ZURÜCK 03 – Algarve Winter
06/07 (english
Text at the end of german text)
Ausser der Natur ist das Fort von Sagres
die grösste Attraktion. Hier hat im 15. Jahrhundert Heinrich der Seefahrer
sein Wissenschaftszentrum für alles rund ums Meer aufgebaut. Dabei
entstanden so nützliche Dinge wie: Kompass, Quadrant und andere
Navigationsgeräte die es erstmals erlaubten aufs offene Meer
hinauszufahren und nicht nur den Küsten nach zu schleichen. Notwendig war
dafür auch ein neuer Schiffstyp, die Karavelle, die die Segel verstellen
und so auch zickzack Kurs gegen den Wind laufen konnte. Solchermassen
ausgerüstet schickte Heinrich seinen besten Navigator, Gil Eanes auf
grosse Fahrt. Der bekam jedoch am Cap
Bojador bei der Westsahara kalte
Füsse und kehrte um. Bis jetzt glaubte man, dass hinter dem Kap
Seeungeheuer lauerten, die alles verschluckten, was da angesegelt kam, und
Magnete die Nägel aus den Planken zogen, oder die Schiffe einfach den
Wasserfall hinunter ins Bodenlose fielen. Heinrich stauchte den Gil
gehörig zusammen und schickte ihn nochmals los und siehe da, nichts war.
Ab sofort hatten die Meere ihre Schrecken verloren und der Run auf
Entdeckungen konnte beginnen. Mitten im Fort hat Heinrich eine riesige
Windrose oder ähnliches aus Steinen hinterlassen, die den Wissenschaftlern
Rätsel aufgibt, weil sie 48 anstatt der normalen 32 Felder enthält. Wer
weiss, vielleicht war es bloss eine sehr genaue Sonnenuhr, die
halbstündlich die Zeit anzeigte?
In Santander haben wir uns eine spanische
Telefonnummer zugelegt. Das war einfach, Vodafone gab uns eine Pre-Paid
Karte ohne viel Aufhebens und wir laden € 50 drauf. Als Erstes schenkt uns
Vodafone €26 Super denke ich, jetzt kann ich zu Lokaltarifen den nächsten
Camping anrufen und schauen ob er Platz für uns hat. Der Kredit reicht bis
wir wieder zu Hause sind. Wenn ich Ferngespräche machen will, nehme ich
die Schweizer Nummer, kostet gleich viel. Beat hat Geburtstag, seine
Mutter ruft an, ich bekomme einen netten Anruf von einer Freundin auf die
neue Nummer und plötzlich... Guthaben aufgebraucht... Was ist denn jetzt
los? Kann ja gar nicht sein, die par SMS und lokale Anrufe die ich
getätigt habe. Ich fahre zum nächsten Supermarkt und werde überrascht. Die
Verkäuferin kann mein Guthaben nicht aufstocken, weil wir .. ja, eben
dämmert’s? Ja, wir sind in Portugal. Wir sind telephonisch im Ausland und
da bezahle ich die Telefongebühren auch wenn ich angerufen werde. Das
Portugiesische System erlaubt zwar das Laden der Telephonkarte via
EC-Karte, an der Supermarkt-Kasse und mit Prepaidkarten, aber eben nur
portugiesische. Auch die Post kann nicht weiterhelfen. Mein
Kommunikationsgen geht auf Tauchstation und igelt sich ein.
Nur keine Aufregung, wie immer haben wir
auch diese Katastrophe bald wieder im Griff. Es bedingt allerdings eine
Fahrt in die nächste grössere Stadt, Lagos. Die ist sowieso einen Ausflug
wert. Eine fast vollständig intakte mittlelalterliche Stadtmauer umfasst
den alten Stadtkern am Ribeira da Bensafarim bis zum alten Hafen. Von hier
aus segelte der gescholtene Gil Eanes 1434 um das Kap Bojador. Sklaven aus
Afrika wurden hier auch versteigert von dem merkt man heute nichts mehr,
wenn man einmal von den modernen Sklaven der Technik absieht. Also gleich
um die Ecke soll Vodafone ihr Geschäft haben und mich endlich wieder mit
der Welt vereinen. Tatsächlich, die tun das auch und nehmen mit einem
vorwurfsvollen Blick 15 % der einbezahlten Summe als Gebühren. Nun ja, ich
hätte ja eine portugiesische Sim Karte haben können. Zähneknirschend habe
ich den modernen Sklaventribut da gelassen. Gleich danach haben wir uns in
einen Einkaufstaumel bei Lidls gestürzt. Unsere Weihnachtseinkäufe
umfassten auch 2 Schachteln Katzenfutter und 3 grosse Tafeln Schokolade
für Manfred, den Katzenmann.
Den heiligen Abend haben wir zusammen mit
Ivor und Sally aus England, Peter und Claudia aus Deutschland und Anna und
Antonio aus Spanien stimmungsvoll mit Rockmusik am Lagerfeuer mit
Spezialitäten aus allen Ländern verbracht. Am ersten Weihnachtstag kam
Manfred zu uns zum Abendessen und hat uns aus seinem abenteuerlichen Leben
erzählt. Nur so viel, nie wieder Deutschland, mit seinem Flaschenpfand und
den ganzen Abzockern. Am Stephanstag haben wir mit Ivor und Sally und
Brigitte und Charly eine Töfftour zu einem verborgenen Strand gemacht und
dort ausgiebigst gepick-nicked. Von den kleinen Strässchen mit
Pockennarben die über die Hügel entlang des Meeres führen haben wir einen
sagenhaften Ausblick übers Land und auf’s Meer.
Nach all diesen Festivitäten hat natürlich
unser Weightwatcher Program etwas Schlagseite bekommen. Wir sind auf das
Freitagswägen gespannt. Resultate natürlich streng geheim. Heute wollen
wir wieder mal wandern gehen, aber erst steht uns noch ein ganz besonderes
Abenteuer bevor. Wir sehen im Winter kein Fernsehen und auch keine
Krimis, so müssen wir unsere Adrenalinkicks anderweitig besorgen. Beim
Aufstehen war der Himmel teilweise von Wolken überzogen, aber die Sonne
hat sich durchgesetzt und es war schon sehr warm. Manfred hat uns
glaubwürdig versichert: Näääh Du.. heute nicht, Du.... näh, regnen tut’s
heute nicht Du. Also stecken wir schnell unsere Bettwäsche in die
Waschmaschine damit sie heute
Abend auch wieder trocken zur Verfügung
steht. Kaum räume ich die Maschine aus, schiebt sich eine dunkelgraue Wand
vom Meer her übers Land. Was bleibt uns anderes übrig, wir hängen die
rot/gelben Duvetüberzüge und die gelben Leintücher in die auffrischende
Brise. Immer noch sehr warm. Wir können es jetzt auch nicht mehr ändern
und marschieren mit unserem Luchpaket los Richtung Meer. Schon nach kurzer
Zeit verschwinden die schlimmsten Wolken Richtung Norden und wir schöpfen
wieder Hoffnung für ein trockenes Bett. Wir wandern entlang der
zerklüfteten Klippen und schauen den Fischern auf ihren gewagten
Standorten auf den äussersten Felsspitzen zu. Manche haben sich mit
Stricken an den senkrechten Felswänden auf halbe Höhe heruntergelassen und
hoffen nun auf gute Beute. Einer zeigt uns seinen Fang. Er hat einige
Makrelen, Sardinen und eine Dorade gefangen, nicht schlecht. An einem
kleinen Strand packen wir unser Mittagessen aus und beobachten dabei
Surfer die in der Brandung versuchen die ideale Welle zu finden. Weit
hinten am Horizont schiebt sich ein verdächtig aussehender Rüssel von der
Wolkendecke Richtung Wasser. Wohin sollen wir flüchten, wenn die
Wasserhose auf uns zu kommt? Es hat zwar eine Höhle gleich hinter uns,
aber hoch oben auch ein Stück Klippe das nur auf eine gute Entschuldigung
wartet um herunter zu stürzen und den Höhleneingang zu verschliessen. Der
Rüssel zieht sich wieder zurück, wir sind noch einmal davon gekommen. Mal
sehen wie es unserer Bettwäsche geht, bis jetzt hatten wir ja Glück und es
hat wirklich nicht geregnet wie Manfred es vorausgesagt hat. Tatsächlich,
wir kommen trockenen Fusses nach Hause und können erst noch in Ruhe vor
dem Wohnwagen einen Gin Tonic geniessen vor dem Essen. Die Putzfrau meint,
so schnell regnet es hier nicht...
Seit wir in Portugal sind, hatten wir
wirklich keinen Regen mehr und es wird täglich wärmer. Für den Sylvester
haben wir genügend Holz gesammelt um ein tüchtiges Feuer zu entfachen,
aber ohä lätz, die Campingdirektion erlaubt keine Feuer auf dem Boden es
muss schon eine Grillstelle sein. Wir haben auf dem Abfallplatz schnell
eine Betonplatte und vier Backsteine gefunden die für unsere „Grillstelle“
das Fundament bilden, darauf stellen wir ein verrostetes Eisengerüst vom
Campingplatz und fertig ist das Meisterwerk. Der Wachmann beäugt es
kritisch aber es ist Regelkonform. Sally und Ivor haben sogar einige
Folienkartoffeln auf den Grill gelegt um ihm Authentizität zu verleihen.
Beat hat Käsestangen gebacken und ich habe Literweise Sangria angesetzt.
In Erwartung des mitternächtlichen Feuerwerks aus Sagres sitzen wir
gemütlich am Feuer und unterhalten uns in Englisch, Deutsch und
Portugiesisch, wie’s halt jeder kann. Mitternacht geht vorbei, wir stossen
an, aber kein Feuerwerk! Haben wir vielleicht die Zeitverschiebung nicht
eingeplant? Doch, es schlägt Mitternacht von der Kirche im Dorf. Das sei
das Erste Mal sagen alle, die schon einige Jahre hier her kommen, auch der
Wachmann weiss nichts Genaues. Wir denken uns, dass aus Sympathie mit
England kein Feuerwerk stattfindet, weil dort ja alle Feuerwerke wegen
schwerem Sturm abgesagt wurden. Ganz schlüssig ist die Folgerung
allerdings nicht.
Den Neujahrstag gehen wir ruhig an. Am
Nachmittag beschliessen wir eine kurze Boules Runde einzuschalten und
lesen uns das einzige Stück einigermassen gerader Strasse im Camping aus.
Wir spielen schon eineinhalb Stunden, da kommt ein älteres Deutsches
Ehepaar nach Hause. Ihr Wohnwagen grenzt an unsere Spielbahn. Sie tragen
verächtlich Stühle und einen Tisch quer über unsere Spielbahn auf eine
leere, sonnige Parzelle und trinken Bier um Bier. Nach einer halben Stunde
sind wir fertig (Schweiz – England unentschieden) und setzen uns auch an
die Sonne. Da entfalten die braven Teutonen ihren Hegemonialanspruch. Es
würde ihnen gar nicht gefallen, wenn wir vor Ihrem Wohnwagen spielten und
noch dazu lachen würden. Ernst geht die Deutsche Welt zu Grunde.
Brigitte und Charly aus Deutschland wollen
uns einen schönen Strandabschnitt Richtung Aljezur zeigen. Sandra und
Charly aus Zürich, Ivor und Sally schliessen sich uns an. Fast zufällig
versammeln wir uns mit den Motorrädern und Rollern auf dem einzigen
geraden Strassenstück im Camping um bei laufenden Motoren das Notwendige
für den Konvoi zu besprechen. Die Teutonen schwärmen aus dem Wohnwagen wie
gestörte Wespen um nachzusehen, was jetzt schon wieder in ihre Welt
eingedrungen ist. Sie sehen viele lachende Gesichter und dann nur noch die
Rücklichter. Vor Aljezur zweigen wir zur Halbinsel von Carrapateira ab.
Auf Naturstrasse kommen wir zu einem der schönsten und wildesten
Küstenabschnitte Portugals. Der Atlantik hat die Felsküste unerbittlich
bearbeitet und Felsbrücken in vorgelagerte Felsnadeln verwandelt. Die
Gischt spritzt Meterhoch an den Felswänden herauf, kein einfaches Revier
für die Seefahrt. Trotzdem haben sich die lokalen Fischer etwas einfallen
lassen um ihre Boote in Sicherheit zu wissen. Ein einzigartiger Hafen auf
Stelzen ist entstanden. In einer winzigen Bucht, eher einer Felsspalte,
steht ein alter Lastwagenmotor der eine Winde antreibt. Mit dieser Winde
werden die heimkehrenden Fischerboote auf einen Holzrost gehievt. Auf
einer halsbrecherischen Holztreppe steigen wir ganz nach unten. Bei Flut
stehen nur noch der Motor und der Rost über dem Wasser. Wenig weiter
öffnet sich ein weiter Sandstrand. Es ist das Delta eines Flusses der
einmal bis Aljezur schiffbar war und jetzt schon fast versandet ist. Über
uns kreisen drei Geier. Mittlerweile haben wir Hunger und steuern den
Miradouro von Arrifana an. Die Aussicht ist atemberaubend. Das Restaurant
hat keine Karte aber eine Schiefertafel mit einigen Vorspeisen, als
Hauptgang werden Steak oder Spaghetti Pescador empfohlen. Wir wären auch
mit einem Sandwich zufrieden gewesen, lassen uns aber auf ein Experiment
ein. Sandra versichert Johnny, dass Spaghetti NIE mit Knoblauch und
Zwiebeln zubereitet würden, speziell nicht in Portugal. Wir geben eine
Bestellung für eine Portion Pilze an Rahmsauce und zwei Portionen
überbackenen Ziegenkäse als Vorspeise und dann Spaghetti für alle auf.
Nach dem Brot und den Oliven kommt als Erstes eine Riesenpfanne voll
Pilze. Wir essen alle davon und schmatzen gewaltig dabei. Kein Tröpfchen
von der Rahmsauce geht in die Küche zurück, wir müssen nochmals Brot
bestellen, damit wir alles aufputzen können. Dann der Ziegenkäse. Ein
Gedicht. In Honig getränktes Brot, ein grosses Stück weicher Ziegenkäse
darauf ebenfalls mit Honig beträufelt, überbacken, auf Ruccola serviert
und mit Nüssen garniert. Wir ahnen schon, da ist ein Künstler am Werk. Nun
die Spaghetti. Frisch gemacht mit Crevetten und Muscheln, so grosse haben
wir schon lange nicht mehr gesehen, etwas frische Tomaten darauf und mit
vielen Kräutlein gewürzt. Ach ja, fast hätte ich es vergessen, natürlich
mit Zwiebeln und Knoblauch versetzt.. Da musst Du durch, Johnny! Die
Sozias trinken Sangria. Noch ein Kaffe und dann die Rechnung bitte. Der
Chef und Koch in Personalunion bespricht mit uns zusammen die Höhe der
Rechnung. Wir haben keinen Einwand, sie fällt eh sehr moderat aus. SFr. 25
pro Person. Kann man nicht meckern. Über all dem Schlemmen ist mehr Zeit
vergangen wie wir eingerechnet haben. Auf dem Rückweg scheint uns die
untergehende Sonne direkt in die Augen und nach Sonnenuntergang wird es
kühl. Unsere Brillen und Visiere beschlagen sich von all der Feuchtigkeit
in der Luft. Wir erreichen den Camping zufrieden und vollgefr.....
Wir fahren am späten Nachmittag zum
Fischerhafen und sehen den einfahrenden Booten zu, bewundern dien
vielfältigen Fang und erfahren dabei dass einige Fischer morgens lange
Schnüre mit hunderten von Angeln auslegen und Abends wieder einholen,
andere legen Netze aus oder setzen Reusen für Langusten und Krebse. Die
Kisten mit den verschiedenen Fischen stapeln sich in der Halle und wir
steigen zum Kaffee in den ersten Stock hinauf. Von hier aus können wir die
tägliche Versteigerung der Meeresfrüchte ganz genau mitverfolgen. Jede
Kiste wird im Computer erfasst, ein guter Preis für jede Fischart
festgelegt und aufs Förderband vor die versammelten Käufer gefahren. Jeder
der Einkäfer hat ein elektronisches Gerät mit dem er den Preis des für ihn
interessanten Angebots festlegen kann. Auf einer Anzeigentafel verfolgen
wir jede Kiste. Schwertfische, Tintenfische, Sargo, Flundern, Barben,
Haifische, Rochen, Lulas, Doraden und viele, viele mehr passieren die
kritischen Augen. Der Zähler für den Preis läuft jeweils rückwärts, bis
ein Käufer anbeisst. Die entsprechende Kiste wird in seinen Teil der Halle
geschleift und der nächste ist dran. Das alles geht in Sekundenschnelle
vor sich. Wir verfolgen die Preise und vergleichen danach die Ladenpreise
beim Fischhändler, auf dem Markt oder im Supermarkt. Die Margen der
Händler sind sehr klein. Heute sind die Fischer mit ihrem Fang und den
Preisen zufrieden. Manchmal entfährt dem Einen oder anderen sogar ein
anerkennendes Grummeln.
Der improvisierte Grill kommt uns noch
manches Mal zu pass. Wir grillieren Sardinen und Lulas zusammen mit Sally
und Ivor zu einem späten Mitagessen. Beides schmeckt vorzüglich. Zum
Dessert gibt es auf dem Feuer flambierte Ananas eingelegt in Portwein, und
Dreikönigspudding. Übriggebliebener Dreikönigskuchen mit vielen kandierten
Früchten wird geschnitten und mit einer Ei-Milchsauce mit etwas Muskat
Nuss gewürzt und wenig Butter in einer Backform übergossen und im Ofen
gebacken. Super Restenverwertung (Sallys Rezept, meine Backkunst).
Ganz in der Nähe steht wieder einer dieser
bronzezeitlichen Monolithen. Von seinem Standort haben wir eine
wundervolle Aussicht auf das hügelige Umland und das Meer. Wir spazieren
gerne auf dem sandigen Boden
zwischen den kleinen Azzaleen, Rosmarin und Ginsterbüschen und entdecken
immer wieder neue Blumen. Die Luft ist das reinste Parfüm. Zwischen den
Pinien und Eukalyptusbäumen riecht es eher herb, auf den offenen Flächen
eher nach Rosmarin, Thymian und anderen würzigen Pflanzen. Es gibt hier
keine Luftverschmutzung. Zwischen New York und Sagres verflüchtigt sich
der ganze Zivilisationsgestank.
Unser Nachbar Manfred, der Katzenmann,
verzieht sich bei Sonnenuntergang in sein Katzenmobil. Dabei legt er sehr
viel Wert darauf, dass all seine Katzen drin sind. Er legt soviel Wert
darauf, dass er sich manchmal die Seele aus dem Leib schreit, wenn eine
wieder einmal abgängig ist. Meist ist es Heidi, die sich verkrümelt. Heidi
ist auch der Name von Manfred’s Frau, von der er seit zwanzig Jahren
getrennt lebt, aber immer noch liebt, sagt er. Gestern war es wieder
einmal so weit, wir haben ihn quer über den ganzen Platz nach Heidi rufen
hören. Dabei verwendet er manchmal nicht ganz salonfähige Ausdrücke.
Ehrlich gesagt, dann tönt er wie ein Berserker. Wir waren bei Sally und
Ivor und ihrem sprachbegabten Graupapagei Bubbles auf einen Drink. Bei
unserer Rückkehr ist uns aufgefallen, dass das Reisemobil das am
Nachmittag hinter uns Platz bezogen hatte, nicht mehr da war. Der Besitzer
hatte Angst vor den Drohungen des Katzenmannes bekommen und ist auf
sichere Distanz gegangen. Manfred hat das am nächsten Morgen königlich
amüsiert. Er kann allerdings zur Zeit nicht lachen, husten, oder andere
anstrengende Sachen von sich geben. Obwohl seine grosse Zehe listig durch
ein ausreichend grosses Loch in der Socke hinauslinst und alle Hindernisse
frühzeitig wahrnehmen könnte, ist er über seine ausgelatschten Schlarpen,
Marke Abfallkübel, individuelle Grösse 45/47, gestolpert und hat sich den
kleinen Finger ausgerenkt und einige Rippen geprellt. Von Ärzten hält er
nichts. Einer seiner Söhne ist Arzt und somit sind alle Gauner. Den Finger
hat er sich selber wieder eingerenkt er hat Übung darin. Vor einem Jahr
ist er einer seiner Katzen nachgestiegen und vom Baum gefallen, dabei hat
er sich ein Knie ausgerenkt. Auch das hat er wieder selbst geflickt. Er
gibt zwar den Latschen die Hauptschuld, räumt aber unter Augenzwinkern
ein, dass es vielleicht vermeidbar gewesen wäre, wenn er nicht schon seit
sieben Uhr früh an der Flasche genuckelt hätte.
Dina, die portugiesische Nachbarin von
Sally und Ivor verrät uns ihr Rezept für Cataplana, ein langsam
schmorendes Eintopfgericht. Hauptsächlich hat es darin Tomaten, Zwiebeln,
Knoblauch, Olivenöl, Fisch, Muscheln, Crevetten. Zum Würzen Pfeffer,
Koriander, Petersilie und ein Lorbeerblatt. allenfalls auch Kartoffeln.
Vielfach wird es in einem Muschelförmigen, zweiteiligen Kupferkochgeschirr
zubereitet. Zum Dessert schlägt sie Nuss- oder Mandelkuchen vor. 4 Eier,
zwei Tassen Zucker, eine Tasse Mehl, eine Tasse Oel, zwei geraffelte
Karotten und eine Tasse zerhackter Nüsse oder Mandeln. Alles
zusammenkneten, in die Backform 1 Stunde bei 190 C backen und fertig ist
die Kalorienbombe. Schmeckt Super. Ach ja, danke der Nachfrage, unser
Gewicht geht weiter gen Süden.
Wir haben ja schon von den schlechtesten
Autofahrern Europas geredet oder nicht? Es ist erwiesen, dass die
Portugiesen mehr Unfälle haben als jede andere Nation bis zum Ural. Jetzt
wurden auch wir bedacht. Wir haben unsere beiden Harleys gestaffelt hinter
einander auf einem Parkplatz vor dem Supermarkt abgestellt und sind in die
nahe Bäckerei Meringues für unseren Schweizer Essen mit Sally und Ivor
bestellen gegangen. Sally ist eine renommierte Köchin und hat einen der
bekanntesten britischen Fernsehköche trainiert. Da wollen wir ja nicht
abfallen und planen Älplermaggronen, gefolgt von Meringueglacé. Kaum
betreten wir den Supermarkt spricht uns ein junger Portugiese an und
bittet hinaus zu kommen. Mir stockt der Atem und mein Arzt hätte keine
Freude an meinem Blutdruck. Was für ein Anblick !! Wären wir Hell’s Angels,
es wäre der Albtraum jedes Unfallverursachers. Beide Harleys liegen auf
der Seite!! Nach einem herzhaften Fluch und einigen schnellen Herzschlägen
haben wir uns vorsichtig dem Desaster genähert. Er hätte die Motorräder
bei Rückwärtsfahren mit seinem Landrover nicht bemerkt. Beim Aufstellen
wurde klar, dass meine Maschine den meisten Schaden abbekommen hatte.
Beat’s hat sich in meine Seitentasche verhakt und ist glücklicherweise
nicht ganz zu Boden gegangen somit ist er glimpflich davon gekommen. Bei
mir hat es das vordere Schutzblech, den Tank, die Seitentasche und am
blödesten von Allem, die Vorderbremse erwischt. Alles andere hätte ich in
der Schweiz flicken lassen können, aber ohne Vorderbremse lebt es sich
schlecht. Also haben wir jetzt auch den Harley-Händler in der Algarve in
Olhao kennen gelernt. Mein Töff wartet jetzt dort auf die Besichtigung der
Versicherung des jungen Portugiesen und die nötigen Einzelteile. Wir sind
nun etwas länger in Portugal als geplant.
Das Gute an der Situation, fragt Ihr? In
Olhao war just an dem Tag Zigeunermarkt. Wir haben nach Herzenslust alles
angeschaut und ausgezeichnete gefüllte Feigen gekauft. Die Frauen
schneiden die getrockneten Feigen an der Seite auf und füllen sie mit
Mandeln. Eine wahre Gaumenfreude. Zur Feier des Tages haben wir uns noch
eine Portion frisch frittierter, heisser Churros mit Zimt-Zucker gegönnt.
Es gibt wenig Besseres auf dem Sektor sündhaft süss und fettig.
Sally und Ivor haben Sorgen wegen Bubbles,
dem grauen Amazonas Papagei. Seit August reisst er sich alle Brustfedern
aus und jetzt fängt er auch am Rücken an. Bald sieht er aus wie ein
gerupftes Poulet. Sie haben alles probiert. Babyöl eingerieben, spezielles
Futter gekauft, bitteres Zeugs aufgeschmiert, Nichts hat geholfen, sobald
sich ein neues Federchen zeigt, schon pickt er es raus bis es blutet. Ein
SMS an Bettina, die beste Veterinärin diesseits des Amazonas, bringt eine
etwas indignierte Antwort. Nicht jetzt auch noch ein Papagei!!. Letztes
Jahr haben wir ja Rosa, das kleine zugelaufene Hündchen in La Rosaleda mit
ihr diskutiert. Bettina glaubt, dass wenn alle medizinischen Test negativ
ausfallen, Bubbles ein psychologisches Problem hat. Wahrscheinlich fühlt
er sich einsam. Von jetzt an besuchen wir Bubbles täglich und unterhalten
uns mit ihm. Er pfeift, singt, macht Vögel nach, lacht wie Ivor, spricht
wie Ivor, und wen es abends dämmert sagt er Bye-bye und will schlafen.
Vielleicht ist Bubbles auch etwas verwöhnt. Jeden Morgen erhält er
nacheinander zwei Digestive Biscuits. Danach will er seinen Tee. Aber der
muss die richtige Temperatur haben, sonst geht nichts. Er liebt weich
gekochte Eier zum Frühstück und macht sich über die gegrillten
Sardinenköpfe her, die wir ihm einen ums andere reichen. Nach zwei Wochen
bemerken wir eine deutliche Besserung seines Zustandes. Er hat wieder
feine Flaumfederchen und die kahlen Stellen werden kleiner. Bubbles hat
einen ausgeprägten Charakter. Er kann seine Wünsche bestens äussern. Wenn
ihm etwas gefällt, das wir essen oder trinken, gibt er einen Piepslaut von
sich und erwartet dann seinen Teil. Wenn er nicht beachtet wird, klopft er
auf Holz, wenn dann nicht sofort seinen Wünschen entsprochen wird, geht er
in seinen Käfig und zerzaust die Zeitung am Boden. Das bringt dann meist
den gewünschten Erfolg. Er möchte gerne überall teilhaben. Wenn er im
Wohnmobil ist während wir draussen Boules spielen, singt, pfeift, ruft,
zwitschert er und liebt es, wenn wir zurück pfeifen. Ein äusserst
liebenswerter Vogel.
Manfred, der Katzemann, erholt sich
langsam von seinem Sturz. Einige seiner Schlarpen hat er jetzt mit
silbernem Isolierband geflickt. Seiner Individualität kommt auch hier zum
Vorschein, er trägt jeweils eine Schlarpe mit Silber und eine die nur noch
von einem kleinen Stück Plastikriemen zusammengehalten wird, mal links,
mal rechts. Das passt ja auch zu seiner selektiven Sockenwahl, ein Fuss
hell, der andere dunkel. Eine Augenweide. Gestern hätte er fast sein
ganzes Mobil abgefackelt. Früher hat Manfred in seinem Küchenzelt gekocht,
aber sein weiches Herz liess ihn seinen Kocher einem mittellosen Tramper
verschenken. Jetzt kocht er im Katzenmobil. Damit nicht alles verstunken
wird von den Küchengerüchen legt er jeweils in Handtuch über den
Pfannendeckel. Er kocht mit Gas. Gestern, sagt er, wurde es hinter ihm
plötzlich sehr warm und auch hell. Ein Vorhang stand schon in vollen
Flammen und die Heckscheibe war halb geschmolzen und schwarz. Manfred
konnte gerade noch Schlimmeres verhüten. Jetzt hängen die verschiedensten
Tücher mit riesigen Brandlöchern über seiner Wäscheleine und seine Haare
sind etwas angesengt. Nochmals Glück gehabt.
Zwei bis dreimal täglich rufe ich die
Allianz in Lissabon an. Nein, mein Fax ist noch nicht verarbeitet. Nein,
mein Fax ist noch gar nicht da..! Nein, auf dem elektronischen Fax sehen
sie auch mein drittes Fax nicht. Jetzt hilft nur noch der Supervisor.
Anabela ist sehr nett, gibt mir eine andere Faxnummer und verarbeitet
meinen Input, allerdings fehlt noch eine Seite. Ich eile wieder zur
Reception hinunter, alles im Namen der Gesundheit. Jedes Fax kostet € 11,
wohlverstanden. Endlich, am letzten Donnerstag ist der Unfall passiert,
diesen Mittwoch wird der Schadeninspektor bei Harley in Faro vorbeigehen.
Weil ich Sally und Ivor mit ihrer kaputten Lastwagenbatterie sowieso in
die Gegend fahre, schaue ich gleich bei Harley vorbei und treffe den
Inspektor. Er schaut alles an, fotografiert alles und geht. Bis Abends
immer noch kein Bescheid. Langsam wird die Zeit knapp. Wir wollten schon
am Montag nach Spanien, dann haben wir unsere Abreise auf Donnerstag
verschoben. Nun sieht es so aus, als ob es mindestens Samstag würde.
Humberto von Harley hat schon mal die neue Bremsscheibe von Lissabon
kommen lassen und den Tank und den Fender abmontiert. Da kommt der
erlösende Anruf aus Lissabon, die Allianz bezahlt. Super, am Samstag holen
wir im Vorbeifahren nach Spanien meine Harley wieder ab, sieht Spitze aus.
Die kaputte Seitentasche können sie nicht ersetzen und wollen mir einen
Gutschein für den Harley-Laden geben. Was soll ich damit. Am Montag soll
die Chefin eine Gutschrift auf meine Kreditkarte bewilligen. Mittlerweile
sind wir in Spanien angekommen, meine Harley fährt und vor allem bremst
wieder wie neu. Humberto ruft mich an. Er hätte schlechte Nachrichten..
Was nun? Ja, die Versicherung hätte angerufen und würde nun doch nicht
bezahlen!! Das kann ja nur ein Witz sein. Da muss sich ein Sachbearbeiter
ganz zünftig vertan haben. Mehr davon im nächsten Mail
03 – Algarve Winter
06/07 english
Sagres is world known as the chosen home of Henry the
Navigator in the 15th century. He supposedly had kind of a maritime
University going here where numerous nautical instruments were invented.
The instruments enabled the captains for the first time to sail into the
high sees without having to stay in sight of land. Henry sent his best
Navigator, Gil Eanes, to explore the world behind the horizon. After a
while Gil came home. He ony made it to the Cap Bojador, off the West
Sahara Coast where he got the jitters. At the time it was said, that
behind Cap Bojador lived a great Seadragon which would swallow every
ship in ist sight. If you missed that then certainly there were
unnatural magnetic forces which would dislodge the nails of your ship
and pull you under water. Should you survive this, then there was trhe
great waterfall behind the horizon which pulled you into nothingness.
Henry gave Gil a thorough lecture and sent him off again. Sure enough,
Gil suvived, and the fear of the big seas evaporated into thin air. Then
the big time of the discoveries started.
We explore the west coast together with some german and
english friends. Two Harleys and three scooters. The cliffs and the
dramatic views on the Atlantic from Carrapateira are simply stunning. We
discover a minute fishing harbour on stilts. The boats are lifted up on
a ricketty little platform since there are no sheltered beaches here.
The road gets really dusty and is no more than a piste but the landscape
make everything worthwile. We decide to have lunch in a Restaurant in
Arrifana on the outermost rock promontory over the sea. There is no
Menu, but the Chef explains the options. We choose Spagetthi with
Seafood for all and Mushrooms in cream sauce or baked goats cheese with
honey as starters. It is delicious, we can’t finish it all.
The fishing harbour in Sagres is run very professionally we
visit it late in the afternoon, when the fishing boats come back. They
each unload crates upon crates with their catch. The crates are entered
into a computer and then put on a conveyor belt. On a Screen the content
and proposed price for that crate of fish are shown as well as the name
of the boat. Buyers have an electronic device with which they can bid
for each crate. The crates are then moved to a section in the hall
assigned to the buyer. It is interesting to watch as prices for the same
kind of fish can vary depending on the size or supply and demand. Half
an hour after the finish of the auction we can buy the freshest fish
possible in the fish shop in town. They are best on a charcoal grill. We
try Lulas, sort of a smallcalamar, Sardines, Sargo, Lubina and Dorada.
We have never eaten better fish than here.
ZURÜCK |