanden mit alten Holzmöbeln, ebenfalls unter einer vergammelten Plastikplane, vorgelagert von einer kaputten Liege mit einem angefressenen Schaumstoffkissen und einem verwaschenen Wolldecke für den Hund. Das erinnert eher an ein Slum.

Letzte Nacht haben die Wochenendspanier verschiedene Feste gefeiert. Um 22 Uhr wird der Grill angeworfen und dann beginnt ein brutzeln, zischen, rauchen und dampfen, was das Zeugs hält. Das Wasser läuft uns im Munde zusammen, obwohl wir eigentlich schon ans Schlafen denken. Das sabotieren allerdings die drei kleinen Yorkies gleich hinter uns. Sie lassen im 5 Minuten Takt eine Yapsorgie ab. Erst um drei Uhr früh ist Ruhe.

Costa de la Luz

Wir verlassen das Mittelmeer und wenden uns Càdiz zu. Nach dem südlichsten Punkt von Spanien bei Tarifa, ändert sich die Landschaft schlagartig. Schluss mit den pseudo-maurischen Appartment-Häusern, den mediterranen Villen und überfüllten Strassen und Shopping Centers. Ein fulminanter Schlusspunkt setzt die erzhässliche Riesen-Raffinerie und Industriestadt Algeciras, dann kehrt wohltuende Ruhe ein. Die steilen Berge weichen bewaldeten Hügeln. Wir passieren zwei Pässe von je 340 m. Das Land wird flacher und die Landwirtschaft findet nicht mehr unter Plastiktunnels statt. Wenn es überhaupt Häuser hat, dann die niederen langgezogenen weissen Gebäude die ich immer noch aus meiner Kindheit in Erinnerung hatte.  Vieh weidet friedlich neben der Strasse, darunter einige schwarze Kampfstiere, Esel und Pferde runden das Bild ab. Mit anderen Worten, Andalusien, wie man es sich vorstellt.

Der Campingplatz ist sehr gepflegt, und ist in eine Seite mit und eine Seite ohne Hunde eingeteilt. Wir bleiben auf der Hundeseite und werden sofort von verschiedenen Britischen und Australischen Campern in der Auswahl der Parzelle beraten und tatkräftig unterstützt beim Einparkieren unseres eher langen Wohnwagens. Kaum steht das Nötigste finden wir uns in einer feuchtfröhlichen Apérogruppe von Engländern wieder. Unter uns rezitieren die Waliser Gedichte, oberhalb halten die Australier und weitere Briten ein BBQ ab. Erst als es Dunkel wird erinnern wir uns, dass wir seit dem Frühstück nur Flüssiges zu uns genommen haben. Beat schafft es noch Spaghetti zuzubereiten. Abwaschen werden wir morgen

Was wäscht weisser?
Viele Camper haben ihre eigenen Wachmaschinen und Wäscheschleudern dabei. Teilweise heizen sie das Wasser selber auf, es gibt aber auch solche in die man warmes Wasser einfüllen muss. Offenbar ist heute Vorführtag. Ich kann die verschiedensten Modelle bewundern. Ob sie wirklich weisser waschen wie die Campeigenen? 

Ich bin etwas in Eile und will nur noch schnell eine Waschmaschine voll Buntes starten. In wenigen Minuten sollte ich an der Reihe sein, nach mir haben sich schon weitere drei Waschwillige eingefunden. Es gibt zwar vier Waschmaschinen auf dem Platz aber nur diese eine wäscht auch warm. Ich fülle also die Wäsche ein, fülle das Pulver in das Fach, werfe den Jeton in den Schlitz und lese die Gebrauchsanweisung. Erstens steht, dass man nur flüssige Seife verwenden kann. Habe ich nicht. Das Pulver ist bereits im Schacht. Ich gehe zum nächsten Wasserhahn und hohle einige Handvoll Wasser die ich dem Pulver nachschütte. Das sollte also klappen. Aber die Maschine läuft nicht an. Die Nachwascher schauen mir über die Schulter, was mich auch nicht gerade beruhigt. Ich drücke alle Knöpfe und rüttle an allen Hebeln, aber die Maschine rührt sich nicht. Ich werfe entschuldigende Blicke in die Menge und eile zur Rezeption. Dort steht eine grosse Gruppe Spanier in einer langen Schlange und wollen alle ihre Rechnungen bezahlen, ihr Wochenende ist um. Es gelingt mir ein Auge von Juana der Rezeptionistin zu erhaschen, sie macht mir ein Zeichen „in einer Viertelstunde. Vale? OK?“ Nein, nicht ok, aber was kann ich tun. Zum dritten Mal eile ich an einer Gruppe gemütlich da sitzender Engländer vorbei, die mir schon zweimal ein Bier angeboten haben. Leider, keine Zeit. Ein Blätter rechender Angestellter des Campings wird zu meiner Rettung. Nachdem er auch erfolglos an allen Knöpfen und Hebeln herumhantiert hat, schletzt er die Waschmaschinentüre mit aller Kraft zu und... siehe da, sie läuft. Ja mit Gewalt....! Meine Nachwascher nehmen es glücklicherweise gelassen.

Den Vogel abgeschossen hat allerdings die professionelle Wäscherin in Marbella die meine Weisswäsche so rigoros behandelt hat, dass sie papierdünn, brüchig und teils verfranst wieder zum Vorschein gekommen ist. Es wurde eine rundum Erneuerung bei Marks und Sparks in Gibraltar notwendig.

Willi
Da ist der Willi. In seinem beruflichen Leben war er Binnenschiffer. Auch auf den Europäischen Flusstrassen geht es manchmal wild zu und her. Er erzählt uns von einem Kollegen der um keinen Preis glauben wollte, dass sein Kahn zu hoch für die Rheinbrücke wäre, bis das ganze Steuerhaus von der Brücke wegrasiert wurde, mitsamt dem Kapitän. Seit einigen Jahren ist Willi nun mit seinem Wohnwagen unterwegs. Im Sommer steht er auf einem Dauerplatz in Deutschland, den Winter verbringt er in der Wärme in Spanien. Weil er so gut Geschichten erzählen kann, hält er jetzt manchmal in einem kleinen Ort an der Ostküste von Spanien die Sonntagspredigt in der Kirche für die anderen deutschsprachigen Wintergäste. Willi möchte auf dem Laufenden sein und versucht mit viel Geduld seine Fernsehschüssel auf den Satelliten auszurichten. Kein einfaches Unternehmen. All die Einstellungen nach Neigungswinkel und Grad, wobei nicht ersichtlich ist worauf sie sich basieren. Ich bin mir nicht sicher, ob sich die Mühe lohnt, die Nachrichten sind eh meistens schlecht. Willi besteht auf dem Empfang und fordert Hilfe vom ortsansässigen Spezialisten an. Weil Willi kein Spanisch spricht artet das Ganze in eine kurzweilige Pantomime aus. Der Spezialist ist ein Profi und mit den passenden Instrumenten ist die Schüssel ausgerichtet und in Kürze läuft das Ding. Kaum läuft der Fernseher, gibt er schon die Hiobsbotschaft vom Tsunami in Ostasien bekannt.
 

Harry Potter Caravan 
Im Camping tut sich zauberhaftes. Harry Potter’s Caravan ist unterwegs, so hat mindestens ein holländischer Junge den englischen Wohnwagen genannt, der mühelos mit einem Euromover bewegt werden kann. Zusammen mit Graeme dem Besitzer machen wir uns einen Spass daraus, aus sicherer Entfernung den Wohnwagen zu bewegen. Die Spaziergänger bleiben verdutzt stehen und trauen ihren Augen kaum. Erst beim zweiten oder dritten Mal entdecken sie uns mit der Fernsteuerung.


Die Wölfe von Antequera
 
Hoch in den Bergen bei Antequera leben seit bald 2 Jahren vierzehn Wölfe  zusammen mit einem Deutschen Ehepaar. Der Lobo Park wird im Sommer offiziell eröffnet, aber wir konnten schon jetzt eine geführte Besichtigung unternehmen. Kanadische Timberwölfe, seltene weisse Polarwölfe, Europäische Grauwölfe und Iberische Wölfe  leben in je 3 ha grossen Freigehegen. Ein Biologe erklärt uns die Lebensweise der Wölfe. Sie werden zwei mal pro Woche gefüttert. Alle Rudel haben einen Alpha Wolf und eine Alfa Fähe. Bei der Jagd arbeitet das ganze Rudel zusammen und erlegt ein schwaches, altes oder krankes Opfer. Die anderen Opfertiere nehmen schnell reissaus. Das ist das Zeichen für die Wölfe dass die Jagd zu Ende ist und das Fressen beginnen kann. Die Wölfe tragen damit zur gesunden Erhaltung ihrer Opfertiere bei. Bei den Reissorgien unter Schafen von denen wir im Wallis hören bleibt jeweils die Schafherde zusammen und der Wolf nimmt an, dass die Jagd noch nicht vorbei ist. Er reisst bis es keine lebenden Tiere mehr in seinem Blickfeld gibt. Er verhält sich etwa so, wie wir vor einem Gourmetbuffet, wenn wir regelmässig viel zu viel auf den Teller laden.

Oh Schreck
Eine kleine Drittklassstrasse führt uns Richtung Granada in die Berge. Die Sierras Chaparral und Almijara bieten atemberaubende Panoramen. Ausser dem Wind ist nichts zu hören, die ganzen Berge und Täler liegen zu Füssen. Nur die Sierra Nevada ist noch höher. Wir fahren bis zum höchsten Punkt mitten in die Skipisten.

Im Strassenverkehr gibt es auch hier Kuriositäten. Wir stehen auf der linken Seite an der Kreuzung von zwei Feldwegen um ein Photo zu schiessen. Es hat genügend Platz um neben uns vorbeizukommen, aber hier kommt bestimmt niemand vorbei. Murphy’s Gesetz entpuppt sich wieder einmal als sehr lebensnah. Ein altes Auto mit einer noch älteren Chauffeuse und Beifahrerin auf dem Nebensitz und einem jungen Mädchen auf dem Rücksitz nähert sich der Kreuzung. Blankes Entsetzen zeichnet sich auf den Gesichtern der zwei älteren Damen ab als sie in die Nähe unseres Autos kommen. Da ergreift das Mädchen vom Rücksitz aus beherzt das Steuer und chauffiert die ganze Gesellschaft sicher an uns vorbei.

Fahrt in die malerische Wüste
Noch etwas übernächtigt aber voller Tatendrang brechen wir auf in die Berge und die einzige Europäische Wüste. Empfangen werden wir von „Texas-Hollywood“ einer Western-Filmstadt in der Weltproduktionen von Sergio Leone und Anderen entstanden sind, als Letztes: Der Schuh des Manitou. Eine kleine Stuntshow mit Pferden zaubert den alten Westen in diese Ecke von Spanien. Wir fahren weiter über einen 1970 m hohen Pass. Auf der Nordseite liegt etwas Schnee...igitt. Dafür ist die Aussicht atemberaubend. In der Abendsonne werfen die kleinen Moränenreste der letzten Eiszeit modulierende Schatten und verleihen dem breiten Tal eine künstlerische Note.

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